Berlin. Um Milch ranken sich viele Gesundheitsmythen. Eine neue Studie zeigt, dass sie eine Rolle beim Schutz vor Darmkrebs spielen könnte.

Milch landet bei vielen Menschen täglich im Glas – doch genau genommen ist sie kein Getränk, sondern ein Nahrungsmittel. Das liegt unter anderem an ihrem hohen Nährstoffgehalt, der sie auch in den Mittelpunkt einer neuen Studie der Universität Oxford rückte.

Forscherinnen und Forscher gingen in ihr der Frage nach, ob die Ernährung das Darmkrebsrisiko beeinflusst. Das Ergebnis: Milch und Milchprodukte könnten eine schützende Wirkung haben – vor allem dank ihres hohen Kalziumgehalts. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Mehr dazu: Wann Hafermilch schädlich für Ihre Gesundheit ist

Studie zu Darmkrebs: Daten von mehr als einer halben Million Frauen ausgewertet

Die Datenbasis der neuen Studie ist beeindruckend: Die britische „Million Women Study“ erfasste zwischen 1996 und 2001 die Gesundheitsdaten von 1,3 Millionen Frauen aus England und Schottland. Nach sorgfältiger Bereinigung unvollständiger Angaben blieben die Daten von 542.778 Teilnehmerinnen übrig, die über einen Zeitraum von fast 17 Jahren beobachtet wurden.

In dieser Zeit dokumentierten die Forscher nicht nur die Ernährungsgewohnheiten der Frauen, sondern auch ihre gesundheitliche Entwicklung. Insgesamt erkrankten 12.251 der Teilnehmerinnen an Darmkrebs.

Aus der umfangreichen Datensammlung analysierten die Wissenschaftler 97 potenziell relevante Ernährungsfaktoren. Dabei identifizierten sie 17, die statistisch in einem Zusammenhang mit dem Darmkrebsrisiko stehen könnten, auch wenn ein ursächlicher Zusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte. Besonders auffällig: Kalzium, das reichlich in Milchprodukten enthalten ist, zeigte den stärksten positiven Effekt auf die Darmgesundheit.

Ausgewogene Ernährung: Tipps von Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl

  • Essen Sie fünf Hände voll Obst (2x) und Gemüse (3x) am Tag,
  • Nutzen Sie Vollkorn-Produkte,
  • Essen sie prä- und probiotische Lebensmittel: Joghurt (auch vegan), Kefir, Buttermilch, Kimchi, Sauerkraut etc.,
  • Essen Sie Hülsenfrüchte und Nüsse,
  • „Eat the rainbow“: Seien Sie flexibel und abwechslungsreich in ihrer gesunden Lebensmittelauswahl.

Kalzium senkt das Darmkrebsrisiko um bis zu 17 Prozent

Bereits 300 Milligramm Kalzium pro Tag – die Menge, die in einem Glas Milch enthalten ist – können das Darmkrebsrisiko um durchschnittlich 17 Prozent senken. Die Wissenschaftler stellten außerdem fest: Sobald der Kalziumgehalt statistisch aus den Daten herausgerechnet wurde, verringerte sich die Schutzwirkung von Milch und Milchprodukten deutlich. Ähnliches gilt für andere Nährstoffe in der Milch wie Vitamin B2, Magnesium, Kalium und Phosphor.

Doch was genau macht Kalzium so wirksam? Die Forschenden haben eine plausible Erklärung: Kalzium binde im Darm Gallensäuren und freie Fettsäuren, die als potenziell krebserregend gelten. Gleichzeitig soll es die Darmschleimhaut stärken und ihre Widerstandskraft gegen schädliche Einflüsse erhöhen.

Auch Kalzium aus Nahrungsergänzungsmitteln zeigt einen positiven Effekt: Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse ergab, dass 300 Milligramm Kalzium aus Nahrungsergänzungsmitteln das Darmkrebsrisiko um etwa neun Prozent senken können.

Auch interessant: Morgens ständig müde? Diese Routine ist besser als Kaffee

Darmkrebsrisiko: Diese Lebensmittel besser meiden 

Neben Milchprodukten und Kalzium haben Forscher weitere Lebensmittel identifiziert, die das Darmkrebsrisiko senken können: Obst, Vollkornprodukte und ballaststoffreiche Lebensmittel gehören dazu, auch wenn der Effekt geringer ist.

Alkohol und Fleisch hingegen erhöhen das Darmkrebsrisiko, so die Forscher. Schon 20 Gramm Alkohol pro Tag – etwa ein kleines Glas Wein – könnten die Erkrankungswahrscheinlichkeit erhöhen. Bei rotem und verarbeitetem Fleisch wie Wurst stieg das Risiko bei einem täglichen Verzehr von 30 Gramm um bis zu acht Prozent. Die Forscher führen dies auf krebserregende Stoffwechselprodukte wie Acetaldehyd zurück, die durch Alkohol und bestimmte tierische Fette gefördert werden.

Darmkrebs: Eine der häufigsten Tumorerkrankungen

Mit einer Lebenszeitprävalenz von mehr als fünf Prozent gehört Darmkrebs zu den häufigsten Tumorerkrankungen in Deutschland. Angesichts dieser Zahlen kommt den Ergebnissen der britischen Studie, die Kalzium als möglichen Schutzfaktor identifiziert hat, eine besondere Bedeutung zu.

Auch Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg lobt die neue Studie als sorgfältig und aussagekräftig. „Die schützende Wirkung von Kalzium ist in dieser Studie deutlicher ausgeprägt, als wir bisher vermutet haben“, so Kaaks.

Zudem bestätigen die neuen Ergebnisse frühere Forschungen. Bereits 2011 hatte eine Heidelberger Studie, an der Kaaks beteiligt war, einen möglichen positiven Effekt von Kalzium auf das Darmkrebsrisiko gezeigt. Allerdings war die Risikoreduktion damals statistisch nicht signifikant.