Düsseldorf/Kassel. Fast eine Milliarde Euro investiert der Staat in das Bahnprojekt RRX. Neue Züge sollen mehr Komfort für Bahnpendler bringen - und Autofahrer anziehen.
Zehntausende Bahnpendler bekommen neue Züge und mehr Komfort - und der britische Bahn-Konkurrent National Express will dem Platzhirschen DB Regio den Riesenauftrag für den Betrieb des neuen Rhein-Ruhr Express (RRX) abjagen. Das Zentrum des RRX ist Nordrhein-Westfalen, aber einige Linien führen bis nach Kassel und Koblenz. "Wir sind interessiert an allen drei RRX-Losen", sagt der deutsche National Express-Chef Tobias Richter. Der Auftrag wurde aus Wettbewerbsgründen in drei Teilen ausgeschrieben.
Das über Jahrzehnte angelegte Mammutprojekt RRX soll ab Ende 2018 schrittweise das Rheinland mit modernen Doppelstockzügen mit Westfalen verbinden - schneller, pünktlicher und komfortabler als bisher. Der Betrieb der Linien ist mit rund 15 Millionen Zugkilometern einer der größten Nahverkehrsaufträge in Europa.
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Am 26. März wird der Gewinner bekannt gegeben
Bisher betreibt noch die Deutsche Bahn sämtliche Linien - die Regionalbahnen RE 1,4,5,6 und 11 - die mit Verbindungen nach Kassel und Koblenz auch Hessen und Rheinland-Pfalz anschließen.
Freitag (20.3.) endete die Bewerbungsfrist für die Ausschreibung, am 26. März wollen die Verkehrsverbünde der beteiligten Länder den oder die künftigen Betreiber der Linien bekanntgeben. Für 82 nagelneue Großzüge und die Wartung über 30 Jahre wählten die Verbünde bereits den Technikkonzern Siemens.
Groschek will Autofahrer in Züge locken
Die Entscheidung muss aber noch von den politischen Gremien bestätigt werden. Die Kosten für die Züge sollen nach nicht bestätigten Angaben unter 900 Millionen Euro liegen. Die Züge haben jeweils 800 Plätze - gegenüber 400 bis maximal 720 Plätzen in den bisherigen Wagen.
Außerdem ist später ein umfassender Ausbau der Schienenwege geplant, der allein über zwei Milliarden Euro kosten soll. So hoffen die Verkehrsplaner, pro Werktag über 30 000 Autofahrer zusätzlich in den Zug locken. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) erwartet einen "Meilenstein in der nordrhein-westfälischen Verkehrspolitik".
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National Express betreibt das Nürnberger S-Bahn-Netz
Wie viele Bahnkonkurrenten außer National Express sich noch um den Auftrag bemühen, ist ein streng gehütetes Geheimnis in der Ausschreibung. National Express ist jedenfalls dabei und hat durchaus Referenzen vorzuweisen. Der erst 2012 gegründete deutsche Ableger des börsennotierten britischen Verkehrskonzerns sorgte zu Jahresbeginn für Schlagzeilen, als er den Zuschlag für den kompletten Nürnberger S-Bahn-Verkehr bekam. Auch in NRW gewann National Express schon zwei Ausschreibungen.
Der deutsche National Express-Chef Tobias Richter war selbst lange bei der Deutschen Bahn und ist formell sogar noch beurlaubter Bahnbeamter. Das schlechte Gewissen gegenüber dem Ex-Arbeitgeber plagt ihn aber nicht. Die Konkurrenz habe allen Beteiligten nur gut getan. Und fast 20 Jahre nach der Marktöffnung habe die DB Regio ja immer noch mehr als 70 Prozent Marktanteil, sagt er.
Bahn beklagt Ausschreibungs-Kriterien
Völlig anders sieht das die Bahn. "Die Deutsche Bahn sieht mit großer Sorge, dass Ausschreibungen zunehmend über Personalkosten entschieden werden", kritisierte eine Sprecherin vor kurzem. An den bisher von DB Regio betriebenen und jetzt neu ausgeschriebenen Linie hingen immerhin 750 Arbeitsplätze, sagt sie. Schon gegen die Vergabe der beiden NRW-Regionallinien an National Express hatte die Bahn 2013 Widerspruch eingelegt, wenn auch erfolglos. Ebenso wehrt sie sich jetzt vor einer Vergabekammer gegen die Entscheidung für Nürnberg. Kritiker befürchten eine Ausbeutung der Mitarbeiter durch niedrige Gehälter und Qualitätseinbußen im Angebot.
Richter verweist dazu nur auf den starken Fachkräftemangel bei Lokführern. Untertarifliche Bezahlung könne er sich deshalb gar nicht erlauben. Und die Qualität des Angebots sei bis ins allerletzte Detail geregelt und mit schmerzhaften Strafgeldern sanktioniert. Billigangebote seien da nicht möglich. "Die Vorgaben, die sind mittlerweile so dick wie ein Telefonbuch." (dpa/lhe)