An Rhein und Ruhr. . Im vorweihnachtlichen Gedränge haben Kriminelle leichtes Spiel. Landesweit nimmt die Zahl der Taschendiebstähle seit einiger Zeit stetig zu.

Die Vorweihnachtszeit ist ideal für Taschendiebe. Ob in Geschäften, auf Basaren und Weihnachtsmärkten, in Bus oder Bahn: Gedränge allerorten – und die Menschen sind oft gestresst, mit ihren Gedanken woanders. Oder das dritte Glas Glühwein sorgt dafür, dass die Leute nicht mehr so aufmerksam sind. Langfinger haben da leichtes Spiel.

16 Taschendiebstähle hat zum Beispiel die Oberhausener Polizei bis dato rund um den Weihnachtsmarkt am Centro gezählt, weitere zwei rund um den Weihnachtswald in der Innenstadt. Und Peter Elke, Sprecher der Polizei für Essen und Mülheim, kann nicht mit Zahlen aufwarten, bestätigt gegenüber der NRZ aber: „Taschendiebstähle haben merklich zugenommen.“

Wie gehen die Täter vor?

Die Kriminellen sind oft in Kleingruppen unterwegs, teilen sich auf. „Einer lenkt ab, einer passt auf, einer greift zu“, sagt Tom Litges von der Polizei in Oberhausen. Ein Klassiker ist der „Verschmutzertrick“, bei dem das Opfer z. B. auf einem Weihnachtsmarkt mit Würstchensenf eingesaut wird. Es genügt aber auch ein Rempler oder die Täter lassen das Opfer im Gedränge auflaufen.

Für die Opfer kann es Teuer und Aufwändig werden

Ein Taschendiebstahl kann für sehr hohe Kosten beim Bestohlenen sorgen, wie eine Aufstellung der Bundespolizei zeigt. Im schlimmsten Fall können Kosten von 260 Euro für die Wiederbeschaffung von Dokumenten (Personalausweis, Führerschein, EC- und Kredit-Karte, ÖPNV-Ticket, etc.) zusammenkommen. Hinzu kommen Kosten (neue Passfotos, Verdienstausfall, etc.) von zirka 250 Euro.

Im Fall eines Diebstahls muss man auch mit einem zusätzlichen Zeitaufwand rechnen, um Dokumente wie eine Krankenkassenkarte, Sozialversicherungsausweis und Cash-Back-Karten (Payback u.a.) neu zu beantragen. Die Anzeigenerstattung bei der Polizei gehört auch dazu. Teilweise muss man lange Wartezeiten einkalkulieren, bis man neue Dokumente und Karten erhält. Auf eine neue EC-Karte wartet man in der Regel zwei Wochen, auf einen neuen Führerschein und Fahrzeugschein vier Wochen, auf einen neuen Personalausweis sechs Wochen.

Ein Blick in die Versicherungspolice der Hausratversicherung verschafft Klarheit, ob solche Kosten erstattet werden und in welcher Höhe. SLT

Solche Tricks haben jedoch einen Nachteil: Opfer können nachher zumindest einen der Täter gut beschreiben. Oft, berichtet Marcel Fiebig von der Polizei in Düsseldorf, haben sich die Täter daher darauf verlegt, einfach die Gelegenheit zum Zugreifen abzuwarten. Noch ein Klassiker: Mit einer Rasierklinge wird die Gesäßtasche das Opfers aufgeschnitten. „Auch das kommt vor“, sagt Peter Elke von der Essener Polizei.

Wo wird zugegriffen?

Die Täter brauchen Menschenmengen und/oder Unachtsamkeit. Tatorte werden gut ausgesucht. Beliebt sind die Knubbel, die sich dort bilden, wo sich Kundenströme aus Kaufhäusern oder Geschäften in den Trubel der Weihnachtsmärkte ergießen. „In dem Gedränge bewegen sich die Täter wie die Fische im Wasser“, meint Peter Elke.

Geklaut wird natürlich auch in den Geschäften – so greifen Täter gerne bei der Kleideranprobe in Hosen- oder Handtaschen. „Auch auf Rolltreppen oder an Haltestellen nutzen Taschendiebe ihre Gelegenheit“, sagt Joachim Wawrzeniewski von der Polizei in Duisburg. Seine Kollegen in der Landeshauptstadt gehen von einem Drei-Phasen-Modell aus: Bis zum Nachmittag sind Täter verstärkt in Geschäften aktiv, danach geht es auf Weihnachtsmärkte und ins Feierabendgedränge auf der Straße. Abends sind Kneipen und Restaurants dran.

Wer klaut?

Landesweit nimmt die Zahl der Taschendiebstähle seit einigen Jahren stetig zu. 53 759 Fälle registrierte die Polizei 2014 in NRW, knapp 4200 mehr als im Vorjahr. Wie Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann kürzlich bei einem Forum der Gewerkschaft der Polizei (GdP) berichtete, hat die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen zugenommen. 2014 hatten es die Ermittler vor allem mit Rumänen, Polen und Serben zu tun. Die Aufklärungsquote ist mau (unter 6%, noch schlechter als bei Wohnungseinbrüchen). Zum Teil setzen die Täter Frauen und Kinder ein (wegen der kleinen Hände). Damit kein falsches Bild entsteht: Es gibt auch sehr geschickte deutsche Taschendiebe.

Was macht die Polizei?

Polizeibehörden haben sich besser vernetzt, können so reisende Tätergruppen besser identifizieren. Zum Teil wurden besondere Ermittlungsgruppen gebildet. Auf Weihnachtsmärkten gibt es besondere Streifen, nicht nur in Zivil – gerade auch in gut sichtbarer Uniform (Abschreckung für Täter, schnelle Ansprechbarkeit für Opfer).

Verstärkt wird in diesen Wochen auch die Prävention. Beamte geben gute Tipps, meist auch auf Märkten selbst, und sprechen Passanten an („Wertsachen immer am Körper tragen, am besten in verschlossenen Jackeninnentaschen“). „Man sollte sich auch immer überlegen, wie viel Geld man zum Einkauf wirklich mitnehmen muss“, sagt Marcel Fiebig von der Polizei Düsseldorf.