An Rhein und Ruhr. . Die Badewanne ist zu hoch, das Geländer zu niedrig, die Treppe zu steil: „Wohnen im Alter“ ist ein Thema, das zunehmend in den Fokus von Sozialverbänden und Politik gerät. Zu wenige Wohnungen sind bisher barrierefrei – eine Herausforderung auch für Wohnungsbaugesellschaften.

Der Wedauer Markt im Süden Duisburgs hat Dorf-Charakter. Da heißen die Straßen „An den Linden“, „An den Eichen“ oder „An den Platanen“. Es gibt einen Friseur, eine Bank, einen Zahnarzt, einen Bäcker, ein Restaurant mit Gesellschaftsräumen. So ein Ort hält die Menschen fest: In der dortigen, teils denkmalgeschützten ehemaligen Eisenbahner-Siedlung ist der Altersdurchschnitt hoch. „Wir haben hier viele Menschen, die als Eisenbahner pensioniert sind und hier gerne lange wohnen bleiben wollen“, sagt Hans-Joachim Härtling, Geschäftsbereichsleiter Ruhr/Rheinland bei der Deutschen Annington, die in der Siedlung rund 450 Wohnungen bewirtschaftet. Damit wächst der Bedarf an seniorengerechten Wohnungen.

Das Thema „Wohnen im Alter“ rückt zunehmend in den Fokus von Sozialverbänden, Politik und Wohnungsgesellschaften. Prognosen zufolge steigt in NRW die Zahl der über 65-Jährigen von 3,64 Millionen im Jahr 2009 auf 4,72 Millionen im Jahr 2030 – ein Zuwachs um 29 Prozent. Derzeit gelten jedoch nur rund 100 000 der mehr als acht Millionen Wohnungen in NRW als barrierefrei, kommen also ohne Treppen oder sonstige Stolperfallen aus.

Boomender Markt

Die Wohnungsgesellschaften stehen damit vor einem Kraftakt. Zunehmend gefragt ist zudem eine ganze Palette an Service- und Betreuungsleistungen. „Der Markt für diese Wohnungen – insbesondere mit bezahlbaren Serviceleistungen – boomt“, sagt Ulrich Küppers, Geschäftsführer von Vivawest, dem jüngst aus Evonik Wohnen und THS geschmiedeten privaten Immobilienunternehmen mit 130 000 Wohnungen. Rund 3000 Wohnungen des Vivawest-Bestandes erfüllen die Kriterien für altersgerechte beziehungsweise barrierearme oder barrierefreie Ausstattung, so Küppers. Den Anteil dieser Wohnungen „deutlich“ zu erhöhen, sei ein wichtiges Ziel des Unternehmens. So würden 85 Prozent der Neubauwohnungen bei Vivawest mindestens barrierearm, wenn nicht komplett barrierefrei ausgestattet.

Für den Umbau gibt es Fördermittel

Altersgerechter Umbau geht ins Geld: Wer im Bad eine Wanne durch eine bodenebene Dusche ersetzt, zahlt dafür 6500 Euro und mehr, sagt Vivawest-Geschäftsführer Ulrich Küppers.

Fast 65 Prozent der Bauherren nutzen für ihre altersgerechte Sanierung Kredite, etwa der staatseigenen Förderbank KfW (www.kfw.de). Sie vergibt zinsgünstige Darlehen bis zu 50 000 Euro je Wohneinheit. Die Zinssätze des KfW-Standards „Altersgerechtes Haus“ liegen zwischen 1,00 und 2,07 Prozent effektiv.

Einen eigenen Maßnahmenplan haben die neun kommunalen Wohnungsunternehmen im Ruhrgebiet, die sich zum Kooperationsverbund Wohnen im Revier (WIR) zusammengetan haben, aufgelegt. Sie haben nach eigenen Angaben bereits mehr als 10 000 ihrer rund 78 000 Wohnungen auf den gemeinsamen Standard „Generationengerecht Wohnen“ gebracht. Aber nicht immer sei eine vollständig barrierefreie Wohnung notwendig , „um auch im Alter zufrieden und selbstbestimmt in der Wohnung bleiben zu können“, sagt WIR-Vorstand Dirk Miklikowski. „Oft reichen schon kleine Maßnahmen.“ Auch mit Hilfe von Kooperationspartnern versuchen die WIR-Unternehmen zudem, für Dienstleistungen vom Fensterputzen bis hin zur Pflege zu sorgen.

Drei Jahre keine Miete

Am Wedauer Markt in Duisburg feierte Ende März der „Nachbarschaftstreff“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) offizielle Eröffnung. Hier will das DRK besonders älteren Menschen Beratung und Betreuung bieten, „damit diese so lange wie möglich in ihrer eigenen Häuslichkeit leben können“. Die Deutsche Annington (DAIG) hat dessen Räumlichkeiten renoviert und die Einrichtung finanziert, drei Jahre lang verzichtet sie auf die Miete. „Nähe ist wichtig“, sagt Annington-Manager Härtling. „Nähe schafft Vertrauen.“

Wohngemeinschaft für Demenzkranke

Der Wohnungskonzern will mit seinen Mietern durch den Nachbarschaftstreff ins Gespräch kommen. Rund 15 000 Euro koste der seniorengerechte Umbau einer Wohnung durchschnittlich, erklärt DAIG-Business-Manager Thomas Mentges. Dabei liege das Hauptaugenmerk auf den Bädern. Zum Angebot des Unternehmens in der Siedlung gehört auch eine Wohngemeinschaft für Demenzkranke.

Insgesamt gibt es bei der DAIG Pilotprojekte an 20 Standorten. Härtling spricht von einem Potenzial für den seniorengerechten Umbau von 20 000 bis 25 000 Wohnungen bei der Annington. Das wären etwa zehn Prozent des Bestandes. Der Bedarf ist in jedem Fall da: Die Hälfte der Annington-Mieter ist älter als 50 Jahre, 40 Prozent sind über 60.