Essen. Bei Erkältung schwören viele auf Hausmittel: Hühnersuppe gegen Halskratzen oder Nasenspülungen gegen Schnupfen. Wir erklären, was wirklich hilft.
Die Kollegen schniefen, die Verkäuferin hustet, die Kinder haben Fieber und der eigene Kopf tut auch schon weh: Erkältungen machen die Runde. Heiße Zitrone oder Sauna, frische Luft oder Bettruhe, Hühnersuppe, Whiskey oder Medikamente - wahrscheinlich gibt es bei wenigen Krankheiten so viele (Haus-)Mittel, auf die Menschen schwören, wie bei Erkältungen. Was davon hilft – oder aber schadet - erklärt Professor Stefan Gesenhues, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Uni Duisburg-Essen.
Eine Erkältung ist eine Infektion der oberen Atemwege, in der Regel ausgelöst durch einen Virus. Dabei kommt es meist zu einer Reizung der Schleimhäute, Schnupfen, Halsschmerzen und Husten. Bei Virusinfektionen können nur die Symptome der Krankheit behandelt werden, bei Infektionen mit Bakterien – etwa einer Mandelentzündung – können Ärzte auch Antibiotika verschreiben.
Wenn eine Erkältung ohne Behandlung eine Woche und mit Behandlung sieben Tage dauert, muss man ja nicht zu Arzt gehen - oder?
Das kommt darauf an, wie krank man sich fühlt, sagt Dr. Gesenhues: „Bei ausgeprägtem Krankheitsgefühl sollte man schon vom Arzt untersuchen lassen, ob es sich wirklich nur um eine Erkältung handelt – und nicht vielleicht um eine Lungenentzündung.“ Das Krankheitsgefühl sei selbstverständlich sehr subjektiv, aber zum Beispiel ein gesunder Erwachsener, der ein bisschen Kopf- und Halsschmerzen habe, müsse damit nicht zum Arzt gehen. Risikopatienten mit Vorerkrankungen sollten allerdings auch bei Erkältungen mit starkem Krankheitsgefühl einen Arzt konsultieren.
Haben Erkältungen etwas mit Kälte zu tun?
Sie treten in der kalten Jahreszeit häufiger auf, sagte der Mediziner: Temperaturschwankungen, Luftdruckschwankungen und Unterschiede in der Luftfeuchtigkeit können das Immunsystem beeinträchtigen und Menschen so anfälliger für Infekte machen. Möglicherweise spielt auch Vitamin-D-Mangel eine Rolle, der in der dunklen Jahreszeit vermehrt auftreten kann.
Hilft Schwitzen gegen Erkältungen?
Wissenschaftlich bewiesen sei das nicht, erklärt Stefan Gesenhues – aber schaden kann es auch nicht. Wer sich danach besser fühlt, soll ruhig schwitzen: Wie bei vielen Hausmitteln helfe eben das, was das Wohlbefinden steigere.
Wenn Schwitzen hilft, hilft dann Sport treiben erst recht?
Auf keinen Fall, sagt der Arzt: „Wer einen Infekt hat, soll sich schonen und keinen Sport treiben.“ Die Anstrengung kann das Herz-Kreislauf-System so stark belasten, dass es zu einer Herzmuskelentzündung kommen kann – und in der Folge selbst bei jungen, trainierten Menschen zu Herzrhythmusstörungen und sogar zum Tod. „Deshalb sagen wir auch Sportlern, dass sie während der Infektzeit auf Leistungstraining verzichten sollen.“ Herzmuskelentzündungen könnten auch noch Wochen, nachdem der Infekt abgeklungen ist, auftreten.
Ist denn Spazierengehen erlaubt?
„Spazierengehen ist erlaubt“, sagt Gesenhues, „selbst bei erhöhter Temperatur. Auch Kinder, die leichtes Fieber haben, müssen nicht die ganze Zeit drinnen bleiben.“ Nur wirklich körperlich anstrengen soll sich niemand, der eine Erkältung hat.
Helfen Erkältungstee, Salbeitee und Heiße Zitrone oder heiße Milch mit Honig bei Erkältungen?
Sie können helfen: Salbei habe einen lindernden Effekt etwa bei Halsschmerzen, weiß der Mediziner. Generell sei es gut, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Und auch hier gelte: Gut ist in der Regel, was das Wohlbefinden steigert.
Was ist denn mit Grog, Whiskey oder warmem Bier?
„Alkohol ist bei Erkältungen nicht zu empfehlen“, da ist Dr. Gesenhues rigoros – auch wenn manch einer meint, dass Alkohol das Wohlbefinden steigere. „Alkohol schwächt das Immunsystem“, erklärt der Experte, weil es das Herz-Kreislaufsystem und zentrale Organe belaste und die Schleimhäute angreife.
Viele schwören auf Hühnersuppe als Hausmittel bei Erkältungen. Kann sie helfen?
„Das habe ich noch nicht gehört“, sagt Gesenhues – „aber sie schadet sicher nicht!“
Es kursiert das Gerücht, dass es gefährlich ist, Niesen zu unterdrücken, weil der Druck im Kopf dann so stark sei.
„Gefährlich? Nein. Wenn der Druck zu hoch wäre, ließe sich das Niesen wohl gar nicht unterdrücken“, meint der Arzt. Wer es nicht unterdrückt, sollte allerdings in den Ärmel und nicht in Hand niesen, um die Viren nicht weiterzuverbreiten.
Scharfes Essen tötet die Erkältungskeime ab – stimmt das?
Dazu gebe es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, sagt Gesenhues.
Hilft Inhalieren bei Erkältungen? Und was ist Nasenspülungen mit Salzwasser?
„Beides gut“, findet der Mediziner: Nasenspülungen reinigen die Schleimhäute, der Schleim wird abtransportiert. Und das Inhalieren befeuchtet die Schleimhäute.
Stimmt es, dass Eltern von kleinen Kindern irgendwann immun sind?
Immun vielleicht nicht, aber: „Wer kleine Kinder hat, hat irgendwann deutlich weniger Infekte“, beobachtet der Dr. Gesenhues; das liege daran, dass das Immunsystem besser trainiert sei, weil Kinder so häufig Infekte mit nach Hause bringen. Ein Effekt, den der Arzt auch aus seiner eigenen Praxis kennt: Obwohl er in der kalten Jahreszeit unzählige Patienten mit Infekten untersuche, habe er in 25 Jahren keinen Tag wegen eines Infektes fehlen müssen.
Helfen Erkältungsbäder gegen Erkältungen?
In Erkältungsbädern sind in der Regel ätherische Öle. Die können bei einer Erkältung den Schleim Lösen und damit Symptome lindern, erklärt der Arzt.
Sollte man zur Vorbeugung vor Erkältungen Zink und Eisen in Tablettenform nehmen?
Zink sei gut fürs Immunsystem, Eisen-Therapie ohne Eisen-Mangel bleibe allerdings ohne Wirkung, sagt Stefan Gesenhues. Die besten Mittel zur Vorbeugung seien viel Bewegung, frische Luft, Anwendungen nach Kneipp zur Abhärtung, eine gute Ernährung und nicht zu rauchen. (moi)