Berlin. Privatdetektive ermitteln häufig beim Verdacht auf Untreue. Wie gehen sie vor und warum gehen Männer meist schlechter fremd als Frauen?
Fast jeder dritte Deutsche ist laut einer ElitePartner-Studie aus dem Jahr 2020 schon einmal fremdgegangen. Doch was tun, wenn man an der Treue des Partners zweifelt? Eine Möglichkeit, um endlich Gewissheit zu erhalten: einen Privatdetektiv einschalten, der den Partner überwacht. Was zunächst nach einem Filmklischee klingt, ist Arbeitsalltag vieler deutscher Detekteien.
Das Unternehmen von Marcus Lentz hat allein im Jahr 2023 bundesweit in 907 Fällen wegen Untreue ermittelt. Er ist geprüfter Privatermittler und geschäftsführender Gesellschafter einer Detektei mit Sitz in Frankfurt und Berlin. Er kennt sich aus mit Fremdgehern aller Altersklassen: „Die jüngste Person, die sich als untreu herausstellte, war Anfang 20, die älteste jenseits der 80“, berichtet Lentz über seine Erfahrung.
Detektiv übers Fremdgehen: „Frauen gehen abgeklärt und kühl vor“
Die größten Unterschiede sieht Lentz beim Geschlecht: „Frauen stellen sich beim Fremdgehen relativ clever an und gehen abgeklärt und kühl vor. Sie besorgen sich ein Alibi bei den Eltern oder der besten Freundin, fahren mit der Bahn zum Geliebten und wenn der Partner den Standort des Handys sehen kann, lassen sie es an einem unverdächtigen Ort liegen.“ Männer hingegen sind laut Lentz „bequemer“: „Die fahren mit dem Auto direkt vor das Hotel, wo sie ihre Affäre treffen, und parken auch dort.“
Der Privatermittler berichtet, wie er und seine Kollegen vorgehen, um auch clevere Fremdgeher zu überführen: „Im öffentlichen Raum können wir sehr gut observieren. In das Hotelzimmer kommen wir während des Treffens mit der Geliebten natürlich nicht rein. Aber dann können wir zumindest im Nachgang noch dokumentieren, dass das Bett zerwühlt ist, und finden eventuell ein gebrauchtes Kondom im Müll. Und im Regelfall kann man beim Hotelpersonal für ein kleines Handgeld Informationen erfragen.“
Privatermittler: Bei dieser Frage irren sich unsere Auftraggeber meistens
Doch auch Lentz kennt bei den Ermittlungen Grenzen: „Der Intimbereich unserer Zielperson ist für uns tabu“, betont er. Dennoch ist sein Ziel natürlich, den Verdacht seiner Auftraggeber zu überprüfen: „Wir sind keine moralische Instanz. Wir arbeiten ergebnisoffen, wertneutral und emotionsfrei. Der Kunde kriegt die Fakten. Ob diese ihm gefallen, ist eine ganz andere Frage.“
In jedem Fall muss der Kunde die Kosten tragen. Ein Observationstag kostet meist zwischen 2000 Euro und 2500 Euro. Im Durchschnitt ermitteln Lentz und seine Kollegen eine Woche. Allerdings gibt es auch Ausreißer, in wenigen Fällen beschatten die Detektive die potenziellen Fremdgänger bis zu acht Wochen lang, für den misstrauischen Partner eine teure Angelegenheit. Mitunter würde dann auch mal ein mittlerer sechsstelliger Betrag fällig.
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Am Ende können die Privatermittler nach eigenen Angaben in etwa 75 Prozent der Fälle nachweisen, dass tatsächlich Untreue vorliegt. „Allerdings irren unsere Auftraggeber in 80 Prozent der Fälle, was den vermuteten Fremdgeh-Partner angeht“, berichtet Lentz.
Gelegentlich gibt es auch Geschichten mit einem besonders unerwarteten Ende. So berichtet Lentz von einem Fall, bei dem eine Dame Mitte 70 die Ermittler auf ihren 80-jährigen Ehemann ansetzte. Der Grund für die vermutete Untreue: Der Mann roch regelmäßig nach Frauenparfüm. Tatsächlich fanden Lentz und seine Kollegen nach gründlicher Observation die Erklärung: Um seine Gattin zum 35. Hochzeitstag zu überraschen, wollte der 80-Jährige ihr einen lang gehegten Wunsch erfüllen und nahm heimlich Tanzstunden. Der Geruch stammte von der jungen Tanzlehrerin, der Kontakt spielte sich alleine auf der Tanzfläche ab.
Das sagt ein Beziehungsexperte zum Einsatz von Privatdetektiven
Unabhängig vom Ergebnis der Ermittlungen stellt sich jedoch eine wichtige Frage: Ist ein Detektiv wirklich der richtige Weg, wenn es Zweifel an der Treue des Partners gibt? Psychologe Wieland Stolzenburg rät im ersten Schritt, in einen offenen Austausch mit dem Partner zu gehen. „Nicht mit Vorwürfen oder Anklagen, sondern aus einer Position des Fragens und der Bitte, die Wahrheit zu erfahren“, so der Paartherapeut. Dann gehe es darum, die Antworten und Reaktionen des Partners zu beobachten.
Meist sei aber schon der Verdacht auf Untreue ein Hinweis, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt. „Wenn man sich geliebt, gesehen und verstanden fühlt, dann kommt man ja nicht auf die Idee, dass der Partner fremdgeht, außer man findet einen konkreten Hinweis darauf“, erklärt Stolzenburg. Beim Hinzuziehen eines Detektivs sieht der Experte mögliche Fallstricke.
Beziehungsexperte erklärt: Was, wenn sich der Verdacht auf Untreue nicht bestätigt?
Diese unterscheiden sich, je nach Ermittlungsergebnis. Bestätigt sich der Verdacht nicht, ist das für Stolzenburg ein Zeichen für Vertrauensprobleme bei der Person, die den Detektiv angeheuert hat: „In meinen Augen sollte sich derjenige mit sich und diesem Vertrauensthema, der Eifersucht oder inneren Unsicherheit auseinandersetzen“, rät Stolzenburg. Der eigene Partner sei für diese Auseinandersetzung nicht zwingend notwendig, „denn dieses Vertrauen oder Misstrauen steckt ja in einem selbst und hat meist mit der eigenen Lebensgeschichte zu tun“.
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Liefert der Detektiv tatsächlich Beweise für die Untreue des Partners, kann der Fremdgeher versuchen, den Spieß umzudrehen. „Es gibt dann zwei Vertrauensbrüche: die Affäre und das heimliche Überwachen. Das kann der Fremdgänger nutzen, um von seiner Verantwortung abzulenken. Und das kann dann die Beziehung noch mehr erschüttern und das Ganze noch schwieriger für den Heilungs- und Lösungsprozess gestalten“, so Psychologe Stolzenburg.
Paartherapeut Stolzenburg: So geht es nach einer Affäre weiter
Die Beziehung nach einem solchen Vertrauensbruch zu retten, ist in jedem Fall keine leichte Aufgabe. „Derjenige, der fremdgegangen ist, muss bereit sein, die volle Verantwortung für die Affäre zu übernehmen“, stellt Stolzenburg klar. „Er muss diese Verantwortung übernehmen und alles dafür tun, damit der Partner wieder vertrauen kann.“ Aber auch der Betrogene habe eine sehr schwere Aufgabe: „Er muss dem Partner einen Vertrauensvorschuss geben.“ Nach einer Affäre wieder zusammenzufinden sei schwer und langwierig und setze die Bereitschaft beider Partner voraus. Doch auch diese Bereitschaft „bedeutet nicht automatisch, dass die Wunden geheilt und die Beziehung gerettet werden kann.“
Für den Fall, dass es am Ende aufgrund der Affäre zu einer Trennung kommt, hat der Beziehungsexperte ebenfalls Tipps: „Wenn wir betrogen wurden, sind wir verständlicherweise wütend, enttäuscht und traurig. Diese Gefühle sollten wir zulassen. Das unterstützt uns bei der Heilung und dem Loslassen mehr, als die Gefühle zu unterdrücken.“ Auch ein Coaching oder eine Therapie könnten helfen, Unterstützung bei der Verarbeitung zu erhalten.