Düsseldorf. . Im Streit um ein neues Terror-Abwehrzentrum in Köln fühlen sich die Länder vom Bundesinnenminister überrumpelt. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) will zur Eröffnung am morgigen Donnerstag nicht erscheinen. Er sprach von einem „PR-Gag“.

Eigentlich wollten sie aus der Pannenserie bei den NSU-Morden ihre Lehren ziehen. Nie wieder sollten Sicherheitsbehörden aneinander vorbei arbeiten und Terror so begünstigen. „Planlosigkeit hatten wir genug“, beteuerte nicht nur NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). So weit die guten Vorsätze – doch sie hielten nicht lange.

Im Streit um ein neues Terror­-Abwehrzentrum in Köln fühlen sich die Länder von Bundesinnenmi­nister Hans-Peter Friedrich (CSU) überrumpelt. NRW macht vorerst nicht mit – und Jäger boykottiert am morgigen Donnerstag die Eröffnung. Im Vorfeld heizte der Duisburger zudem die Stimmung an. Ein „PR-Gag“ sei Friedrichs Vorstoß, von dem Jäger erst vor Tagen in einer Schaltkonferenz erfahren ­haben will. Statt Details des neuen Zentrums und die Gesamtstrategie – wie verabredet – mit den Länderkollegen abzustimmen, verfalle Friedrich in „operative Hektik“. Warum er vorprescht, kann man sich in Düsseldorf nicht erklären.

Kein Gesamtkonzept

„Wir brauchen ein Gesamtkonzept, aber das haben wir noch nicht“, ­kritisiert Jäger. Bisher sei völlig ­unklar, welche Aufgaben das Kölner Zentrum erfüllen soll. Schon jetzt gebe es zwei Abwehrzentren: eines gegen islamistischen Terrorismus in Berlin, ein zweites gegen Rechts­extremismus in Köln und Meckenheim. Vor allem kleine Bundes­länder seien personell überfordert, wenn sie künftig Experten an drei Standorte schicken sollen.

Trennungsgebot von Polizei und Verfassungsschutz

Undurchsichtig, so ver­lautet aus Jägers Haus, sei auch, ob das Trennungsgebot von Polizei und Verfassungsschutz im neuen Kölner Zentrum eingehalten werde. Dort sollen sich die Behörden in erster Linie den Gefahren durch Links- und Ausländerextremismus, Spionage und Waffenhandel widmen. Kein Grund zur Eile, heißt es in NRW. Eine Gefahr durch Linksterroristen gebe es derzeit nicht – auch nach Einschätzung des Bundes.

Die CDU-Landtagsfraktion hält die Kritik Jägers indes für nicht nachvollziehbar und unterstellt der Landesregierung indirekt, auf dem linken Auge blind zu sein. „Auch beim Kampf gegen den Linksextremismus ist eine verbesserte Koordinierung im Sicherheitsföderalismus unerlässlich“, erklärt der innen­politische Sprecher Theo Kruse.

Umstrittene Aktion gegen Radikalisierung junger Moslems

Das neue Terrorabwehrzentrum ist nicht der einzige Konflikt ­zwischen Friedrich und Jäger. Zu Wochenbeginn verwahrte sich der NRW-Minister in einem Schreiben an die CDU-Landtagsabgeordnete Serap Güler gegen die Berliner ­Darstellung, er selbst sei in eine umstrittene Postkarten-Verteilaktion gegen die Radikalisierung junger Moslems in Köln eingebunden gewesen. Ende September hatte Friedrich bundesweite Empörung provoziert, als das Bundesinnenministerium ausgerechnet in der Kölner Keup­straße, wo die Neonazi-Terrorzelle NSU 2004 einen Mordanschlag verübt hatte, vor einer Islamisierung warnte. NRW verurteilte die Aktion damals scharf, Sozialminister Guntram Schneider (SPD) attestierte Friedrich „Geschmacklosigkeit und politisches Unvermögen“.

Daraufhin konterte der CSU-Politiker in einem Schreiben an Integrationspolitikerin Güler vom 26. Oktober und führte aus, die Verteilung der Postkarten sei „in Abstimmung“ mit dem NRW-Innenministerium erfolgt. Diese Lesart empört Jäger. Man sei vom Bund „lediglich um die Benennung von Stadtteilen“ für die Kampagne gebeten worden, erklärt er. Dieser Bitte habe NRW ent­sprochen. Einer der Vorschläge war offenbar Köln-Mühlheim, wo die Keupstraße liegt. „Eine Benennung konkreter Standorte für die ­Werbematerialien in den Stadt­teilen erfolgte nicht“, betont Jäger.