Essen. Die Kirchenaustritte häufen sich sowohl in evangelischen, als auch katholischen Gemeinden. Aktuelle Zahlen bestätigen den Trend.
- Kirchenaustritte in NRW: In den letzten Jahren verzeichnen Gemeinden immer weniger Mitglieder.
- Besonders in Köln ist die Zahl der Kirchenaustritte hoch.
- Aktuelle Zahlen zeigen: Der Trend hält an.
- Warum treten Menschen aus? Wie funktioniert der Kirchenaustritt eigentlich?
- Alle Infos rund um den Kirchenaustritt in NRW lesen Sie hier.
Kirchenaustritte in NRW klettern auf ein Rekord-Niveau – sowohl in evangelischen als auch katholischen Gemeinden. Gerade in der Diözese Köln steigen die Zahlen extrem an. Wann es zu Austritten gekommen ist, aus welchen Gründen und wo in NRW, und wie es aktuell aussieht - wir zeigen es.
Wir erklären außerdem, wie Sie selbst möglichst unkompliziert austreten können. Schritt für Schritt zeigen wir, was Sie tun müssen und was nicht.
Kirchenaustritte in NRW: Zahl steigt deutlich
Vom Mitgliederschwund sind sowohl die Protestanten als auch die Katholiken betroffen. Zusammengerechnet haben über 1.580.000 Menschen die Kirche seit 2008 verlassen – allein in Nordrhein-Westfalen. Laut EKD und DBK (Evangelische Kirche in Deutschland und Deutsche Bischofskonferenz) lebten damals rund fünf Millionen Protestanten und 7,5 Millionen Katholiken in NRW. Ende 2023 waren es noch 3,9 Millionen beziehungsweise 6,1 Millionen. Ihr Anteil in der Bevölkerung sank damit von 70 auf 55 Prozent.
Mitgliederzahlen: Verlust durch verstorbene Gläubige konstant
Die verstorbenen Kirchenmitglieder sind in dieser Rechnung noch gar nicht einbezogen. Seit über zehn Jahren pendeln die katholischen Beerdigungen zwischen 240.000 und 250.000 pro Jahr. Während die Kirche also durch Austritte und weniger Nachwuchs schrumpft, bleibt die Zahl der Sterbefälle stabil. Verhältnismäßig nimmt die Zahl der katholischen Sterbefälle in den Gemeinden so zu. Dass die katholischen Bestattungen trotz alternder Gesellschaft nicht mehr werden, ist ein weiteres Indiz für den Mitgliederschwund.
Kirchenaustritte in NRW: Auch 2024 bleibt das Niveau hoch
Die Zahl der Kirchenaustritte 2024 bleibt hoch. Allerdings zeichnet sich kein Anstieg ab - im Gegenteil. Laut einer Stichproben-Umfrage der dpa betrugt 2024 die Zahl der Austritte in Köln 10.965 (Stand 12. November 2024). Vergangenes Jahr waren es dagegen 14.665. Düsseldorf verzeichnete bis zum 11. November 4834 Austritte, gegen 8873 Austritte im Vorjahr. Auch in allen anderen befragten Kommunen hielt sich die Zahl der Austritte unterhalb des Vorjahresniveaus.
Obwohl diese Zahlen weiterhin sehr hoch sind, zeichnet sich auch ein Trend der leichten Entspannung ab. Wie das NRW-Justizministerium laut dpa erklärte, kehrten 197.012 Menschen im Jahr 2023 der Kirche den Rücken. 2022 waren es dagegen noch 223.509 Austritte gewesen.
Kirchenaustritt: Das sind die Gründe
Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD (SI) hat in einer bundesweiten Repräsentativbefragung Gründe für Austritte aus der evangelischen und katholischen Kirche seit 2018 untersucht. Je älter die Befragten waren, desto mehr nannten sie einen oder mehrere konkrete Anlässe für ihren Austritt. Jüngere, ehemalige Kirchenmitglieder hatten sich meist schon länger entschieden.
Insgesamt zeigt sich, dass die meisten keine konkreten Gründe für einen Austritt haben. Dem Großteil fehlt der persönliche Bezug zum Glauben und der Kirche, was sich oft schon in der Kindheit durch das Elternhaus entwickelt.
Katholische Kirche: Das sind die Gründe für einen Kirchenaustritt
79 Prozent der ehemaligen Katholiken, die einen bestimmten Anlass für den Austritt sahen, nannten die Kindesmissbrauchsskandale. Für 63 Prozent war die Ablehnung Homosexueller in der Kirche inakzeptabel. 61 Prozent gaben die Verschwendung finanzieller Mittel an, 45 Prozent hatten sich über kirchliche Stellungnahmen geärgert.
Ein Sechstel war mit dem Umgang der Kirche mit gleichgeschlechtlichen Trauungen unzufrieden, 14 Prozent wollten keine Kirchensteuer mehr zahlen oder ihre Lebenssituation hatte sich verändert. Sonstige Gründe mit weniger als zehn Prozent Zustimmung waren Differenzen in der Kirchengemeinde, Flüchtlingshilfe oder veränderte kirchliche Angebote.
Darum treten Mitglieder aus der evangelischen Kirche aus
Gegen die evangelische Kirche entschieden sich die meisten mit konkreten Gründen ebenfalls wegen Fällen von Kindesmissbrauch (41 Prozent) oder Geldverschwendung (39 Prozent). Am dritthäufigsten nannten Befragte als Grund ihre Wut über öffentliche, kirchliche Aussagen mit 31 Prozent. Etwas mehr als 20 Prozent erklärten den Austritt mit einem Umbruch im eigenen Leben.
Ein Fünftel kritisierte die Ablehnung Homosexueller, 19 Prozent nannten die Unterstützung Geflüchteter als Grund. Jeder Sechste wollte sich die Kirchensteuer sparen und rund 14 Prozent hatten Probleme mit dem Pfarrer oder der Pfarrerin. Sonstige Differenzen in der Kirchengemeinde, die Zulassung gleichgeschlechtlicher Trauungen oder andere kirchliche Angebote waren für weniger als ein Zehntel ausschlaggebend.
Kirchenaustritt in NRW: So läuft ein Austritt ab.
Wie der Kirchenaustritt in NRW abläuft, haben wir Schritt für Schritt aufgelistet:
- Finden Sie heraus, welches Amtsgericht für Sie zuständig ist. Dafür können Sie auf der Website des NRW-Justizministeriums Ihren Wohnort oder Ihre Postleitzahl eingeben und erhalten alle Kontaktdaten des entsprechenden Amtsgerichts.
- Vereinbaren Sie dort einen Termin. Am einfachsten geht das über die Online-Terminbuchung: Dort können Sie unter Dienststelle Ihr Amtsgericht auswählen und als Dienstleistung die Option „Kirchenaustritt“ angeben.
- Für den Termin sollten Sie Folgendes bereithalten: den Personalausweis und die Austrittsgebühr von 30 Euro.
Hinweis zur Gebühr: Sie können die 30 Euro entweder bar an der Zahlstelle im Amtsgericht bezahlen oder eine elektronische Kostenmarke nutzen. Diese können Sie im Justizportal des Bundes und der Länder kaufen und der Behörde den Code als Quittung vorlegen. - Bei dem Termin erklären Sie Ihren Austritt aus der Kirche mündlich: Ein Urkundsbeamter hält das dann schriftlich fest. Sie müssen Ihre Entscheidung nicht begründen.
- Sie erhalten dann eine Bescheinigung über den Austritt und mit Ihrer Erklärung endet Ihre Kirchenmitgliedschaft.
- Das Amtsgericht benachrichtigt die Stadt- oder Gemeindeverwaltung, die daraufhin die Finanzverwaltung informiert. Diese ändert anschließend Ihre persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale. Zum Monatsende läuft Ihre Kirchensteuerpflicht in der Regel aus. Allerdings hängt das auch vom zuständigen Finanzamt ab – teilweise wird die Kirchensteuer weiterhin abgezogen und muss über die Steuererklärung zurückgeholt werden.
Online ist ein Kirchenaustritt nicht möglich. Weil der Schritt so bedeutsam ist, lässt die Gesetzeslage in NRW keinen Online-Antrag zu. Deshalb warnen Gerichte vor Betrug im Internet.
Kirchenaustritt: Bekommt man schnell einen Termin beim Amtsgericht?
Wie lange Sie auf den nächsten freien Termin warten müssen, hängt vom jeweiligen Amtsgericht ab. An manchen Standorten können Sie innerhalb einer Woche Ihren Austritt erklären, an anderen dauert es mitunter sechs Wochen. Am schnellsten sehen Sie den nächsten verfügbaren Termin, wenn Sie auf der Website der Online-Terminbuchung ihr Amtsgericht und das Anliegen Kirchenaustritt auswählen. Ohne weitere Angaben sehen Sie dann ganz einfach den nächsten Termin.
Sollte Ihr Wohnsitz nicht in NRW sein, könnte der Kirchenaustritt bei Ihnen anders ablaufen. Denn die Kirchenaustrittsgesetze sind auf Länderebene geregelt. Jeder, der mindestens 14 Jahre alt und geschäftsfähig ist, kann aus der Kirche austreten. Das gilt bei Minderjährigen auch, wenn der gesetzliche Vertreter dagegen ist.
Hat ein Kirchenaustritt Konsequenzen?
Die katholische Kirche entzieht Ausgetretenen folgende Rechte:
- Empfang der Sakramente (Taufe, Abendmahl, Firmung, Beichte, Ehe, Priesterweihe und Krankensalbung)
- Bekleiden kirchlicher Ämter
- Tauf- oder Firmpatenschaft
- Mitgliedschaft und Wahl pfarrlicher oder diözesaner Räten
- Mitgliedschaft öffentlich-kirchlicher Vereine
Erst seit 2012 bezeichnet die katholische Kirche den Austritt nicht mehr als Exkommunikation oder häretische Positionierung. Christsein ohne Kirchenmitgliedschaft gibt es in ihren Augen nicht. „Katholisch sein ist keine Frage der freien Gefolgschaft“, beschreibt es der Kirchenrechtler Georg Bier gegenüber katholisch.de. „Das kann man nicht nur für sich sein. Es ist auch eine Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, mit Rechten und Pflichten, die daraus entstehen.“
Die evangelische Kirche kann ehemaligen Mitgliedern diese Rechte versagen:
- Empfang der Sakramente (Taufe, Abendmahl)
- Patenschaft
- Kirchliche Trauung
- Kirchliche Beerdigung
- Arbeit bei kirchlichen Trägern
Zudem gilt, dass mindestens ein Elternteil Mitglied der evangelischen Kirche sein muss, um das eigene Kind taufen zu lassen.
Kirchenaustritte in NRW: So ist die Lage in den NRW-Städten
- Essener Ruhrbistum: Noch nie gab es so viele Kirchenaustritte
- Bottrop: Zahl der Kirchenaustritte so hoch wie nie
- Gladbeck: Immer mehr verlassen die Kirchen
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- Duisburg: Immer mehr Austritte: So kämpft der Kirchenkreis
- Bochum: Anzahl der Kirchenaustritte steigt rasant an
- Mülheim: „Im freien Fall“ - Kirchenaustritte verdoppelt
- Gelsenkirchen: Warum so viele aus der Kirche austreten
- Hattingen: Hoher Mitgliederverlust der Kirchen
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- Kreis Kleve: Zahl der Kirchenaustritte stieg um 72 Prozent
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Kann man wieder in die Kirche eintreten?
Wer in die evangelische Kirche (wieder-)eintreten will, sollte sich an die örtliche Gemeinde wenden. Bei Vorgesprächen mit dem Pfarrer oder der Pfarrerin ergeben sich die nächsten Schritte. Neben dem Personalausweis benötigen Sie für den Eintritt gegebenenfalls die Kirchenaustrittsbescheinigung und die Taufurkunde. Der Eintritt in die evangelische Kirche ist kostenlos.
Ähnlich läuft es in der katholischen Kirche ab: Dort kontaktieren Interessenten den zuständigen Pfarrer, um weitere Schritte zu planen. Der Eintritt in die katholische Kirche kostet ebenfalls nichts. (mit dpa)