Lüdenscheid. .
Silvester 2012, in einer Lüdenscheider Diskothek: Die große Party zum Jahreswechsel läuft, aber die Stimmung unter den Gästen ist nicht gut. Kein Wunder: Im Januar 2013 ist Schluss, die Disco macht dicht. Grund: drastisch gestiegene GEMA-Gebühren. Noch ist das nur ein Szenario. Doch wenn das neue Tarifsystem des Musikrechte-Hüters in der aktuellen Form Realität wird, könnte sich der Diskotheken-Betrieb wirtschaftlich nicht mehr rechnen.
Die Betreiber
Das wäre „einschneidend in der Musik-Kultur“, sagt Oliver Straub, erfahrender DJ und Betreiber des Clubs Eigenart. Eine Steigerung um 1000 Prozent und mehr sei schlichtweg „sittenwidrig“. Gründe für die neuen GEMA-Tarife liegen auf der Hand. „Denen fehlen einfach die Platten-Verkäufe“, vermutet Straub. Musik verbreite sich heute vielfach über digitale MP3-Dateien aus dem Internet – und eben nicht mehr so oft über urheberrechtlich geschützte Kauf-CDs.
Für den Open-Air-Sommer mit Konzerte im Rosengarten könnten die GEMA-Forderungen das Aus bedeuten, fürchtet Jörg Mehl, Geschäftsführer des Brauhauses Schillerbad. Die Reihe sei ja jetzt schon fast nur noch mit Hilfe von Sponsoren machbar. Auch Events drinnen im Brauhaus auf rund 500 Meter Veranstaltungsfläche würden durch den neuen GEMA-Tarif nicht einfacher. „Sie können da noch nicht einmal selbst singen.“ Da könnten „viele Gastronomen ihre Türen schließen“, schätzt Mehl. Und das Monopol der GEMA, ihre Kontrollen seien „nicht zu unterschätzen“.
Dass zum Beispiel das B6 im Gothaer Haus oder die Diskothek maxx’s an der Wilhelmstraße bald dichtmachen könnten, geistert derzeit als Gerücht an den Stammtischen herum. Betreiber Marco Lagoudakis ist allerdings zuversichtlich, dass es für kleine Clubs am Ende sogar günstiger werden könnte. Was Lagoudakis eher Kopfzerbrechen macht: das geplante totale Rauchverbot in NRW-Lokalen. Damit sei ein extra eingerichteter Raucher-Raum überflüssig.
Die Dehoga
Für die Gäste wäre es „letztlich eine maßlose Preis-Erhöhung“, sagt Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verbandes (Dehoga) in Hagen. Womöglich weniger beim Eintrittspreis, als vielmehr bei den Getränken. Martin rechnet nicht vor Frühjahr 2013 mit einem Ergebnis der Schlichtung zwischen der GEMA und der Bundesvereinigung der Musikveranstalter, in der die Dehoga eines der größten Mitglieder ist. Bis dahin dürfe die Tarifreform eigentlich auch nicht umgesetzt werden, meint Martin. Sonst drohe „eine Welle von Schließungen und Klagen“, fürchtet er.
Alternative Ideen
„Wenn es tatsächlich so kommt“, sagt Oliver Straub, „muss man vermutlich eine pfiffige Geschäftsidee haben.“ Und als Betreiber eines Clubs, einer Musik-Kneipe vielleicht auf weitgehend GEMA-freie Musik setzen. Ganz ohne Charts, ohne Gecovertes. Aber mit viel elektronischer Musik. „Die ist ohnehin oft nicht auf Kommerz und Radio ausgelegt“, weiß Straub. Vielleicht könnte die GEMA ja auch die Portale für Musik-Downloads im Internet verstärkt zur Kasse bitten. Oder einfach uns alle, die wir Musik hören – mit einer Art GEMA-Steuer. Ähnlich der Rundfunk-Gebühren.