Bottrop. . Umstrittene Aktion in Bottrop: Eine nach einem Nazi benannte Straße behält ihren Namen – wird aber umgewidmet. Die Wagenfeldstraße bleibt Wagenfeldstraße, nur dass nicht mehr der Nazi Karl Wagenfeld gemeint ist, sondern das Nazi-Opfer Wilhelm Wagenfeld.

Karl Wagenfeld war ein Rassist. Von ihm stammen Sätze wie: „Neger, Kaffern und Hottentotten sind Halbtiere, Fremdrassige sind Volksverderber und Schädlinge.“ Doch in Bottrop ist schon lange eine Straße nach ihm benannt, und sogar eine Grundschule trug bis vor kurzem den Namen des „Heimatlehrers“, der der NS-Ideologie anhing. Während die Schule jedoch auf Druck der Eltern und Lehrer bald Astrid-Lindgren-Schule heißt, soll die Wagenfeldstraße künftig Wagenfeldstraße heißen. Nur dass dann nicht mehr der Nazi Karl Wagenfeld, sondern ein Nazi-Opfer gemeint sein wird: der Bauhaus-Schüler Wilhelm Wagenfeld.

Täterstraße wird zur Opferstraße

Immerhin: Ein Zusatzschild soll nach dem Willen der Bezirksvertreter von SPD und CDU die Umwidmung kenntlich machen. Doch diese ungewöhnlich kreative und pragmatische Lösung stößt natürlich auch auf Skepsis. Schließlich wird hier eine Täterstraße kurzerhand zur Opferstraße gemacht. „Ich bin darüber nicht glücklich“, lautet etwa das Fazit des Grünen-Bezirksvertreters Norbert Heimeier. Der Bezirksvertreter Manfred Plümpe von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) nannte den Straßen-Streit „ein beschämendes Signal“. Und sein Kollege Markus Stamm von der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) resigniert im kritischen Weblog „Bottblog“ der Autoren um den Verleger Werner Boschmann: „In der Bezirksvertretung gab es seitens der großen Parteien kein sonderliches Interesse an dem Thema.“ Boschmann hatte die Rücknahme der Ehrung Wagenfelds im Straßennamen vor Monaten gefordert.

Die Bürger wollen einfach nicht

Doch letztlich wollen die Bürger es ja nicht. Das ist das zentrale Argument der Politik. Drum wollten auch die Bezirksvertreter nicht so recht ran an die Sache.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Anwohner dagegen sind, wenn es sie etwas kostet“, erklärt Katasteramtsleiter Achim Petry. Auf den Ausgaben für neue Ausweise, Führerscheine und den Schriftverkehr mit Behörden, Arbeitgebern, Krankenkassen bleiben ja die Anlieger sitzen.

Wozu da groß diskutieren? „Wir vertreten die Interessen der Bürger“, erklärte Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff kategorisch, und diese ließen SPD und CDU in einer Befragung der Anwohner feststellen – ein einziger hält eine Umbenennung seiner Straße für wünschenswert. Die meisten zogen die für sie kostenlose Umwidmung vor.

Freilich steht Bottrop nicht allein da mit seinem Problem. Historisch belastete Namen auf Straßenschildern sorgen zum Beispiel auch in Essen für Ärger. Hier gehen Anwohner derzeit auf die Barrikaden, weil dort zwei Straßen – Von Seeckt und Von Einem – nach Generälen aus dem 1. Weltkrieg benannt sind und nun umbenannt werden sollen. In Wesel soll der ehemalige Reichskanzler von Hindenburg komplett vom Stadtplan verschwinden.

Nach dem Vorbild Bielefelds

Bottrop hat es sich allerdings schon einmal einfach gemacht: 2010 wurde die Karl-Peters-Straße umgewidmet statt umbenannt – nach dem Vorbild von Bielefeld. Hier scheiterten 1988 und 2001 zwei Versuche die Karl-Peters-Straße umzubenennen. Lösung: Sie ist nun nicht mehr nach dem Kolonialisten, sondern nach dem Strafrechtler und Kriminalisten Karl Peters benannt. Der ist zwar eher unbekannt, trägt aber immerhin den gleichen Namen – und ist kein Nazi-Opfer wie Wilhelm Wagenfeld.