Berlin. Ulrich Bauhofer erreicht mit Videos zu Gesundheit ein riesiges Publikum. Wie er sich gesund hält und welches Getränk am Morgen Wunder wirkt.
Gesünder leben, besser ernähren, mehr Bewegung und weniger Stress: Das wünschen sich viele. Aber wo sollte man damit anfangen? Was gehört eigentlich zu einem gesunden Leben? Und wie lässt sich das alles im Alltag umsetzen? Der Arzt und Ayurveda-Spezialist Dr. Ulrich Bauhofer gibt dieses Wissen nicht nur in seiner Münchner Praxis weiter, sondern auch auf seinem YouTube-Kanal „Dr. med Ulrich Bauhofer - ganzheitlich gesund“, wo seine Gesundheitsvideos Hunderttausende Nutzer erreichen.
Viele Menschen starten mit dem Vorsatz ins neue Jahr, sich gezielt um ihre Gesundheit zu kümmern. Wie nachhaltig ist das?
Dr. Ulrich Bauhofer: Als Arzt freue ich mich natürlich immer über gute Vorsätze für die Gesundheit. Leider halten die Entschlüsse, die man zu Jahresbeginn fasst, laut Studien meistens nicht sehr lange an. Vor einiger Zeit hat eine Umfrage der Fitness-App Strava mit 800 Millionen Nutzeraktivitäten ergeben, dass bis zum 19. Januar 80 Prozent ihre guten Vorsätze bereits wieder aufgegeben haben. Im Allgemeinen hält die Mehrheit nicht über den Februar hinaus durch. Das ist natürlich desillusionierend.
Woran liegt das?
Bauhofer: Aus meiner Erfahrung hängt es damit zusammen, dass sich die eingeschliffenen Alltagsroutinen sehr schnell wieder einschleichen, und die meisten davon sind nicht gerade gesundheitsförderlich. Unser Wohlbefinden und der Alterungsprozess hängen jedoch entscheidend von unserer Lebensweise ab. Man geht heute davon aus, dass nur zwischen 10 und maximal 30 Prozent des Alterungsvorgangs genetisch festgelegt ist. Das bedeutet: Wir haben jeden Tag die Möglichkeit, in diesen Prozess einzugreifen und aus unseren Gewohnheiten Gesundheitsstrategien zu machen.
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Wie muss ich Vorsätze fassen, damit sie nachhaltig wirken?
Bauhofer: Ich bin ein großer Fan der kleinen Schritte. Das bedeutet, zunächst zwei, drei Kleinigkeiten, die einem leicht fallen, in den alltäglichen Ablauf zu integrieren und so schrittweise seine schlechten Gewohnheiten in gute umzuwandeln.
Ernährung: Diese Regeln hält Arzt Ulrich Bauhofer beim Essen ein
Was sind für Sie als Arzt und Ayurveda-Experte die Säulen für ein gesundes Leben?
Bauhofer: Eine Hauptrolle spielt die Ernährung. Wichtige Säulen sind aber auch die Bewegung, Schlaf, Stressmanagement, regelmäßige Detox-Maßnahmen, Freude, Lachen, und ganz wichtig: Sinn im Leben. Völlig unterschätzt wird Tageslicht. All diese Faktoren spielen für unsere Gesundheit eine ganz bedeutende Rolle.
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Was tun Sie als Mediziner selbst aktiv für Ihre körperliche und psychische Gesundheit?
Bauhofer: Die Dinge, die ich anderen empfehle, versuche ich schon auch selbst einzuhalten. Bei der Ernährung halte ich mich ans Intervallfasten, und zwar an die 16/8 oder 18/6 Regel. Damit stimuliert man die Autophagie, den natürlichen Reinigungs-, Entgiftungs- und Recyclingprozess der Körperzellen. Die 16/8 Regel etwa besagt: Man lässt vom Abendessen bis zur nächsten Mahlzeit 16 Stunden verstreichen und isst nur in den folgenden 8 Stunden. Mögliche Fasten-Regeln sind natürlich auch 20/4, 14/10 oder 12/12. Grundsätzlich sollte man frühestens eine Stunde nach dem Aufstehen frühstücken und spätestens drei Stunden vor dem Schlafen zu Abend essen. Ayurveda propagiert diese Autophagie seit Jahrtausenden, doch erst 2015 ist dafür der Nobelpreis an den Japaner Yoshinori Ohsumi vergeben worden.
Und wenn Frühstücksverzicht nicht geht?
Bauhofer: Gehört man zu den Menschen, die morgens wirklich Hunger haben, sollte man etwas Leichtes essen. Aber die meisten frühstücken einfach aus Gewohnheit. Wenn man nicht hungrig ist, lässt man das Frühstück einfach mal weg und trinkt etwas.
Welches Getränk ist am Morgen sinnvoll?
Bauhofer: Zum Beispiel ein Glas klares Wasser. Ich bin großer Fan von Zitronenwasser mit Honig, eine alte ayurvedische Regel: Wasser aufkochen, abkühlen lassen, etwas Zitrone dazugeben und einen Teelöffel guten Honig, am besten aus der Region. Das regt den Stoffwechsel an, die Verdauung kommt in Bewegung, die Darmentleerung findet leichter statt.
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Hartnäckig hält sich immer noch die Faustregel, wonach das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist.
Bauhofer: Ein Mythos. Wenn man beispielsweise das Abendessen weggelassen hat, kann man schon frühstücken und hält die 16 Stunden Pause ein. Aber morgens sind Stoffwechsel und Verdauungskraft noch träge. Deshalb wartet man besser etwas und bringt den ganzen Organismus erstmal in Schwung, bevor man etwas isst. Idealerweise sollte man dann mittags die Hauptmahlzeit zu sich nehmen. Viele Menschen nehmen diese abends zu sich und gönnen sich am nächsten Morgen gleich ein herzhaftes Frühstück, obwohl der Körper das Abendessen noch gar nicht verdaut hat.
Welche Art von Bewegung ist für ein gesundes Leben nötig?
Bauhofer: Bewegung ist absolut essenziell. Viele Forscher gehen mittlerweile davon aus, dass unsere Muskulatur das wichtigste Organ für Stoffwechsel und Langlebigkeit ist – weil in der Muskulatur mindestens 600 hormonähnliche Substanzen gebildet werden, die für den Stoffwechsel überall im Körper essenziell wichtig sind.
Schlaf: Diesen Rat der Großeltern sollten Sie beherzigen
Das bedeutet für den Alltag?
Bauhofer: Dass wir uns nicht nur bewegen, sondern dass wir unsere Muskulatur aufbauen und dann immer wieder stärken müssen. Ab dem 50. Lebensjahr nimmt diese jedes Jahr um etwa ein Prozent ab. Mit 80 Jahren haben Sie etwa 40 Prozent ihrer Muskulatur verloren. Das lässt sich zumindest deutlich einschränken. Darum ist regelmäßiges Krafttraining so wichtig. Natürlich sollte man mit Kardiotraining ebenfalls seine Ausdauer verbessern. Und schließlich geht es auch um Beweglichkeit, Stabilität und Koordination. Das nimmt im Laufe des Alters einfach ab.
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Was beherzigen Sie abgesehen von Ernährung und Bewegung?
Bauhofer: Dass ich ausreichend schlafe. Ausreichend heißt: so viel, dass man ohne Wecker von selbst aufwacht und sich wohlfühlt. Wenn Sie ausreichend früh ins Bett gehen, vorher nicht zu schwer essen und nach Möglichkeit auch keinen Alkohol trinken, dann ist Ihr Schlaf besser, und Sie wachen frisch und ausgeruht auf.
Weshalb ist Schlaf für uns so wichtig?
Bauhofer: Im Schlaf werden die entscheidenden Regenerationsprozesse im Körper eingeleitet. Das Gehirn ist extrem stoffwechselaktiv. Es produziert jeden Tag etwa sieben Gramm an toxischen Eiweißsubstanzen als Abfallprodukt. Sie sind zum Beispiel für Alzheimer verantwortlich. Aufs Jahr hochgerechnet sind das zweieinhalb Kilogramm an Müll, die das Gehirn allein im Schlaf abtransportiert.
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Welcher Mythos hält sich beim Thema Schlaf?
Bauhofer: Viele Menschen glauben, dass es egal sei, wann man ins Bett geht. Wichtig sei nur, dass man ausreichend schläft. Das stimmt aber nicht. Wir haben von unseren Großeltern gehört, der Schlaf vor Mitternacht zähle doppelt, und das ist tatsächlich so. Man hat in Studien herausgefunden, dass in der ersten Nachthälfte – vor Mitternacht – die Tiefschlafphasen, die für die Regeneration des Körpers und des Gehirns am wichtigsten sind, am häufigsten vorkommen. Der Schlafzyklus hängt also sehr stark davon ab, wann wir ins Bett gehen.
Was kann ich tagsüber für die Gesundheit tun, außer Sport zu treiben und ausgewogen zu essen?
Bauhofer: Ausreichend ans Licht gehen. Gerade jetzt im Winter verbringen die meisten Menschen recht wenig Zeit draußen bei Tageslicht. Im gut beleuchteten Büro bekommen Sie etwa 500 Lux Leuchtkraft ab. Sobald Sie an einem wolkenverhangenen Tag rausgehen, sind es 3000 Lux, im Sommer mittags sogar 120.000 Lux. Licht ist unglaublich wichtig für unsere Stimmung, die kognitiven Leistungen, die Koordination der Biorhythmen und ganz entscheidend für unsere Vitamin-D-Produktion. Man könnte sich angewöhnen, nach dem Mittagessen einfach immer eine Zehn-Minuten-Runde um den Block zu gehen. Wenn man jetzt nur zwei der bisher genannten Empfehlungen umsetzt, die einem relativ leicht fallen, dann sind sie nach einem Monat eine Routine.
Schulmedizin und Ayurveda: Lässt sich beides vereinbaren?
Was tun Sie, um Stress herunterzufahren?
Bauhofer: Ich meditiere jeden Tag morgens und abends. Ich habe eine große Vorliebe für transzendentale Meditation, über die ich auch meine Doktorarbeit geschrieben habe. Das ist eine einfache Meditationstechnik aus der Yoga-Tradition. Sie ist extrem effektiv, um die Resilienz zu steigern – und gerade heutzutage so wichtig, um mit Stress gut umzugehen.
Neben Ihrer Arztpraxis in München betreiben Sie schon länger einen YouTube-Kanal mit fast einer halben Million Abonnenten. In Ihren Gesundheitsvideos wollen Sie Schulmedizin und ayurvedische Heilkunde verbinden. Lassen sich die beiden Medizinbereiche vereinbaren?
Bauhofer: In den 40 Jahren, in denen ich schon Ayurveda mache, war für mich faszinierend zu beobachten: Die Erkenntnisse unserer modernen Schulmedizin – gerade, was unsere Lebensweise angeht – decken sich im Wesentlichen mit dem, was die ayurvedische Medizin seit Jahrtausenden propagiert. Beides ist überhaupt kein Konflikt, sondern eine wunderbare Ergänzung.
Inwiefern?
Bauhofer: Ayurveda, die „Wissenschaft vom Leben“ und das älteste Medizinsystem der Menschheit, ist eine ganzheitliche, personalisierte Heilkunde. Ihr primärer Fokus liegt zunächst auf der Prävention. Bei der Behandlung von Krankheiten wählt Ayurveda stets eine ganzheitliche Strategie, bei der sich die unterschiedlichen Maßnahmen, wie die Verabreichung von Phytotherapeutika, Ernährung, Tagesablauf, Bewegung, Stressreduktion, entgiftende Verfahren, sowie psychosoziale Faktoren, gegenseitig in ihrer Wirkung unterstützen und verstärken.
Welche Botschaft sollen Besucher auf Ihrem YouTube-Kanal mitnehmen?
Bauhofer: All die genannten Dinge versuche ich auch in unseren Videos zu vermitteln. Alle Empfehlungen sind wissenschaftlich untermauert. Ich möchte dabei niemanden unter Druck setzen. Jeder soll schauen: Was ist für mich überhaupt machbar, was kann ich jetzt zum Positiven ändern? Das kann jeden Tag beginnen, statt im Januar auch gerne in der Jahresmitte. Klar ist aber: Wenn jemand ein Problem hat oder krank ist, muss er zum Arzt. Der YouTube-Kanal soll nicht den Arztbesuch ersetzen.
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