An Rhein und Ruhr. . Die “Steueroase“ Monheim senkt wieder den Hebesatz. Auf NRW-Initiative fordert der Bundesrat ein Gesetz gegen einen Wettlauf um die Steuersätze.

Eine erneute Absenkung der Gewerbesteuer in der Stadt Monheim auf ein extrem niedriges Niveau hat den Streit um Steuergerechtigkeit und Ansiedlungspolitik in NRW weiter verschärft. „Die Schere der Belastung aus der Gewerbesteuer in NRW geht immer weiter auseinander“, beklagt Markus Berkenkopf, Haushaltsexperte des Steuerzahlerbundes NRW, das fortschreitende Auseinderdriften der kommunalen Steuersätze im Land.

Leidtragende der Entwicklung seien besonders die finanzschwachen Kommunen im Ruhrgebiet. Auch Oberhausens Kämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) verurteilte den sich anbahnenden neuen Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze scharf. Oberhausen hat den höchsten Gewerbesteuersatz in NRW.

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Der mit Abstand niedrigste Satz

Das zwischen Köln und Düsseldorf gelegene 43.000-Einwohner-Städtchen Monheim lockt dagegen als „NRW-Steueroase“ seit Jahren immer mehr Firmen an. Der Stadtrat beschloss vor wenigen Tagen eine nochmalige Absenkung des Gewerbesteuersatzes um fünf Punkte. Ab 2017 wird die auf den Gewinn ortsansässiger Unternehmen erhobene Steuer nur noch mit dem Faktor 260 Punkte bemessen – der mit Abstand niedrigste Satz in NRW. Oberhausen, die Stadt mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung Deutschlands, erhebt dagegen 550 Punkte, mehr als das Doppelte.

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Steuertricks der Firmen

Fraglich, ob das mit Monheims Steuersenkungen so weiter geht – und ob andere Städte folgen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) will da reingrätschen. Auf Initiative der Landesregierung hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, ein Gesetz gegen „Steueroasen in Deutschland“ zu schaffen. Firmen sollen veranlasst werden, Gewinne, dort zu versteuern, wo sie erwirtschaftet werden.

Konkret geht es darum, dass das Gesetz verhindern soll, dass Firmen nicht mehr Gewinne in Gemeinden mit niedrigen Gewerbesteuersätzen verschieben, indem sie eine Tochtergesellschaft gründen, der sie Patente, Markenrechte und Lizenzen - also das geistige Eigentum - zu ordnen. Walter-Borjans sieht in dem geforderten Gesetz „einen großen Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit im eigenen Land“.

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Unter dem Druck von Stärkungspakt-Auflagen und Haushaltssanierungen haben auch fast alle anderen Revierkommunen kräftig an der Gewerbesteuerschraube gedreht. Neben Oberhausen zählen Duisburg, Hagen, Witten, Mülheim und Bochum zu den bundesweiten Spitzenreitern bei dieser Steuerart. Die Gewerbesteuer gehört zu den wichtigsten kommunalen Einnahmequellen und kann – als eine der wenigen Abgabenarten – von den Städten im Alleingang festgelegt werden. Wirtschaftsexperten halten die hohen Steuersätze im Revier für einen klaren Standortnachteil gegenüber anderen Regionen.

„Wettbewerb findet in der Region statt“

Monheim sieht sich hingegen nicht im Wettbewerb mit dem Ruhrgebiet, sondern mit Nachbarländern wie den Niederlanden und Österreich, wie Kämmerin Sabine Noll im Gespräch mit dieser Zeitung betonte. Mit der jüngsten Senkung des Hebesatzes habe Monheim die Steuerquote für Unternehmen unter 25 Prozent gedrückt, was in besagten Ländern normal sei. Die Stadt sei keine Steueroase, sondern bleibe international im Mittelfeld, betonte Noll.

Ihr Oberhausener Amtskollege hält das Argument mit dem internationalen Wettbewerb dagegen für „an den Haaren herbeigezogen“. „Der Wettbewerb findet in der Region statt, und wir können da nicht mitgehen, selbst wenn wir wollten“, sagte Tsalastras. Tatsächlich hatte Monheim mit seinem niedrigen Gewerbesteuersatz unlängst die Zentrale des Oberhausener Chemieunternehmens Oxea zu sich an den Rhein gelockt.

Bernd Jürgen Schneider, der Hauptgeschäftsführer des nordrhein-westfälischen Städte -und Gemeindebundes, fordert angesichts der Entwicklung einen vom Bund finanzierten „Stärkungspakt NRW“, um insbesondere die finanzschwachen Städte an Rhein und Ruhr wieder attraktiver für Unternehmen zu machen. Derzeit befänden diese sich in einem „Teufelskreis“, sagte Schneider der NRZ. Sie seien gezwungen, die Gewerbesteuer zu erhöhen, verlören dadurch Unternehmen und damit auch Gewerbesteuereinnahmen. Zudem „müssen Bund und Land endlich begreifen, dass derjenige, der die Musik bestellt, sie auch bezahlen muss“, sagte Schneider mit Blick auf das jüngst beschlossene Bundesteilhabegesetz, das den Kommunen neue Belastungen aufbürde.