Essen. Kinos in kleinen Städten leiden unter den erhöhten Beteiligungsforderungen großer Filmverleiher für Kassenschlager. Einige erwägen sogar einen Boykott

Das Warten hat ein Ende. Die Jedi-Ritter sind wieder unter und die Macht mit uns. Die Weltraum-Saga „Star Wars“ geht in eine neue Runde und die Fans rund um den Globus sind elektrisiert. Rund 200 Millionen Dollar hat sich die Produktionsfirma Disney das Spektakel kosten lassen. Keine sonderlich risikoreiche Investition, denn die riesige Fanschar wird ziemlich sicher für einen Erfolg an den Kinokassen sorgen. Trotzdem hat der US-Konzern für den Film seine Forderungen nach Beteiligung an den Ticketverkäufen erhöht. Sehr zum Ärger von Kinobetreibern in kleineren Städten. Sie sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Einige denken sogar über einen Boykott der „Megablockbuster“-Filme nach.

Sonderregelung für Städte mit weniger als 50.000 Einwohnern

Eigentlich waren die Regeln in die Leinwände zementiert. 53 Prozent der Ticketeinnahmen gehen an den Filmverleiher, wenn das Kino in einer Stadt steht, die mehr als 50.000 Einwohner hat. Kinos in Städten unter 50.000 Einwohner müssen nur 47,7 Prozent der Einnahmen aus Ticketverkäufen an die Verleiher abdrücken. Doch die Riesen der Branche wollen jetzt mehr. Für die sogenannten „Megablockbuster“, also Filme wie Star Wars oder die das Comic-Helden-Epos „Avengers“ verlangen sie nun immer 53 Prozent – ganz egal, in welcher Stadt ein Kino steht. „Nicht finanzierbar“, schimpfen einige Kino-Betreiber in kleineren Städten. Ihre Einnahmen seien zu gering, als dass sie diese erhöhten Forderungen erfüllen könnten. Deutschlandweit sollen sich mehr als 200 Kinobetreiber entschlossen haben, auf Star Wars zu verzichten.

Auch interessant

Die Science-Fiction-Fans an Rhein und Ruhr brauchen aber keine Angst zu haben. Hier flitzen Luke Skywalker und Co. über so ziemlich jede Leinwand. Und das aus gutem Grund. „Ich kann ein Kino ohne diese Publikumsfilme nicht wirtschaftliche betreiben“, sagt Joachim Schumacher, Chef des Atlantic-Kinocenters in Moers. Ein Blick in seine Zahlen macht das mehr als deutlich. Zuletzt machte er in einer Woche 67 Prozent des Umsatzes mit nur einem einzigen Streifen: Bond. James Bond. 007 spülte das Geld in die Kassen, obwohl insgesamt 14 verschiedene Filme in der Zeit zu sehen waren. „Als Faustregel gilt: Die Hälfte seines Jahresumsatzes macht man mit nur zwölf Filmen. Man muss spielen, was in den Hitlisten steht“, erklärt Schumacher, der seit 30 Jahren im Geschäft ist.

Ganz ähnlich sieht es sein Kollege Reinhard Berens. Doch Während Schumacher in Moers mit 106.000 Einwohnern ohnehin den Höchstsatz der Abgaben bezahlen muss, könnte Berens von seinem Standort profitieren. Er betreibt das Kino am Tichelpark in Kleve mit knapp unter 50.000 Einwohnern. Ärgern will er sich über die knapp 5 Prozent weniger, die er jetzt an den Tickets verdient, nicht. „Disney liefert Filme, die Erfolg versprechen“, sagt Berens.

Um wirtschaftlich zu sein und dauerhaft abwechslungsreiches Kino anbieten zu können, muss er den Zuschlag an die Besucher weitergeben. „Bislang ist das Verständnis bei den Menschen dafür immer da gewesen“, sagt Berens. Boykott-Aufrufe einiger Kollegen kann er nicht nachvollziehen.

Auch interessant

300.000 Besucher lockt er pro Jahr in seine Kinosäle. Erfolgreich sein könne man in einer kleinen Stadt nur, sagt er, wenn man die richtige Mischung bietet. Als zuletzt Til Schweiger in einem seiner Filme Demenzerkrankungen thematisierte, organisierte Berens nach den Vorstellungen Diskussionsrunden mit Medizinern. „Man muss den Leuten Mehrwerte bieten.“ Hinzukommen Opern-Übertragungen und andere Sondervorstellungen. „An denen verdient man nichts, aber die Menschen honorieren das Angebot.“ Kino müsse auch ein Ort der Begegnung sein. „Man muss mehr sein als eine Abspielstätte.“

Der Verband schweigt

Selbst für Programmkinos, ist sich Berens sicher, seien die Blockbuster das Salz in der Suppe. „Solche Filme haben eine unermessliche Stellung. Außerdem wird Disney das ja auch nicht dauerhaft machen. Es geht hier um Premium-Produkte für die ein Zuschlag verlangt wird. Für normale Produktionen gilt das nicht.“

Der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF), der die Interessen der Kinobetreiber gegenüber den Filmverleihern vertreten soll, äußerte sich auf NRZ-Anfrage übrigens nicht zum Thema. Stattdessen hofft man offenbar auch dort einfach, dass die Einnahmen an den Kinokassen den Aufschlag wieder ausgleichen. Frei nach dem Star-Wars-Motto: „Möge das Geld mit euch sein.“