Stolberg. Ist das das Ende des braunen Spuks? Die Rechten wollten Stolberg zu ihrem Pilgerort machen. Sie kamen jedes Jahr im April. Die Bürger drängten sie an den Rand, jetzt legt die Polizei mit einem Verbot nach. Die angemeldeten Aufmärsche seien nichts anderes als die Fortführung der inzwischen verbotenen Neonazi-Gruppierung Kameradschaft Aachener Land (KAL).

Der Termin ist gesetzt. Jedes Jahr. Anfang April kommen die Rechten nach Stolberg. Sie wollten die kleine Stadt bei Aachen zu ihrem Pilgerort machen - für einen jungen Mann, dessen Tod sie für ihre Zwecke nutzen. Fünf Jahre dauert der braune Spuk schon. Die Bürger halten friedlich-pragmatisch dagegen, blockieren ihr Stadtzentrum mit einem Bürgerfest. Jetzt hat die Polizei überraschend einen vorläufigen Schlussstrich gezogen und Aufmärsche am 5. und 6. April verboten.

Angemeldet hatte den "Fackel- und Trauermarsch" André Plum. Plum war einer der führenden Köpfe der rechtsextremen Kameradschaft Aachener Land (KAL), als die noch nicht verboten war. Jetzt, nach dem Verbot, ist er Kreisvorsitzender der neuen rechtsextremistischen Partei "Die Rechte". Er mache unter anderem Namen einfach weiter wie bisher, meint die Polizei.

"Die Rechte" als Auffangbecken für verbotene Neonazi-Kameradschaften

In den letzten Jahren hatte die KAL den Aufmarsch in Stolberg angemeldet. Plum hielt es jetzt nicht einmal für nötig, das alte KAL-Motto für Stolberg zu verändern. Die angemeldete Aktion in Stolberg sei nichts anderes als eine KAL-Veranstaltung, meint die Aachener Polizei. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass "Die Rechte" ein Auffangbecken für verbotene Neonazi-Kameradschaften ist. Plum kann rechtlich gegen das Verbot der Polizei vorgehen.

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Der braune Spuk kam nach Stolberg, als ein junger Mann 2008 erstochen wurde. Es hatte Streit zwischen zwei Gruppen junger Männer gegeben. Ein 18-Jähriger, dessen Eltern aus dem Libanon stammen, erstach dabei den anderen. Die NPD hatte fälschlicherweise behauptet, das Opfer sei einer von ihnen gewesen und einen politischen Hintergrund konstruiert. Zum Leidwesen von Freunden und Eltern des Toten rufen Neonazis jedes Jahr zu "Trauermärschen" auf.

Bürger blockierten die Innenstadt

Den für die Rechten wichtigen Marsch zum Tatort hatte die Polizei erledigt, die an der Stelle ihren strategischen Einsatzpunkt aufbaute. Die Bürger blockieren mit einem Fest die Innenstadt. "Wenn's drauf ankommt, sind die Leute da", sagt die Sprecherin des Bündnis gegen Radikalismus, Beatrix Oprée.

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Die kleine idyllische Stadt liegt zwischen Aachen und Eifel. Von den rund 60 000 Einwohnern sind etwa elf Prozent Ausländer. Davon haben die meisten ihre Wurzeln in der Türkei. Im Rat sitzt ein NPD-Abgeordneter, es waren mal drei. Atmosphärisch habe sich in der Stadt etwas verändert, sagen alle, mit denen man spricht.

"Die Menschen gehen aufeinander zu"

Bürgermeister Ferdi Gatzweiler (SPD) ruft den muslimischen Elektromeister in Erinnerung, der in höchster Not die kaputte Weihnachtsbeleuchtung der Stadt rettete. Der katholische Pfarrer Hans-Rolf Funken erzählt von dem türkischen Geschäftsmann, der kurzerhand seinen Laden öffnete und einer vorbeiziehenden Prozession Tee ausschenkte. Die Einnahmen habe er der Tafel gespendet.

Und dann ist da noch Turgay Sacu, Vorsitzender der Ditib Gemeinde in Stolberg. Wenn die Christen ihren Kreuzweg gehen, als stilles Zeichen des Widerspruchs gegen Rechts, gehen 600 Leute mit. Sacu ist auch dabei, mit ihm andere Muslime. Im vergangenen Jahr haben die Muslime ihr Freitagsgebet zum ersten Mal auf einem öffentlichen Parkplatz abgehalten, unter den Augen von Christen. "Es ist genau das Gegenteil von dem passiert, was die erreichen wollten", sagt Beatrix Oprée: "Die Menschen gehen aufeinander zu." (dpa)