Essen.. Darf ich einen Stalker öffentlich anprangern, seinen Namen und seinen Wohnort im Internet nennen? Die deutsche Top-Hochspringerin Ariane Friedrich hat eine anzügliche Mail eines Mannes auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Damit hat sie sich keinen Gefallen getan, sagt Medienrechtler Thomas Hoeren.

Der Fall Ariane Friedrich sorgt derzeit für Gesprächsstoff. Die deutsche Hochspringerin hat auf ihrer Seite beim Online-Portal Facebook eine Mail eines Mannes mit geschmacklosem Inhalt veröffentlicht: „Willst du mal einen schönen Schw*** sehen, ...“, habe ihr der Mann geschrieben  und eine Datei angehängt, schreibt Friedrich auf ihrem Profil. Friedrich hat sich gegen den Stalker gewehrt. Allerdings hat sie nicht nur Anzeige bei der Polizei erstattet, sondern auch den Namen sowie Wohnort des Mannes im Internet veröffentlicht.

Die Meinungen auf Facebook und anderen Internet-Plattformen sind gespalten. Viele Nutzer gratulieren der Sportlerin zu ihrem Schritt, nennen den Absender einen „Perversling“, der es nicht anders verdient habe. Andere wiederum fragen sich, ob es nicht ebenso zu verurteilen sei, einen anderen Menschen an den Internet-Pranger zu stellen. Diese Sichtweise erhält jetzt Unterstützung von Expertenseite. „Ariane Friedrich hat sich juristisch nicht korrekt verhalten“, sagt Medienrechtler Prof. Thomas Hoeren von der Universität Münster im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe. Das Bloßstellen des Mannes habe dessen Persönlichkeitsrechte verletzt. „Selbst, wenn er ein Stalker sein sollte, verliert der Mann deswegen nicht automatisch seine Rechte. Die Mail ist wie ein privater Brief zu behandeln. Aus dem darf man auch nicht ungefragt zitieren, egal wessen Inhalts das Schreiben ist.“

„Internet ist kein rechtsfreier Raum“

Eine Ausnahme wäre laut Medienrecht die Wahrnehmung eines berechtigten öffentlichen Interesses, wenn zum Beispiel Journalisten aus einem Mailwechsel von Politikern zitieren. „Das liegt jedoch in diesem Fall nicht vor“, sagt Hoeren. Der Medienrechtler sieht die Möglichkeit einer Klage gegen Ariane Friedrich:„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Ich würde mir an der Stelle des Mannes einen Anwalt suchen und Frau Friedrich auf Schadensersatz und Unterlassung verklagen.“ Dabei kann es um Summen zwischen 3000 und 4000 Euro gehen. Der Eintrag auf Facebook in dem Name und Wohnort genannt sind, sei auf jeden Fall zu löschen.

Hoeren ist der Auffassung, dass Ariane Friedrich die Sorgfaltspflicht verletzt hat, die Nutzer im Internet bei der Veröffentlichung von Beiträgen anwenden müssten. Was das in diesem Fall heißt, wird schnell deutlich: Wer den Namen und den Wohnort des Beschuldigten im Internet sucht, erhält zum Beispiel auf Telefonbuch.de zwei Einträge. Offensichtlich gibt es zumindest zwei Männer, die denselben Namen tragen und in derselben Region leben. Es kann also nicht sicher gesagt werden, wer für die schmutzige Mail in Frage kommt. Und selbst wenn einer der beiden der Absender ist, der andere wird sich in seinem privaten und beruflichen Umfeld einigen sehr unangenehmen Fragen stellen müssen. Theoretisch wäre es sogar möglich, dass ein unbekannter Dritter die Facebook-Seite des Beschuldigten gehackt hat und in dessen Namen die Mail verschickt hat.

Emden und die Facebook-Partys

Die Folgen mangelnder Sorgfaltspflicht haben zuletzt immer wieder für Schlagzeilen gesorgt: Zuletzt vor rund einem Monat, als Nutzer über Facebook dazu aufriefen, den Verdächtigen im Mordfall Lena zu lynchen. Der junge Mann aus Emden hat sich jedoch als unschuldig herausgestellt. Sein Ruf ist dennoch nachhaltig geschädigt.

Eher harmloser sind die sogenannten Facebook-Partys. Hierbei haben Nutzer aus Versehen über Facebook nicht nur ihre Freunde zu einer Privatfeier eingeladen, sondern die Einladung für alle Facebook-Mitglieder öffentlich gemacht. In Hamburg kamen so 1600 Gäste zu der Geburtstagsfeier einer 16-Jährigen. In anderen Fällen wurde das Soziale Netzwerk bewusst als Medium benutzt, um zu privaten oder öffentlichen Feten einzuladen. Nicht selten eskalierten die Partys und die Polizei musste mit einem Großaufgebot für Ruhe sorgen.