Essen. Auf ihre Bewerbung bei einem Ministerium in Sachsen-Anhalt bekam eine Journalistin aus Essen eine Absage - und wenig später Sex-SMS, ein Penis-Foto inklusive. Es stellte sich heraus: Die SMS kamen offenbar vom Ministeriumssprecher. Der wurde gefeuert. Der Fall ist damit aber noch nicht beendet.

Eigentlich hätte Steffi Z. (Name geändert) nie gedacht, dass beides zusammenhängt. Ihre Bewerbung um eine neue Stelle. Und die belästigenden SMS, die da eines Abends im Januar auf ihrem Handy auftauchten. "Ich war auf der Arbeit", erzählt die Radiomoderatorin aus Essen im Gespräch mit DerWesten, "da blinkte das Handy."

Es beginnt harmlos: "Steffi?", fragt der unbekannte Absender der Nachricht - und gibt auf die Gegenfrage vor, Jörg zu sein, 39 Jahre alt, aus Dortmund. "Du bist sehr schön", schreibt er - und verstrickt sich in Widersprüche, als die 35-Jährige wissen will, woher er ihre Nummer habe.

Die erste SMS: Der unbekannte Schreiber gibt sich als Jörg aus, Steffi Z. versucht herauszufinden, woher er sie kennt.
Die erste SMS: Der unbekannte Schreiber gibt sich als Jörg aus, Steffi Z. versucht herauszufinden, woher er sie kennt. © WNM

"Zuerst", sagt Steffi Z. heute, "war das nicht viel mehr als eine auf schüchtern gemachte Anmache." Eine schlechte, wie sie dem Mann auch schreibt. Trotzdem antwortet sie immer wieder auf die Nachrichten, macht zunächst mit beim Geplänkel. "Weil ich wissen wollte: Woher kennt der dich?"

Polizei findet den Namen des Absenders heraus

Dann aber wird's unappetitlich: Der unbekannte Schreiberling stellt anzügliche Fragen, schickt schließlich sogar ein Foto von einem - angeblich seinem - erigierten Penis. Die 35-Jährige lässt ihn auflaufen und beendet den Dialog mit dem guten Rat, ihre Nummer zu löschen und sich nicht wieder zu melden.

Seine letzte SMS lässt sie dann noch einmal aufhorchen: "Da schrieb er meinen Namen, so wie er im Pass steht. So nennt mich niemand, außer meinen Eltern vielleicht. Das war mir suspekt." Z. geht zur Polizei, erstattet Anzeige. Die Beamten überprüfen die Handynummer des Absenders, verorten ihn in Magdeburg, Sachsen-Anhalt.

Der Absender der Schmuddel-SMS wollte offensichtlich das letzte Wort haben. In seiner letzten SMS schreibt er Z.s Geburtsnamen, den nur wenige Menschen kennen - das macht sie stutzig.
Der Absender der Schmuddel-SMS wollte offensichtlich das letzte Wort haben. In seiner letzten SMS schreibt er Z.s Geburtsnamen, den nur wenige Menschen kennen - das macht sie stutzig. © WNM

Langsam dämmert es bei der Journalistin. Hier, im Kultusministerium, hat sie sich im November für eine Stelle als Pressereferentin beworben. Und die Unterlagen gingen zu Händen eben des Mannes, von dessen Handy die Schmuddel-SMS geschickt worden sein sollen.

Kultusministerium wirft Pressesprecher raus

"N.N." steht nun auf der Website des sachsen-anhaltinischen Kultusministeriums dort, wo vorher der Name des Pressesprechers stand. "Als das Ministerium von den Vorwürfen erfahren hat", bestätigt Behördensprecherin Karina Kunze auf Anfrage von DerWesten, "wurde der Arbeitsvertrag sofort aufgelöst." Bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg liegt derweil die Strafanzeige gegen den Beschuldigten vor: "Beleidigung auf sexueller Grundlage" heißt der Vorwurf im Juristenjargon.

Steffi Z. aber will es auf der Strafanzeige nicht beruhen lassen. "Meine Mandantin wird auch noch Zivilklage einreichen", sagt ihr Anwalt Burkhard Benecken. 5000 Euro Schmerzensgeld werde die 35-Jährige fordern. "Damit es für ihn fühlbar wird", beschreibt der Anwalt. Und Steffi Z. sagt: "Dass er seinen Job verloren hat, ist nur eine der gerechten Folgen. Jemand, der so etwas macht, gehört nicht in so eine Position."

"Man kann kaum glauben, dass so jemand so naiv handelt"

Rechtsanwalt Burkhard Benecken aus Marl vertritt Steffi Z. bei der Klage gegen den Ministeriumssprecher.
Rechtsanwalt Burkhard Benecken aus Marl vertritt Steffi Z. bei der Klage gegen den Ministeriumssprecher. © Mathias Schumacher / WAZ FotoPool

Sie wolle aber mit der Anzeige und der Klage auch ein Zeichen setzen: dass sie sich nicht einschüchtern lasse. Dass Frauen, die auf diese Art und Weise belästigt werden, merken, dass so etwas nicht ohne Folgen bleibt. "Das ist nichts, wofür wir uns schämen müssen", sagt Z., "sondern er!"

Der Ex-Pressesprecher schämt sich derweil offenbar bereits. In einem Brief an Burkhard Benecken habe der Beschuldigte über seinen Anwalt mitteilen lassen, dass ihm alles sehr leid tue, berichtet Benecken. Er habe der Journalistin 900 Euro angeboten, die Sache damit aus der Welt schaffen wollen und sie gebeten, die Anzeige zurückzuziehen.

Ohne Erfolg, Steffi Z. geht es jetzt ums Prinzip. Der Sprecher einer Landesbehörde, ein erfahrener Medienmann, soll von seinem Handy Sex-SMS an eine abgelehnte Bewerberin geschrieben haben, ausgerechnet eine Journalistin - und hoffen, damit einfach so durchzukommen? "Man kann kaum glauben", sagt der Anwalt Benecken, "dass eine Person in so einer Stellung so naiv handelt."