Essen. Jeder Trauerprozess ist individuell, doch meist durchlaufen Betroffene vier Trennungsphasen. Experten erklären, welche das sind.

Das Ende einer Partnerschaft ist ein tiefer Einschnitt, der viele Fragen aufwirft. Was kommt jetzt? Wie verarbeitet man die emotionale Belastung? Trennungen und Scheidungen sind Herausforderungen, doch sie können auch Chancen für einen Neuanfang bieten.

In Deutschland sind Trennungen längst kein Tabu mehr. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts wurden 2023 rund 129.000 Ehen durch richterlichen Beschluss geschieden. Obwohl die Zahl der Scheidungen sinkt, ist gleichzeitig ein Rückgang der Eheschließungen zu beobachten. Wie viele unverheiratete Paare sich trennen, bleibt unklar. Doch egal, ob es sich um eine Trennung oder Scheidung handelt, der Schmerz und die Ungewissheit können überwältigend sein. Experten erklären, warum der Trennungsschmerz so schwer zu verarbeiten ist und warum Liebeskummer einem Drogenentzug gleicht.

Beziehungsende: Die vier Phasen einer Trennung

Jeder Mensch geht mit seiner Trennung auf eine individuelle Art und Weise um, dennoch gibt es Gemeinsamkeiten, die bei den meisten Betroffenen auftreten: die vier Phasen der Trennungsbewältigung. Im Leben eines Menschen gibt es viele emotional belastende Erlebnisse – und neben Tod eines Angehörigen, sind es vor allem auch Trennungen – das ergab eine Studie der University of California. Demnach gehört Liebeskummer zu den schwierigsten Erfahrungen im Leben: Sie sei mit physischem Schmerz verbunden und könne zu Depressionen führen.

Interessanterweise haben kalifornische Forscherinnen und Forscher herausgefunden, dass beim Trennungsschmerz ähnliche Hirnregionen aktiviert werden wie bei körperlichen Beschwerden. Der Fachbegriff dafür lautet: „Broken-Heart-Syndrom“. Er wurde von einem Forscherteam der Johns Hopkins University School of Medicine geprägt. Wie das Team festgestellt hat, können Trennungen sogar zu körperlichen Symptomen wie Herzschmerzen oder Atemnot führen.

Entzugssymptome nach Beziehungsende? Liebeskummer gleicht einem Drogenentzug

Ein gebrochenes Herz äußert sich nicht nur in seelischen und physischen Symptomen, sondern wirft auch den Hormonhaushalt durcheinander. Die psychische Belastung steigert die Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin, während der Spiegel der Glückshormone deutlich absinkt. Ähnlich wie bei Drogenabhängigen können in dieser Phase Entzugserscheinungen auftreten.

Vier Phasen der Trennung: Wie lange dauern sie?

Erste Phase: Der Schock

Vielleicht hatte man bereits eine Ahnung, dass die Beziehung bald enden könnte. Doch selbst wenn das Ende nicht überraschend ist, kann es dennoch zu einer emotionalen Überforderung führen. „Als erste Reaktion weigern sich viele Paare, die neue, brutale Realität zu akzeptieren“, berichtet Beziehungscoachin Daniela van Santen aus Hamburg. Insbesondere Männer versuchten sich gezielt von ihrer Trauer abzulenken. Oft möchten sie nach außen hin stark wirken, während sie innerlich mit ihrem Schmerz kämpfen.

Viele Betroffene möchten die Trennung nicht wahrhaben und haben noch die Hoffnung, ihre Partnerin oder ihren Partner zurückzugewinnen. Das ist laut van Santen nicht ungewöhnlich, da eine Trennung einen erheblichen Verlust darstellt und das Ende des gemeinsamen Lebens markiert. Den Betroffenen rät die Coachin, sich auf andere wichtige Beziehungen zu fokussieren – sei es zu engen Freunden, Geschwistern oder Eltern. Besonders in der ersten Phase der Trennung ist es entscheidend, den Schmerz und die Gedanken mit vertrauten Menschen zu teilen.

Zweite Phase: Das Gefühlschaos

Nach der ersten Schock-Phase folgt die Akzeptanz, so van Santen. In dieser Phase werden Menschen häufig von einem Gefühlschaos überwältigt: Wut, Trauer, Selbstzweifel, Verlustängste – sie können sogar alle auf einmal auftreten. Die Beziehungsexpertin empfiehlt den Männern, ihre Gefühle bewusst wahrzunehmen und mit vertrauten Personen über das Erlebte zu sprechen. Frauen hingegen rät die Coachin, sich auf andere Dinge im Leben zu konzentrieren. „Etwas Ablenkung hilft, um auch mal durchatmen zu können“, sagt sie.

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Dritte Phase: Die Neuorientierung

Die gute Nachricht vorab: In dieser Phase sind die schwersten Momente meist überwunden. „Nach etwa sechs Wochen Trauer und Schmerz fängt das Leben wieder an, bunter zu werden“, sagt van Santen. Sobald die Betroffenen ihre Gefühle wieder etwas in den Griff bekommen, können sie anfangen, die Trennungswunden zu heilen. In der dritten Phase sei es hilfreich, Neues auszuprobieren – etwa ein neues Hobby, einen neuen Haarschnitt oder einen veränderten Lebensstil.

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Vierte Phase: Der Neuanfang

In der letzten Phase seien die meisten Menschen für einen Neuanfang bereit, sagt die Beziehungsexpertin. „Erst in dieser Phase“, so van Santen, „haben die Betroffenen den Trennungsschmerz verarbeitet und sind theoretisch bereit für eine neue Partnerschaft. Aber natürlich in ihrem eigenen Tempo.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Berliner Morgenpost.