Sydney. Vielen Menschen nehmen mit dem Alter an Gewicht zu. Woran das liegt – und wie bereits einfache Routinen helfen können, verrät ein Experte.

Wer kennt es nicht – vor allem nach den Weihnachtsfeiertagen zeigt die Waage ein oder zwei Kilos mehr an. Das meiste lässt sich mit ein wenig Sport und Achtsamkeit wieder abbauen, doch grundsätzlich neigen Erwachsene dazu, mit zunehmendem Alter stetig Gewicht zuzunehmen. Laut des australischen Mediziners Nick Fuller, Direktor für klinische Studien in der Abteilung für Endokrinologie am RPA Hospital der University of Sydney, nehmen Erwachsene durchschnittlich 0,5 bis ein Kilo pro Jahr zu.

„Auch wenn das jedes Jahr nicht viel zu sein scheint, beläuft es sich über ein Jahrzehnt auf fünf Kilo“, warnte der Experte. Die langsame, aber stetige Gewichtszunahme sei zudem der Grund, warum viele von uns die zusätzlichen Kilos erst in den Fünfzigern wahrnehmen würden.

Zur Gewichtszunahme kommt es laut Fuller durch subtile Veränderungen des Lebensstils im Laufe unseres Lebens sowie durch altersbedingte biologische Veränderungen. So nimmt das Aktivitätsniveau vieler Menschen mit dem zunehmenden Alter ab. „Längere Arbeitszeiten und familiäre Verpflichtungen können dazu führen, dass wir mehr sitzen und weniger Zeit für Bewegung haben, was bedeutet, dass wir weniger Kalorien verbrennen“, so Fuller.

Gewichtszunahme im Alter: Das sind die Risikofaktoren

Werde es in der Arbeit oder in der Familie hektisch, so würden einige zu Fertiggerichten und Fastfood greifen, erklärt der Arzt. Diese verarbeiteten Lebensmittel stecken jedoch voller Zucker, Salz und ungesunden Fetten. Nimmt der Stress zu – egal ob finanzieller, beziehungs- oder arbeitsbedingter Stress – so erhöht dies die Cortisolproduktion unseres Körpers. Dies löst Heißhungerattacken aus und fördert die Fettspeicherung.

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Gerade in stressigen Zeiten greifen wir gerne zu Fertiggerichte und Fastfood – diese sorgen durch ihren hohen Anteil an Zucker, Salz und ungesunden Fetten für eine schnellere Gewichtszunahme. © iStock | Liudmila Chernetska

Zudem schlafen viele mit zunehmendem Alter weniger. Nicht genug Schlaf bringe den Energiehaushalt unseres Körpers durcheinander, was wiederum unser Hungergefühl verstärke, oft Heißhunger auslöse und unsere Energie verringere, so der australische Mediziner. Gleichzeitig verlangsamt sich der Stoffwechsel: „Etwa im Alter von 40 Jahren nimmt unsere Muskelmasse auf natürliche Weise ab und unser Körperfett beginnt zuzunehmen“, schrieb Fuller. Muskelmasse bestimmt jedoch unseren Stoffwechsel. „Wenn also unsere Muskelmasse abnimmt, beginnt unser Körper, im Ruhezustand weniger Kalorien zu verbrennen.“

Arzt verrät, wann Gewichtszunahme gefährlich wird

Laut Fuller ist es aus zwei Gründen wichtig, eine Gewichtszunahme zu verhindern: Zum einen würden zusätzliche Kilos den Sollwert unseres Körpers zurücksetzen. Der Australier führt hierfür die sogenannte Set-Point-Theorie an, die besagt, dass jeder von uns ein vorgegebenes Gewicht, einen „Set-Point“ hat. Unser Körper arbeite daran, unser Gewicht in der Nähe dieses Sollwerts zu halten, indem er unsere biologischen Systeme anpasst, um zu regulieren, wie viel wir essen, wie wir Fett speichern und Energie verbrauchen.

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„Wenn wir an Gewicht zunehmen, wird unser Sollwert auf das neue, höhere Gewicht zurückgesetzt“, erklärte der Mediziner. Der Körper passt sich an – er „schützt“ von nun an das neue Gewicht, was es wiederum schwierig macht, extra Kilos wieder zu verlieren.

Zum anderen kann Gewichtszunahme letztendlich zu Fettleibigkeit und damit zu Gesundheitsproblemen führen, wie beispielsweise Herzerkrankungen, Schlaganfälle, Typ-2-Diabetes, Osteoporose und verschiedene Arten von Krebs – darunter Brust-, Darm-, Speiseröhren-, Nieren-, Gallenblasen-, Gebärmutter-, Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs.

Wie halte ich mein Gewicht? Experte gibt Tipps

Fuller empfiehlt deswegen verschiedene praktische Schritte, um einer Gewichtszunahme vorzubeugen. Dazu gehört, den Großteil der Nahrung früher am Tag zu sich zu nehmen und die Größe der Mahlzeiten stetig zu reduzieren, um sicherzustellen, dass das Abendessen die kleinste Mahlzeit ist. „Wir verbrennen die Kalorien einer Mahlzeit morgens 2,5-mal effizienter als abends“, so der Mediziner.

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Erwachsene neigen dazu, mit dem Alter an Gewicht zuzunehmen – etwa ein halbes bis ein Kilo pro Jahr. © iStock | Denis Novikov

Daher sei es gut für das Gewichtsmanagement, den Schwerpunkt auf das Frühstück statt auf das Abendessen zu legen. Sein zweiter Tipp ist, mit Stäbchen, einem Teelöffel oder einer Austerngabel zu essen. All das fördere das langsamere Essen und gebe dem Gehirn Zeit, die Signale des Magens zu erkennen.

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Weiter empfiehlt Fuller, „den vollen Regenbogen“ zu essen. „Füllen Sie Ihren Teller zunächst mit Gemüse und Obst in verschiedenen Farben, um eine ballaststoff- und nährstoffreiche Ernährung zu unterstützen, die dafür sorgt, dass Sie sich satt und zufrieden fühlen“, erklärte der Experte. Bei der Auswahl der Nahrungsmittel gelte: „Greifen Sie zuerst nach der Natur“ – frisches Gemüse, Obst, Honig, Nüsse und Samen. Außerdem helfe es, in Bewegung zu bleiben.

„Suchen Sie nach Möglichkeiten, gelegentliche Aktivitäten in Ihren Alltag zu integrieren – zum Beispiel die Treppe statt des Aufzugs zu nehmen“, empfiehlt Fuller. Zudem sei es wichtig, jede Nacht mindestens sieben Stunden ununterbrochen zu schlafen. Dabei helfe, ein oder zwei Stunden vor dem Schlafengehen auf Bildschirme zu verzichten. Und um der schleichenden Gewichtszunahme möglichst schnell auf die Schliche zu kommen, empfiehlt der Australier, sich einmal pro Woche zu wiegen – idealerweise am selben Tag, zur selben Zeit und in derselben Umgebung.