Düsseldorf. Corona führt zu erheblichen Problemen im NRW-Bahnverkehr. Doch das ist nicht alleine Grund dafür, dass Bahnfahren derzeit Frust auslöst.
Für Bahnreisende im Nahverkehr sind es gerade schwere Zeiten. Das 9-Euro-Ticket führt, vor allem an Wochenenden, zu zum Teil übervollen Zügen. Doch viel wichtiger ist, dass überhaupt Züge fahren. Und da kommt es derzeit zu erheblichen Zugausfällen nicht nur wegen Baustellen: Grund ist die Corona-Pandemie.
Für die kommenden Tage kündigt etwa die DB Regio NRW auf mehreren Linien Ausfälle an: Die Regionalzuglinie RE 42 (Mönchengladbach-Essen-Haltern/Münster) fährt an diesem Wochenende nur stündlich und nicht halbstündlich, weil Lokführer krank gemeldet sind, sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage. Die Linien RE16 (Essen-Iserlohn/Siegen) fällt am Samstag komplett aus - weil Lokführer krank sind.
Die S-Bahnlinie S6 (Köln-Essen) ist nicht nur durch die RRX-Großbaustelle im Raum Leverkusen in den Ferien unterbrochen. In Köln fallen die 15 Halte zwischen Dellbrück und Worringen bis voraussichtlich 5. August aus. Grund auch hier: zu viele kranke Lokführer. Am Sonntag, 3. Juli, müssen die Züge der S-Bahn-Linien S 6 (Essen-Düsseldorf-Köln) sogar ganztägig ausfallen sowie einige Zugfahrten auf der Linie S 12 (Horrem-Köln-Hennef).
Hoher Krankenstand bei Lokführer nicht nur bei der Deutschen Bahn
Auch andere Bahnunternehmen haben mit einem hohen Krankenstand zu kämpfen, wegen Corona. So räumt die Eurobahn ein, dass Reisende auch in den kommenden Wochen „leider mit einzelnen Zugausfällen rechnen müssen“ - auf allen Linien und auch kurzfristig.
Ob sich die Lage die kommenden Wochen wirklich bessert, ist kaum vorherzusagen, ist bei der Deutschen Bahn zu hören. Das Portal zuginfo.nrw, dass Reisende tunlichst im Blick behalten sollten, weil dort aktuelle Verkehrsmeldungen aller hiesigen Bahnunternehmen angezeigt werden, meldete alleine am Freitag mehrere kurzfristige Zugausfälle bzw. Ausfälle auf Teilstücken - ebenfalls wegen hohen Krankenstands: Auf der Linie S7 (Wuppertal-Remscheid-Solingen) bis 18.30 Uhr, auf der Linie RB46 zwischen 6 und 15 Uhr, auf der Linie RE3 (Düsseldorf-Hamm) über gut zwölf Stunden und auf der Linie RE13 (Hamm-Venlo) für zehn Stunden bis gegen 14 Uhr.
Corona-Ausbruch in Eurobahn-Werkstatt führte zu Wartungsstau bei Zügen
„Ich habe mir nicht vorstellen können, dass ein derartiger Tiefpunkt bei der Qualität im Nahverkehr erreicht werden kann“, sagt Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes ProBahn NRW. Denn Ebbers kritisiert, dass die aktuellen Probleme im Bahnverkehr nicht alleine durch die stark gestiegenen Krankheitsfälle zu erklären sind.
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Es liege zudem nicht alleine an fehlenden Lok-Personal, sagt Ebbers: Jüngst gab es in einer Eurobahn-Werkstatt einen größeren Corona-Ausbruch. Das führt auch dazu, dass Züge falsch zusammengestellt sind oder nur mit einem Zugteil fahren, statt mit zweien, weil es nun einen Wartungsstau gibt.
Zwei Busse und fünf Großtaxis als Ersatz für zehn S-Bahnzüge?
Viel fuße auf Fehlern und mangelnder Organisation, hält Ebbers etwa der DB Regio NRW vor. „Es ist nicht nötig, dass die DB Zuglinien komplett ausfallen lässt“, meint Ebbers. Die Bahn unternehme zu wenig, um einen Notfahrplan mit ausgedünntem Linienangebot einzurichten, der den Reisenden wenigstens Planungssicherheit geben könnte. „Man braucht als Kunde vor einer Bahnfahrt inzwischen einen ‘Plan B bis F’“, bemängelt Ebbers. Reisende müssten sich vorab mit möglichen Umleitungen, Ausfällen und Ersatzverbindungen beschäftigen: Einfach in den Zug steigen und sein Ziel erreichen, sei derzeit oftmals mehr Wunsch als Wirklichkeit, sagt Ebbers.
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Auch beim „Schienenersatzverkehr“ sei das Angebot vielfach zu schlecht, kritisiert der ProBahn-Sprecher: Als vor kurzem die Linie S11 an einem Wochenende wegen zu hohen Krankenstands auf der kompletten Strecke ausfiel, seien von der DB gerade mal zwei Busse und fünf Großraumtaxen als Ersatz organisiert worden, sagt Ebbers - viel zu wenig Platz im Vergleich zu den zehn S-Bahnen, die etwa am betreffenden Sonntag unter normalen Bedingungen mit zwei Zugteilen auf der Strecke gewesen wären.
ProBahn: „Als Bahnreisender kann man derzeit nicht planen“
Aber aus Bahnkreisen ist noch mehr zu hören, das die Probleme zumindest erklären hilft: So habe ein DB-Vertreter im Verkehrsausschuss des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) jüngst davon berichtet, dass unter Mitarbeitenden die Bereitschaft zu Überstunden stark nachgelassen habe. Ein Bahnsprecher verweist auf Nachfrage auf die Arbeitszeitvorschriften - und darauf, dass zu allem Überfluss ja nun Urlaubszeit ist und man Kollegen wohl nur sehr begrenzt wegen der Notlage zwangsweise aus dem Urlaub zurückbeordern würde. Man greife eher auf Personal in Bereitschaft zurück, so es denn da sei, heißt es bei der Bahn.
„Als Fahrgast kann man derzeit nicht planen“, beklagt Lothar Ebbers. Zumal sich Infos zur aktuellen Verkehrslage ob am Bahnhof oder über die Verkehrs-Apps oftmals als falsch herausstellten. Das Unwetter am Donnerstagabend führte etwa zur Sperrung der Strecke zwischen Oberhausen und Emmerich. Laut Anzeige am Bahnhof Oberhausen-Sterkrade aber verkehrte die Linie RE19 am Freitag auf der gesamten Strecke, lasse nur mehrere Bahnhöfe aus. „Da stimmte nicht“, entdeckte Ebbers: Die Linie verkehrte nur zwischen Düsseldorf und Oberhausen und zwischen Emmerich und Arnhem.
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Was kann man als Bahnnutzer tun? Man sollte die einschlägigen Fahrplan-Apps vom jeweiligen Verkehrsverbund (VRS, VRR etc.) oder der Deutschen Bahn (z.B. DB Navigator oder Streckenagent) im Blick behalten und sich vor der geplanten Fahrt informieren, ob es Störungen gibt. Sehr hilfreich ist auch der regelmäßige Blick auf zuginfo.nrw (externer Link). Dort laufen aktuelle Verkehrsmeldungen aller Bahnunternehmen in NRW ein, wo auch Baustellen ein großes Thema sind. Für Bahnreisende derzeit eher ein Bild des Schreckens.