Essen. Er lieh sich Geld von Freunden und zahlte es nicht zurück. Er ließ Angestellte Untersuchungen durchführen und rechnete ab, als hätte er selbst gearbeitet. Und nebenbei führte er ein luxuriöses Leben. Ein Kinderarzt ist vom Landgericht Bochum zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden.

Offenbar das endgültige Karriereende für einen Kinderarzt aus dem noblen Essener Vorort Bredeney: Das Landgericht Bochum verurteilte ihn jetzt zu viereinhalb Jahren Gefängnis wegen diverser betrügerischer Delikte.

Zu dreist hatte es der 50-Jährige in den vergangenen Jahren getrieben. Als geschäftstüchtiger Mediziner gründete er eine Softwarefirma und häufte dabei zwei Millionen Euro Schulden an. Die Lösung schien so einfach: Privatinsolvenz meldete er 2003 an, die Gewinn abwerfende Kinderarztpraxis in Herne betrieb er offiziell weiter, um seine Gläubiger zu befriedigen.

Kinderarzt lieh sich Geld von Freunden - und zahlte nicht zurück

3000 Euro durfte er selbst behalten für den Unterhalt seiner vierköpfigen Familie, mit der er in der Nähe der Villa Hügel ein prächtiges Domizil zur Miete bewohnte. „Eine der ersten Adressen in Essen“, betont einer seiner Bekannten, der mittlerweile nicht mehr gut auf ihn zu sprechen ist. Denn der Kinderarzt lieh sich Geld von seinen Freunden, darunter Rechtsanwälte und Unternehmer.

Sechsstellige Beträge gehörten zum Standard. Zurückgezahlt wurde nichts, klagen sie. Und kritisch vermerkten sie, dass er trotz Schulden regelmäßig mit Frau und Kindern zu Ostern am österreichischen Arlberg zum Wintersport im Geländewagen aufkreuzte. Wenn die Freunde ihn dort um Rückzahlung der Darlehen baten, weil auch bei ihnen das Geld nicht mehr so locker säße, ließ er sie abblitzen: „Wie, die Geschäfte gehen schlecht und Ihr macht am Arlberg Urlaub?“ Staatsanwältin Alexandra Rott fand klare Worte für den wirklichen Lebensstil des Arztes: „Er hat sich gut eingerichtet in der Insolvenz, er lebt nicht schlecht.“

Mit Geschäftsfreunden Wettbüros gegründet

Gegenstrategien entwickelte er, die so gar nicht zum Berufsbild des Mediziners passen: Mit Geschäftsfreunden gründete er Wettbüros in den Innenstädten des Ruhrgebietes. Dort konnte auf Fußballspiele gesetzt werden. Außerdem betrieb er weitere Arztpraxen. Einnahmen daraus, egal ob Wettbüro oder Arztpraxis, sah er wohl durch die ärztliche Schweigepflicht gedeckt, jedenfalls meldete er sie nicht.

Ab 2010 schlug die Strafjustiz zurück. Weil er die Gewinne aus seinen „Nebenjobs“ verschwieg, verurteilte ihn das Landgericht Essen 2010 zweimal zu Bewährungsstrafen. Richter Volker Wrobel, Vorsitzender der XV. Essener Strafkammer, erinnerte ihn daran, dass er „mit einem Bein ins Gefängnis steht“, weil künftig diese Strafen zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst werden könnten, die er absitzen müsse.

Falsche Abrechnungen

Jetzt war es soweit. Vor der 13. Strafkammer am Landgericht Bochum gestand der umtriebige Mediziner, dass er seine von ihm geführten Chiropraxen in Essen und Münster nicht korrekt geführt habe. Unter anderem hatten Angestellte aus den USA Behandlungen ohne ärztliche Zulassung durchgeführt, aber als ärztliche Leistung abgerechnet. Die Angestellten soll er nicht korrekt entlohnt haben, auch Handwerker und Leasingfirmen sollen in die Röhre geguckt haben. Der Schaden beträgt laut Urteil der Bochumer Richter 200.000 Euro. In die Strafe von viereinhalb Jahren Haft flossen die früheren Essener Verurteilungen ein.

Die viereinhalb Jahre Haft hatte auch die Staatsanwaltschaft beantragt.. Der Arzt dürfte künftig nicht mehr als Mediziner praktizieren. Er soll seine Approbation bereits zurück gegeben haben.