Berlin. Kopf-, Menstruations- oder Muskelschmerzen – rezeptfreie Schmerzmittel können schnell helfen. Ab wann die Einnahme gefährlich wird.

Der Schädel brummt, der Rücken zwickt – wenn es irgendwo weh tut, greifen viele Menschen zu Schmerzmitteln. Schätzungen zufolge nehmen in Deutschland 1,9 Millionen Menschen täglich Schmerzmittel ein. Besonders Paracetamol und Ibuprofen sind billig und überall verfügbar: Für rund zwei bis fünf Euro kriegt man eine Packung niedrig dosiert auch ohne Rezept in der Apotheke.

Paracetamol senkt leichte Schmerzen und Fieber. Ibuprofen wirkt gegen Kopf-, Zahn-, Gelenk- oder Regelschmerzen. Im Gegensatz zu Paracetamol hat Ibuprofen eine entzündungshemmende Wirkung. Doch die Medikamente können auch zu schweren Nebenwirkungen führen. Wie regelmäßig darf man die Tabletten nehmen? Welche Vor- und Nachteile hat es, die Wirkstoffe zu kombinieren? Winfried Meißner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Jena und Schmerztherapeut, hat die wichtigsten Antworten.

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Paracetamol und Ibuprofen: Das sind Risiken bei der Einnahme

In der Apotheke bekommt man Ibuprofen ohne Rezept dosiert bis zu 400 Milligramm pro Tablette. Für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren gilt: nicht mehr als eine Tablette Ibuprofen mit 400 Milligramm alle acht Stunden. Bei Paracetamol liegt die tägliche Höchstdosis bei 4000 Milligramm täglich – pro Einnahme sind 1000 Milligramm erlaubt. Ärztinnen und Ärzte empfehlen, die schmerzlindernden Mittel ohne ärztliche Rücksprache nicht länger als drei Tage hintereinander zu schlucken.

Medikamente
Paracetamol darf höher dosiert eingenommen werden als Ibuprofen. © picture alliance / M.i.S.-Sportpressefoto | MiS

„Jemand, der jung und fit ist, kann Schmerzmittel vom Typ der Entzündungshemmer ohne größere Bedenken bei akuten Schmerzen für einen gewissen Zeitraum einnehmen“, sagt Meißner. Bei Menschen mit Vorerkrankungen, vor allem im Bereich des Magens, Darms, Herz-Kreislauf-Systems, der Leber oder den Nieren sehe das anders aus. „Bei Vorerkrankten können schon nach kurzer Einnahmezeit ernste Probleme wie Magengeschwüre, Blutungen oder sogar ein Magendurchbruch auftreten“, warnt der Experte. Bei einem Magendurchbruch öffnet sich die Magenwand. Besonders ältere Menschen ab 65 Jahren oder jene, die noch andere Medikamente nehmen, seien stärker gefährdet, durch die Schmerzmittel Nebenwirkungen zu bekommen.

Paracetamol ist Meißner zufolge ein schwach wirksames Schmerzmittel und gut verträglich, wenn man es richtig dosiert. Bei einer Überdosierung drohe ein Leberversagen. Erst kürzlich entdeckten Forscher eine weitere Nebenwirkung: die metabolische Azidose, eine Stoffwechselstörung, bei der der Körper übersäuert.

Arzt über Schmerzmittel: „Können einen Teufelskreis auslösen“

Doch was tun, wenn man jeden Monat Schmerzen hat? Meißner erklärt: „Wer über die empfohlene Einnahmedauer hinweg regelmäßig Schmerzmittel nimmt, riskiert, unabhängig vom Alter, seine Organe zu schädigen.“ Einmal im Monat für zum Beispiel drei Tage rezeptfreie Schmerztabletten einzunehmen, sei für die meisten Patienten noch ohne Folgen. Je häufiger und länger man das jedoch mache, desto höher werde auch das Risiko für Nebenwirkungen.

Winfried Meißner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Jena und Schmerztherapeut
Chefarzt Winfried Meißner aus Jena warnt davor, Schmerzmittel über lange Zeiträume regelmäßig einzunehmen. © Universitätsklinikum Jena | UKJ, Michael Szabo

Aus diesem Grund solle man vor allem bei einer vorbeugenden Einnahme vorsichtig sein. „Ich rate dazu, nicht bei jedem kleinen Schmerz sofort zur Tablette zu greifen“, so der Chefarzt. Insbesondere bei Kopfschmerzen gibt es damit ein Problem: „Die Mittel können einen Teufelskreis auslösen – bei häufigem Gebrauch gewöhnt sich der Körper daran, und Kopfschmerzen treten erst recht auf, wenn das Medikament fehlt.“ Das führe oft dazu, dass Patienten die Dosis immer weiter erhöhen, was aber die Ursache nicht löse. Bei anderen chronischen Schmerzen, wie Menstruationsbeschwerden, sei dieser Effekt bisher nicht nachgewiesen, aber auch nicht auszuschließen.

Der Schmerztherapeut rät, immer bei der möglichst geringsten Wirkstoffmenge zu bleiben, um die Organe nicht unnötig zu belasten. „Wenn der Schmerz nicht weggeht, ist das natürlich kontraproduktiv, dann muss man die Dosierung anpassen.“

Kombination von Paracetamol und Ibuprofen gefährlich?

In der Apotheke gibt es mittlerweile auch Präparate, die Paracetamol und Ibuprofen miteinander kombinieren. Das könne durchaus sinnvoll sein, lautet Meißners Einschätzung: „Studien zeigen, dass die Kombination beider Substanzen einen guten Effekt hat und stärker und länger gegen Schmerzen wirkt als die Einzelsubstanzen.“

Das Mittel hat richtig dosiert einen weiteren Vorteil: Durch die Kombination könne man geringere Dosen der einzelnen Wirkstoffe verwenden, was die Nebenwirkungen auf die verschiedenen Organe verteile und das Risiko für Nebenwirkungen insgesamt senke. „Paracetamol betrifft vor allem die Leber, Ibuprofen sorgt eher für Probleme bei Herz, Kreislauf, Niere und Magen“, sagt der Experte.

Schmerztabletten
Umso häufiger man die Schmerzmittel regelmäßig einnimmt, umso größer wird Risiko für mögliche Nebenwirkungen. © picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Bevor man aber zu den Kombi-Produkten greift, empfiehlt der Schmerztherapeut, unbedingt mit einem einzelnen Wirkstoff zu beginnen. Er sagt: „Wenn Paracetamol bereits ausreichend wirkt, würde ich nicht Ibuprofen dazu einnehmen.“ Paracetamol wirke zwar schwächer, habe aber auch weniger Nebenwirkungen. Außerdem wisse man bei der Kombination nicht, von welchem Wirkstoff mögliche Nebenwirkungen kommen. „Erst wenn ich sicher bin, dass ich beide Mittel gut vertrage, kann ich sie zusammen einnehmen“, fasst Meißner zusammen.

Anstatt Ibuprofen und Co: Experte rät zu alternativen Methoden

Wenn der Bauch, der Kopf oder der Rücken schmerzt, empfiehlt Meißner, immer zunächst nicht-medikamentöse Methoden auszuprobieren. Der Experte nennt drei Verfahren für zu Hause:

  • Äußere Anwendung: Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen auf die Schläfen auftragen und einmassieren
  • Wärme/Kälte: Kühlung bei Schwellungen, Wärme bei Bauchschmerzen
  • Elektrische Nervenstimulationsgeräte: Wirksam bei Kopf- oder Muskelschmerzen

Die Nervenstimulationsgeräte gibt es bereits für 50 bis 60 Euro bei Discountern wie Lidl oder Aldi. Solche Methoden seien nicht nur schonender, sondern oftmals genauso wirksam: „Es gibt gute Studien dazu, die zeigen, dass die Geräte einen ähnlichen Effekt wie eine Tablette Ibuprofen oder Paracetamol haben können“, sagt Meißner.