Essen. An den Großstandorten im Revier nagt der Zahn der Zeit. Laut Gutachtern sollten sich die Aufwendungen für die Erhaltung mehr als verdoppeln - auf 22 Mio Euro.
- Berühmte Industriedenkmäler der Region von Verfall betroffen
- Laut Gutachtern sollten sich Aufwendungen für Erhaltung mehr als verdoppeln
- RVR muss bis zu 22 Millionen schultern
So was gibt es in dieser Dichte nur im Ruhrgebiet: Die „Route der Industriekultur“ versammelt entlang ihres 400 Kilometer langen Straßennetzes viele alte Zeugen, die an die 150-jährige Industriegeschichte der Region erinnern. Aber an den ehemaligen Zechen, Stahlwerken, Hallen und Gasometern nagt der Zahn der Zeit. Ihr Erhalt wird das Land Nordrhein-Westfalen, den Regionalverband Ruhr (RVR), aber auch die Städte und jeweiligen Gesellschaften als Standortbetreiber künftig spürbar teurer kommen.
9,8 Mio Euro wurden bisher für die jährliche Erhaltung der „regional bedeutsamen“ Standorte Landschaftspark Duisburg-Nord, Gasometer Oberhausen, Welterbe Zeche/Kokerei Zollverein in Essen, Jahrhunderthalle/Westpark Bochum und Kokerei Hansa in Dortmund aufgewandt. Laut einem jetzt vorliegenden Gutachten, das der RVR in Abstimmung mit dem Bauministerium vergeben hatte, werden künftig bis zu 22 Mio Euro daraus – 11,16 für die sogenannte „Grundsicherung“ und weitere 10,85 für Instandsetzung.
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Dass sich die Zahlen derart erhöhen, hat vor allem einen Grund. Als der RVR 2006 die „Route“ als Träger übernahm und die bisherigen Erhaltungskosten ebenfalls per Gutachten ermittelt wurden, waren alle top hergerichtet gewesen. Mit den Jahren gibt es jetzt aber immer mehr zu tun.
Jedes Jahr rund drei Millionen Besucher
Hinter den Kulissen gibt es schon seit geraumer Zeit Gespräche, wie die Erhaltung künftig gestemmt werden kann. Eine Lösung zeichnet sich ab. Das Land hat signalisiert, seinen jährlichen Zuschuss von bisher 3,6 Mio Euro für die „Grundsicherung“ auf 5,6 Mio raufzufahren. Das dann noch fehlende Geld für die Grundsicherung müssten dann die Betreiber aufbringen. Und der RVR will in gleichem Maße seine 2,5 Mio Euro, die er bis dato jährlich für Instandsetzung ausgegeben hat, auf 3,9 Mio Euro steigern. Auch in diesem Bereich müssten die Betreiber das noch fehlende Geld aufbringen. Bisher war die Instandsetzung durch die 2,5 Mio Euro vom RVR komplett abgedeckt.
So oder so: Dass die von den Gutachtern genannte Instandsetzungssumme in Gänze nicht zustande kommt, scheint klar. Land und RVR haben schon „Instandhaltungsstrategien“ diskutiert, die alles Nötige, aber eben nicht alles Wünschenswerte, umfassen sollen. Ziel ist den Angaben zufolge: so wenig Substanzverlust fürs Gesamtensemble wie möglich.
„Mit der geplanten Erhöhung der jährlichen Zuschüsse machen Land und RVR deutlich, dass sie zu ihrer Verantwortung stehen und das industrielle Erbe der Metropole Ruhr sichern wollen“, sagte Martin Tönnes, RVR-Bereichsleiter Planung, auf NRZ-Nachfrage. Bis Jahresende muss Klarheit über die Finanzierung herrschen. Dann läuft der alte Trägervertrag aus; ein neuer soll geschlossen werden, wieder über zehn Jahre. Martin Tönnes, der auch stellvertretender RVR-Direktor ist, betont die Bedeutung der alten „Industriekathedralen“: „Die Industriekultur ist das Markenzeichen des Ruhrgebiets.“ Allein die fünf Großstandorte zählten gut drei Millionen Besucher.