Neuss/Essen. . Gefälschte Briefe, die Mietern von Sozialwohnungen eine Zwangsunterbringung von Flüchtlingen ankündigen, machen in Neuss die Runde. Die Stadt warnt.

Die Stadt Neuss weist Mieter von Sozialwohnungen an, in ihren Privatwohnungen Flüchtlinge aufzunehmen: Briefe diesen Inhalts sorgen derzeit in der Stadt für Unruhe. Sie kursieren offenbar in Neuss, adressiert wohl an Mieter der städtischen Wohnungsgesellschaft Neusser Bauverein. Allein: die Schreiben sind gefälscht, warnt die Stadt Neuss.

"Es ist nicht geplant, Flüchtlinge in Privatwohnungen einzuquartieren", stellt am Freitag ein Sprecher der Stadt auf Anfrage klar. Dort hat man jüngst Strafanzeige gegen den unbekannten Absender gestellt. Und die Stadt Neuss warnt die Adressaten, persönliche Kontodaten anzugeben - denn auch dazu werden sie in den Schreiben aufgefordert.

Gefälschter Flüchtlingsbrief verbreitet sich per WhatsApp und Facebook

"Da Sie die Problematik der Flüchtlinge wahrscheinlich kennen und wir dringend Plätze brauchen diese unterzubringen verlangen wir von Ihnen, dass Sie in Ihrer gemieteten Sozialwohnung zwei Flüchtlinge unterbringen": Unter dem Absender "Stadt Neuss, Der Bürgermeister" verbreitet sich ein Foto eines solchen Briefes derzeit über Whatsapp und Facebook in und um Neuss. Informiert wurde die Stadt über Mimikama.at, eine in Österreich als Verein getragene Koordininationsstelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch.

Gefälscht: Dieser Brief kursiert in Neuss. (Bild: mimikama.at)
Gefälscht: Dieser Brief kursiert in Neuss. (Bild: mimikama.at)

Ob die Briefe mit Datum vom 22. September dieses Jahres tatsächlich in Neuss in Briefkästen verteilt wurden, ist nicht klar. "Wir bitten Empfänger darum, uns solche Briefe weiterzuleiten", sagt ein Stadtsprecher. Möglicherweise lasse sich so näheres über die Absender erfahren.

"Das ist eine ganz perfide Methode"

Seit vor wenigen Wochen bekannt wurde, dass die Stadt Nieheim im Kreis Höxter Mieter kommunaler Wohnungen zwangskündigt, um Wohnraum für Asylbewerber frei zu schaffen, dürfte eine Ankündigung wie nun in Neuss Zweifel an der Echtheit vorgeblicher Behördenschreiben übertünchen. Gefälschte Amtsschreiben sind jüngst auch in Dresden, Berlin, Bayern oder in Brandenburg aufgetaucht. Im dortigen Landkreis Oberhavel kursiert mit Datum vom 24. September ein gefälschtes Schreiben, in dem der Landkreis mitteilt, er werde privat genutzten Wohnraum für die Unterbringung von Asylbewerbern überprüfen. Landrat Ludger Weskamp wird auf Mimikama zitiert: “Das ist eine ganz perfide Methode, die Bemühungen des Landkreises bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu unterlaufen und die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern”.

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Ist es Stimmungsmache gegen Flüchtlinge oder ein perfider Betrugsversuch? "Es geht hier um reine Stimmungsmache. Menschen sollen verunsichert werden. Es bleibt immer bei so etwas 'hängen'", glaubt man bei Mimikama. Bei der Stadt Neuss hält man auch Betrug für denkbar. In dem Fake-Brief in Neuss werden die Adressaten um ihre privaten Kontodaten gebeten. Die Stadt wolle die Zwangseinquartierung der Flüchtlinge angeblich mit monatlich 100 Euro für "die Unterbringung und Verköstigung" der Flüchtlinge honorieren. Zudem würden 20 Euro "für die Unannehmlichkeiten" gezahlt.

Gefälschte Amtsschreiben auch in Krefeld

"Das ist alles erfunden", ärgert man sich in der Stadtverwaltung. Die Schreiben sind im übrigen plumpe Fälschungen. "Der Briefkopf ist veraltet, den verwenden wir seit Jahren nicht mehr", sagt der Stadtsprecher. Auch die genannte Mitarbeiterin, eine "Frau Klüger", gebe es bei der Stadt nicht; zudem habe auch das als Absender genannte "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" dort kein Büro. Die genannte Telefondurchwahl endet in einem Dauerbesetztton, der Anschluss ist in der Neusser Verwaltung nicht vergeben. Einzig die genannte Straßenanschrift führe zu einem Verwaltungsgebäude.

Gefälschte Amtsschreiben kursierten auch bereits in Krefeld; dort sogar schon im November vergangenen Jahres. Laut der örtlichen Zeitung WZ waren dort Hausbesitzer informiert worden, sie seien rechtlich verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen.