Hagen. An Pfingsten folgen fast 300 Läufer dem Ruhrtalradweg von der Quelle bis zur Mündung. Der Name des Rennens spricht für sich: TorTour de Ruhr.

"Wer das macht, muss einen an der Waffel haben", sagt Jens Witzel. Der ehemalige Hagener und heutige Wahl-Schweizer muss es wissen, denn er organisiert zum inzwischen sechsten Mal eines von Deutschlands härtesten Wettrennen: die "TorTour de Ruhr".

Ultramarathon „TorTour de Ruhr“ startet bei Winterberg

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    Alle zwei Jahre findet der Lauf statt, der bis auf wenige Ausnahmen auf 230 Kilometern dem Verlauf der Ruhr von der Quelle in Winterberg bis zur Mündung in Duisburg folgt. Richtschnur ist der bei Radfahrern, Wanderern und Läufern gleichermaßen beliebte Ruhrtalradweg. Der ist auch der Grund, weshalb Witzel überhaupt auf die Idee gekommen ist, einen Lauf von der Quelle bis zur Mündung zu veranstalten.

    Vorbereitung auf Sechs-Tage-Rennen

    "2007 bin ich zum ersten Mal auf dem Weg gelaufen", erinnert sich der 51-Jährige. Der Ruhrtalradweg sei damals ein Jahr alt geworden, was Witzel zum Anlass nahm, den Weg in seine Vorbereitung auf einen Sechs-Tage-Lauf einzubauen.

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    Als er Freunden davon berichtete, erklärten die Witzel nicht etwa für verrückt, sondern überzeugten ihn davon, aus seinem Solo-Lauf eine Veranstaltung zu machen. Die Erstauflage der Tortour war geboren. Am Start: 30 Läufer. Zwei Jahre später waren es mehr als doppelt so viele - bei der Auflage im Jahr 2018 werden rund 300 Läuferinnen und Läufer auf eine der drei Strecken gehen.

    Ein Bambini-Lauf über 100 Kilometer

    Denn nicht jede Läuferin und jeder Läufer will die volle Distanz bewältigen. Witzel hat neben den 230 Kilometern auch einen klassischen 100-Meilen-Lauf (160 Kilometer) und eine liebevoll "Bambinilauf" getaufte kürzere Variante.

    Die Sportlerinnen und Sportler bilden "eine geschlossene Gesellschaft", wie Witzel sagt. Allerdings nicht um sich abzuschotten, sondern um allzu leichtsinnige Läufer zu schützen. "Anfänger dürfen nicht mitmachen", sagt der Organisator.

    Wer an den Start gehen will, muss sich beim Orga-Team bewerben und Referenzen vorweisen, also bereits nachweislich an Ultra-Läufen teilgenommen haben. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, verlangt Witzel darüber hinaus ein ärztliches Attest, das den Läufern bescheinigt, gesund zu sein. "Wir hatten schon Kandidaten, bei denen auf diesem Wege ein Herzfehler überhaupt erst entdeckt wurde", so Witzel.

    Außer einer guten Gesundheit und starker Kondition benötigen die Teilnehmer außerdem eine Crew, die sie während des Laufs vom Fahrrad oder Auto aus betreut und beispielsweise mit Essen und Trinken versorgt.

    Duisburgerin gewann in ihrer Heimatstadt

    Sind alle Voraussetzungen erfüllt, steht dem Lauf nichts mehr im Wege. Bis zu 38 Stunden lässt Witzel den Läufern Zeit, um im Ziel gewertet zu werden. Ganz so lange wird der Sieger nicht benötigen. Oliver Schoiber kam nach rund 25 Stunden und 30 Minuten in Duisburg an und gewann den Männer-Wettbewerb.

    Die Duisburgerin Anja Tegatz holte den Sieg bei den Frauen und erreichte nach 29 Stunden, 54 Minuten und 16 Sekunden das Ziel an der Skulptur Rheinorange am Duisburger Hafen.

    "Ich hatte ein Super-Team, das mich unterstützt hat. Sonst hätte ich das nie geschafft", erinnert sich Tegatz. Ihre Helfer hatten die Duisburgerin vom Start bis zum Ziel begleitet und "mit Balisto, Cola und Salztabletten versorgt". Geplant hatte sie den Sieg nicht – im Gegenteil: "Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das wird es so nicht mehr geben."

    2018 wieder bei der TorTour de Ruhr - mit Hin- und Rückweg

    Auch 2018 wird die 43-Jährige wieder bei der TorTour de Ruhr am Start sein. Siegchancen hat sie jedoch nicht, denn in diesem Jahr läuft sie doppelt und quasi außer Konkurrenz: Am Mittwoch vor Pfingsten macht sie sich mit ihrem Begleiter Thorsten Stelter und seiner Crew von Duisburg aus auf den Weg ruhraufwärts zur Ruhrquelle, um dann mit dem Feld der TorTour de Ruhr wieder zurück nach Duisburg zu laufen. Macht insgesamt 460 Kilometer. "Eigentlich wollte ich gar nicht mehr bei der TorTour laufen", sagt Tegatz. Dass sie es nun doch macht, hat etwas mit fünf Tassen Glühwein in der Vorweihnachtszeit zu tun – eine Schnapsidee.

    Von ihren zwei bisherigen TorTour-Teilnahmen erinnert sich die Duisburgerin insbesondere an ein Schild am Baldeneysee in Essen: "Ab hier nur noch ein Marathon", steht da drauf. "Als ich das beim ersten Mal gelesen habe, bin ich in Tränen ausgebrochen", erzählt sie. "Nur noch ein Marathon!" – neun Stunden habe sie von dort noch bis zum Ziel benötigt.

    Spätberufene Läuferin

    Dabei ist Tegatz eine spätberufene Läuferin. Erst 2011 lief sie ihren ersten Halbmarathon. Im Jahr darauf folgte das Debüt über die volle Distanz. Doch da war sie schon mit einem anderen Virus infiziert. Ein Bekannter hatte von den 100 Kilometern in Biel geschwärmt. Ihr erster Gedanke: "Der hat doch die Fackel heiß!" Doch dann informierte sie sich und wurde neugierig. Nur drei Wochen nach dem Marathon-Debüt reiste sie also in die Schweiz und lief in Biel beim legendären 100-km-Rennen mit. Seitdem sammelt sie Kilometern in aller Herren Länder, sei es in Luxemburg oder in Schottland.

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    Doch an Pfingsten steht erst einmal die TorTour de Ruhr an. Das zweite Halbjahr ist noch gar nicht verplant. Denn neben den körperlichen Strapazen sei die TorTour auch mental extrem schwierig. Tegatz: "Vielleicht habe ich danach ein paar Wochen lang gar keine Lust mehr zu laufen."

    Mehr über die Tortour de Ruhr 2018

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    Von Mareike Kluck und Stefan Reinke

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