Frankfurt. . Europas Bankenaufsicht hat überprüft, ob die Geldhäuser für eine Krise gewappnet sind. Commerzbank und Deutsche Bank sind vergleichsweise anfällig.
Wieder einmal mussten sich Europas Geldinstitute von den Bankenaufsehern in ihre Bücher schauen lassen. Bei dem Stresstest hat die Bankenaufsicht 51 Finanzkonzerne unter die Lupe genommen, darunter neun deutsche. Für die Deutsche Bank und die Commerzbank lautet das Ergebnis: Prüfung bestanden, aber ohne Glanz. Sie würden eine Finanzkrise zwar überleben, doch ihre Kapitalpuffer wären dann alles andere als üppig. Die Zeugnisse verstärken den Druck auf die Vorstandschefs John Cryan und Martin Zielke.
Was wollten die Aufseher wissen?
Geprüft wurde, ob die Geldhäuser genügend Kapitalpuffer haben, um einen Absturz der Wirtschaft und einbrechende Immobilienpreise zu verkraften. Die Szenarien, die auf Basis der Geschäftszahlen von Ende 2015 durchgespielt wurden, sahen massive wirtschaftliche Schocks in Europa vor: für dieses und nächstes Jahr eine um 1,2 Prozent oder 1,3 Prozent schrumpfende Wirtschaft, für 2018 nur 0,7 Prozent Wachstum. Neu war, dass Rechtsrisiken einbezogen werden – etwa Strafen, die Banken zahlen müssen. Besonders im Blick hatten die Prüfer die sogenannte harte Kernkapitalquote. Sie setzt das Eigenkapital der Banken ins Verhältnis zu den Risikoposten.
Wie ist das Ergebnis ausgefallen?
Dank massiver Kapitalaufstockungen sei der Bankensektor in Europa als Ganzes recht stabil, erklärte die EBA. Sie ist die oberste Bankenaufsichtsbehörde der Europäischen Union und damit auch für Banken in Nicht-Euro-Ländern wie Großbritannien verantwortlich. Die schwächste Kapitalquote wies im Test wie erwartet die italienische Bank Monte dei Paschi auf. Sie legte aber kurz vor Bekanntgabe der Stresstest-Ergebnisse einen Rettungsplan vor.
Wo landeten die großen deutschen Banken?
Die neun deutschen Institute im Test erwiesen sich als ausreichend mit Kapital ausgestattet, wenn auch in einigen Fällen nur knapp. Besonders stark unter Druck gerieten die Commerzbank und die Deutsche Bank. Die harte Kernkapitalquote der Commerzbank lag im Stress-Szenario mit 7,4 Prozent deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 9,2 Prozent. Die Deutsche Bank erreichte 7,8 Prozent. Auch die BayernLB (8,3) und die NordLB (8,6) landeten im hinteren Feld. Die Förderbank NRW.Bank – ein Exot im Kreis der geprüften Häuser – lag mit 35,4 Prozent weit vorne.
Was sind die Konsequenzen?
Die Zeugnisse verstärken den Druck auf Commerzbank und Deutsche Bank, noch mehr Risiken und Kosten aus der Bilanz zu nehmen. Deutschlands größte Banken müssen sich das Vertrauen der Anleger erst wieder mühsam erkämpfen. „Deren Druck könnte stärker ausfallen als der der Aufseher“, sagt die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel. Die Deutsche Bank ist an der Börse inzwischen weniger als 17 Milliarden Euro wert, die Commerzbank sieben Milliarden. Zum Vergleich: die französische BNP Paribas kommt auf 55 Milliarden Euro. Welche Schlüsse die Bankenaufseher aus dem Stresstest zögen, ist unklar. „Das macht den Stresstest zu einem zahnlosen Tiger“, urteilt Isabel Schnabel. Die Aufseher verzichteten auch auf Vorgaben von Kapitalquoten für die Banken.
Schafft der Test neues Vertrauen in die Stabilität der Banken?
In der Vergangenheit überholte die Realität des Öfteren die Testszenarien. Auch heute sagen Kritiker, der Stresstest habe nur begrenzt Aussagekraft über die Stabilität der Banken. Kritisiert wird zudem, dass nur das derzeit unrealistische Szenario steigender Zinsen untersucht wurde, nicht aber die Folgen weiter sinkender Zinsen. Doch gerade darunter leiden Banken, etwa weil ihre Zinsmarge bei vergebenen Krediten schwindet. Mancher, wie der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, vermutet als Grund Interessenkonflikte in der EZB. Denn wären Negativzinsen im Test durchgespielt worden, hätte dies zu einer schallenden Ohrfeige für die Geldpolitik der Notenbank werden können.