Essen. NRW-Kommunen schaffen es nicht, die Richtlinien der Europäischen Union für Stickstoffdioxid einzuhalten. Nur Duisburg hält die Grenzen ein.

Die Luft in den Großstädten an Rhein und Ruhr ist in den letzten Jahren zwar sauberer geworden, doch mit den Stickoxiden haben die Städte noch zu kämpfen. Mit verschiedenen Konzepten und Projekten wollen die Kommunen die Luftqualität verbessern. Vorgaben dazu stammen aus den Luftreinhalteplänen der Bezirksregierungen. Ein Überblick, was die Städte für saubere Luft getan haben und noch tun werden.

Begrünte Gleisbette sollen für bessere Luft sorgen

Seit 2011 steht der Luftreinhalteplan für Gelsenkirchen der zuständigen Bezirksregierung Münster. „Wir haben eine Menge Dinge geändert“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. An der Hauptstraße Kurt-Schumacher-Straße sei aus der Südrichtung eine Umgehung für den Verkehr eingerichtet worden.

„Einige Nebenstraßen haben wir für den Autoverkehr gesperrt“, sagt Schulmann. Lkw, die nicht nach Gelsenkirchen wollen, müssten die Hauptstraße umfahren. Auch gelte auf der Kurt-Schuhmacher-Straße ein Tempo-Limit.

Zudem sei der ÖPNV optimiert worden. „Alle Gleisbetten sind mit Rasenteppich ausgelegt worden.“ Dieser solle Schadstoffe aufnehmen.

Stickstoffdioxid-Werte sind weiterhin zu hoch

Diese Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt. Schulmann: „Bei den Feinstaubwerten liegen wir mittlerweile unter den Grenzen.“ Bei den Stickoxiden sei es noch nicht so. Denn: „Das ist schwierig“, so der Stadtsprecher. In Zukunft sei geplant, weitere Hecken und Bäume zu pflanzen, damit diese Schadstoffe aufnehmen und binden könnten.

Diesel-Fahrverbote seien zwar denkbar, doch keine wirkliche Lösung. Denn: „Wenn die Kurt-Schuhmacher-Straße für den Autoverkehr gesperrt wird, bedeutet dies drei Millionen mehr Fahrtkilometer pro Jahr in Gelsenkirchen“, erklärt Schulmann.

Dass ausgerechnet die Hauptstraße im Mittelpunkt der Maßnahmen stünde, komme daher, dass zum einen die Luftqualität an dieser Stelle unter dem vielen Verkehr leide und zum anderen eine Messstelle installiert sei, die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Werte misst.

Duisburg hält seit Jahren Grenzwerte ein

In Duisburg ist es um die Luftqualität gut bestellt: Sprecher Jörn Esser berichtet: „In den letzten Jahren gab es keine Überschreitung der Grenzwerte bei Feinstaub und bei Stickstoffdioxid.“

Aus gesundheitlicher Sicht sei es dennoch begrüßenswert, die Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung weiter zu verringern. „Der Handlungsdruck in Duisburg ist im Verhältnis zu anderen Städten mit nachgewiesenen Grenzwertüberschreitungen jedoch nicht so groß“, sagt Esser. Insbesondere die Sperrung der Friedrich-Ebert-Straße in Rheinhausen für den allgemeinen Lkw-Verkehr habe die Immissionssituation bei Stickstoffdioxid entschärft.

Industrie als Faktor für Luftverschmutzung

Im Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2011 seien für Duisburg insgesamt 60 Maßnahmen festgelegt, die Verkehr, Kleingewerbe und Industrie betreffen, so Esser. Im ÖPNV zum Beispiel und bei den Betriebsfahrzeugen wurden nur noch schadstoffarme Fahrzeuge gekauft. Das Radwegnetz sei ausgebaut worden und Firmentickets wurden ausgeweitet. Zudem sei ein Verkehrsleitsystem für Lkw und ein Parkleitsystem für die Innenstadt eingerichtet worden.

Esser erklärt: „In Duisburg ist die Verringerung industriell bedingter Emissionen von großer Bedeutung.“ Dazu würden industrielle Anlagen im Duisburger Norden und im Hafengebiet stärker überwacht.

Der Stadtsprecher wünscht sich eine Überarbeitung des „mittlerweile in die Jahre gekommenen" Luftreinhalteplans mit aktualisierten Belastungskarten. Dadurch könnten Verkehrsbeschränkungen passgenauer umgesetzt werden.

Langfriste Projekte sollen Erfolg bringen

Essen verfolge konsequent den Luftreinhalteplan der Bezirksregierung aus dem Jahr 2011, so Stadtsprecher Martin Rätzke. Offenbar erfolgreich: Die Grenzen für Feinstaubwerte würden seit Jahren unterschritten.

Es gehe vor allem um langfristige Projekte - unter anderem um den Ausbau des Radwegenetztes und um energieeffizientere Gebäude. Auch wirke sich ein Plan, der die Kohlenstoffdioxid-Emissionen in der Stadt verringern soll, positiv auf die Luftbelastung aus. Die Stadt Essen will die Kohlenstoffdioxid-Belastung bis 2020 um 40 Prozent reduzieren - gelingen soll dies mit Energie aus Fernwärme, Umweltwärme oder Sonnenkollektoren statt aus fossilen Energieträgern.

Um die Luftverschmutzung durch den Autoverkehr zu verringern, sollen mehr Menschen auf das Rad und den ÖPNV umsteigen. Dazu gibt es in Essen einen Plan: „Wir haben das Fahrradleihsystem ausgebaut", sagt Rätzke. Diese Leihräder könnten auch in Verbindung mit dem ÖPNV genutzt werden. Auch beteilige sich die Stadt am Ausbau der Radschnellwegs Ruhr und nehme an Aktionen wie „Mit dem Rad zur Arbeit" teil. Im ÖPNV gebe es Kombinationstickets für Car-Sharing-Angebote und ein Sozialticket.

Stadt nutzt Pedelecs für Dienstfahrten

Pedelecs würden für Dienstfahrten seit 2012 genutzt. „Bei zwei Stadttöchtern sind Elektrofahrzeuge im Einsatz." Die Ladeinfrastruktur für Elektro-Autos und Elektro-Fahrräder sei ausgebaut worden. Und: Die Energieversorgung von Essen werde komplett durch erneuerbare Energien gedeckt.

„Die eingerichteten Umweltzonen und die Fahrverbote für den Schwerlastverkehr tragen dazu bei, dass der Verkehr zu weniger Luftbelastung führt", so Rätzke. Beispielsweise dürfen Lkw auf der Gladbecker Straße in Richtung Süden unter der Woche vormittags nicht fahren.

Bei dem Reizgas Stickstoffdioxid waren die Werte allerdings bei einigen Essener Messststellen laut dem Jahresbericht des Landesamts für Natur-und Umweltschutz zu hoch. „Essen wird keinen Alleingang in Sachen Stickstoffdioxid-Belastung machen können", sagt Rätzke. Es sei ein regionales Thema und müsse regional gelöst werden.

Landeshauptstadt bereits wegen schlechter Luft verklagt

Die Deutsche Umwelthilfe hat Düsseldorf bereits erfolgreich auf mehr Maßnahmen für reine Luft verklagt. Der Grund: zu hohe Stickstoffsdioxid-Werte mindern die Luftqualität der Stadt.

Der Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2013 der Bezirksregierung Düsseldorf sei als Rahmen zu verstehen, so der Leiter des Umweltamtes Stefan Ferber. Darin würden Handlungsfelder festgelegt, aber keine konkreten Detailpanungen. Eine Vorgabe sei die Förderung des Radverkehrs, doch wie die Stadt den Umstieg auf das Rad attraktiver gestalte, sei Aufgabe der Stadt.

Düsseldorf setzt auf Elektro-Mobilität bei Rädern und Autos

In den vergangenen drei Jahren sei das Hauptradwegenetz in Düsseldorf ausgebaut worden. Derzeit arbeite die Stadt an einem Handlungskonzept, um Elektromobilität auf allen Ebenen auszubauen, so Ferber.

In diesem Jahr würden zum Beispiel erste Schiffssteckdosen an der Rheinuferpromenade installiert. In der Stadt solle es mehr Ladestationen für Elektro-Autos geben und die Flotte an Elektro-Fahrzeugen gemeinsam mit den Stadtwerken vergrößert werden. Mitarbeiter der Stadt könnten für ihre Dienstfahrten Pedelecs statt Autos nutzen.

Feinstaubwerte unterschreiten EU-Vorgaben

Im Jahr 2015 - im vierten Jahr in Folge - seien an allen Düsseldorfer Messstellen die Grenzwerte für Feinstaub eingehalten worden, heißt es aus dem Umweltamt. „Am wirkungsvollsten war aus meiner Sicht die Einführung der

Solche Anlagen messen wie stark die Luft in NRW-Großstädten belastet ist.
Solche Anlagen messen wie stark die Luft in NRW-Großstädten belastet ist. © dpa

Umweltzone", sagt Ferber. Auch Lkw-Durchfahrtsbeschränkungen hätten geholfen.

Bei den Stickstoffdioxid-Werten gebe es zwar eine sinkende Tendenz, doch sei die Stadt noch weit davon entfernt die Grenzen einzuhalten. „Ein Diesel-Verbot ist in Düsseldorf ein Thema", so Ferber. Das Verwaltunggericht hatte ein Dieselverbot für zulässig erklärt.

Lkw dürfen nicht mehr durch die Innenstadt

In den letzten elf Jahren hat sich die Qualität der Hagener Luft verbessert - die Feinstaubbelastung sei gesunken. Mittlerweile würden die vorgeschriebenen Grenzwerte der EU-Gesetzgebung eingehalten, so Ralf-Rainer Braun, Leiter des Umweltamtes.

„Dass der Feinstaubwert gesunken ist, liegt an der eingerichteten Umweltzone“, erklärt Braun. Auch das Lkw-Routing trage dazu bei. Lkw werden mittlerweile dauerhaft an Werktagen um die Innenstadt herumgeleitet. Lkw fahren nur dann durch Hagen, wenn auch ihr Ziel dort liegt, so Braun. Zudem sei die komplette Busflotte modernisiert worden: Es würden auch Hybrid-Fahrzeuge eingesetzt.

Diesel-Fahrverbot, um Grenzwerte einzuhalten

Bei Sticksttoffdioxid sind die Werte in Hagen noch zu hoch - die EU-Grenzen werden nicht eingehalten. An dieser Stelle sieht der Leiter des Umweltamtes die Bezirksregierung in der Pflicht, diese müsse den Luftreinhalteplan überarbeiten. Die bisherigen Maßnahmen könnten die Stickstoffdioxid-Belastung nicht genug reduzieren. „Die letzte nötige Maßnahme, um die Stickstoffdioxid-Belastung zu reduzieren, sei ein Fahrverbot für Diesel-Pkw", sagt Braun.

Die Schadstoffe von Verbrennungs-Motoren verunreinigen die Luft.
Die Schadstoffe von Verbrennungs-Motoren verunreinigen die Luft. © dpa

Eine erste Diskussion, um Diesel-Pkw aus der Hagener Innenstadt fernzuhalten, habe begonnen. Zunächst müssten vom Bundesgesetzgeber erst die nötigen rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, dass ein Diesel-Pkw-Verbot überhaupt umgesetzt werden könnte.

Der Ausbau des ÖPNV als mögliche Lösung

Zur Zeit werde an der Bahnhofshinterfahrung gearbeitet, sagt Braun. Die soll 2018 fertig sein. Autos und Lkw fahren dann zukünftig nicht mehr über den Graf-von-Galen-Ring.

Mehr Elektro-Mobilität, eine dichtere Taktung und der Ausbau des ÖPNV und der Ausbau des Radverkehrs seien auch in der Diskussion, um die Luftverschmutzung in Hagen zu senken.

Umweltzone als Erfolgsrezept für saubere Luft

In Dortmund hat sich die Luftqualität verbessert - seit 2012 halte die Stadt die Grenzen für Feinstaub ein, sagt Stadtsprecherin Heike Thelen. Seit 2011 gibt es einen Luftreinhalteplan der zuständigen Bezirksregierung. Im Kampf gegen die Luftverschmutzung in der Stadt habe die Umweltzone sehr geholfen.

„Auch mit der erneuerten Verkehrsflotte sind die reduzierten Feinstaubwerte erreicht worden.“ Dies liege nicht nur an den schadstoffärmeren Fahrzeugen der Stadt, sondern auch an Privatleuten, die immer umweltfreundlichere Autos fahren.

Auch in Dortmund kämpfe man mit zu hohen Stickstoffdioxid-Werten, aber die Belastung sei etwas zurückgegangen. Vor allem an der B1 und den südlichen Einfallstraßen in die Stadt würden die Grenzen für Stickoxide jedoch überschritten. „Ein geeignetes Instrumentarium, um die Werte zu senken, liegt nicht vor“, gesteht Thelen. Die Dortmunder Lösung: Diesel-Fahrzeuge müssten aus der Stadt verbannt werden. Aktuell entwickle die Verwaltung ein Programm für Diesel-Fahrverbote.

EU-Richtwerte für Kommunen in NRW problematisch

In Dortmund gehe man die Luftverschmutzung auch mit dem Dekaden-Projekt „emissionsfreie Stadt“ an. Elektro-Mobilität und der ÖPNV sollen ausgebaut werden. In Zukunft sollen mehr Menschen mit dem Rad oder zu Fuß ihr Ziel erreichen - auch dafür soll das Netz an Rad-und Fußwegen ausgebaut werden. „Denkbar ist auch, dass die Innenstadt nur noch durch Elektro-Autos befahrbar ist."

Trotz aller Bemühungen: Da mehrere Großstädte in der Region die EU-Grenzen für Stickstoffdioxid nicht einhalten könnten, sei es sinnvoll, dass bei der EU eine Fristverlängerung beantragt werde. Und: „Einheitliche Regelungen in den Bundesländern wären sinnvoll“, so die Stadtsprecherin. In der EU-Rahmenrichtline von 2008 wird festgelegt, bis wann Städte die Luftverschmutzer Feinstaub und Stickstoffdioxid im Griff haben müssen - unter bestimmten Auflagen, darf diese Frist auch verlängert werden. Das Land NRW kann Anträge für eine solche Fristverlängerung stellen.