Hagen/Hamburg. Den Wunschstudienplatz nicht bekommen? Betroffene Schulabgänger können gegen die Ablehnung durch die Hochschule klagen. Viele Anwälte haben sich auf diese Verfahren spezialisiert und werben zur Zeit verstärkt um Mandanten. Doch Vorsicht: Solch ein Verfahren kann teuer werden.

„Lesen Sie unsere kostenfreie Infobroschüre. Sie erfahren, wie die Studienplatzklage funktioniert, was uns auszeichnet, wie wir unsere Strategie ,Optimal klagen + Kosten begrenzen’ verfolgen, welche Chancen eine Studienplatzklage in den jeweiligen Studiengängen bietet und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen.“

So oder ganz ähnlich ködern Rechtsanwaltskanzleien in diesen Tagen wieder intensiv ihre potenziellen Kunden. Am kommenden Sonntag, 15. Juli, laufen die Bewerbungsfristen für die Erstsemester an den Hochschulen u. a. für Medizin und Psychologie aus. Erfolgt eine Ablehnung, besteht das Rechtsmittel der Klage dagegen. Es geht aber auch anders und früher, wenn sich nämlich ein Jurist mit der Anzahl jener Studienplätze beschäftigt, die gar nicht erst ins Bewerbungssystem eingerechnet worden sind.

Einspruchsfristen laufen teilweise zum Wochenende aus

In einigen Bundesländern laufen die Fristen für einen derartigen Einspruch auch an diesem Wochenende aus. Auf speziellen Info-Blättern, mit kostenlosen Broschüren und übersichtlich gestalteten Formularen, bieten diverse Kanzleien überall im Bundesgebiet ihre Hilfe an - und lassen sich natürlich dafür auch ordentlich bezahlen. Bei einigen Ankreuzseiten ist bereits der Vermerk „Rechtschutzversicherung vorhanden“ extra aufgeführt.

Die Hamburger Kanzlei Naumann zu Grünberg hat in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben gut 8000 Studienplatzklagen vertreten. Dirk Naumann zu Grünberg verweist im Gespräch mit unserer Zeitung darauf, dass allerdings seit zwei bis drei Jahren die meisten Rechtschutzversicherungen die Studienplatzklage aus ihrem Erstattungskatalog herausgenommen haben: „Sollten Sie eine bereits länger laufende Versicherung haben, dann bloß keinen neuen Vertrag abschließen“, rät der Hamburger Jurist allen Studenten-Eltern, die vielleicht in der Zukunft eine Klage für die akademisch orientierten Sprösslinge in Erwägung ziehen.

Schulabgänger sollten sich vor einer Klage gründlich informieren

Bis zu 20 000 Euro kann ein solcher Gang vor Gericht kosten, denn es werden mitunter gegen zehn Universitäten parallel juristisch in die Mangel genommen. In den Fächern Psychologie, Jura oder Lehramt liege die Erfolgsquote praktisch bei 100 Prozent; in Medizin sei sie dagegen geringer, aber immer noch bei etwa 80 bis 90 Prozent, so Dirk Naumann zu Grünberg über die Erfolgszahlen seiner Kanzlei: „Man sollte sich aber erst einmal bei einem sachkundigen Juristen informieren. Und keine Angst: Der erste Handschlag kostet nichts.“

Größere und entsprechend erfahrene Juristen-Büros betreuen pro Jahr mehrere hundert Verfahren in den Bereichen des Numerus Clausus aber eben auch hinsichtlich nicht ausgelasteter Studienplatzkapazitäten direkt an den jeweiligen Hochschulen. In Widerspruchs und Eilverfahren werden dann juristische Möglichkeiten ausgelotet, die abseits von der Abiturnote und der bereits erfolgten Wartezeit den Weg zum gewünschten Studium erfolgreich ebnen sollen.

Hochschulen werden zwei Mal im Jahr von Klagewelle überrollt

Selbstbewusstes Auftreten gegenüber den Mandanten wie auch den Klage-Gegnern gehört dabei zum Klappern des anwaltlichen Handwerks: „Als Repetitoren, die zugleich in der Juristenausbildung tätig sind, wissen wir, wie mit den Verwaltungen der Universitäten umzugehen ist“, heißt es dann schon einmal ganz unverhohlen in einem werbenden Internet-Auftritt.

Während also zweimal pro Jahr eine regelrechte Klagewelle über die deutsche Hochschulen hinwegrollt, macht sich derweil der Präsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, für grundsätzlich neue Hochschulzugangsbedingungen stark.

HRK-Präsident hält Abiturienten für schlecht ausgebildet

„Das Abitur ist inzwischen nur noch eine notwendige Voraussetzung für ein Studium, aber nicht mehr eine hinreichende“, erklärte er kürzlich dem Magazin Focus in einem Interview. Hippler plädiert für zusätzliche Tests sowie Probe- oder Vorsemester. Auch ein „Orientierungsjahr“ hält der HRK-Präsident durchaus für denkbar.

Auch interessant

Vielen Abiturienten mangele es heute einfach an „notwendigen Grundkenntnissen“, um ein sinnvolles und erfolgsversprechendes Studium zu beginnen, beklagt Prof. Hippler. Vor diesem Hintergrund kritisiert er auch die Bachelor-Ausbildung, deren Anforderungen die Universitäten mehr und mehr zu einer Art Berufsschule haben werden lassen, ohne dabei jedoch der eigentlich angestrebten Praxisorientierung wirklich gerecht zu werden. Hippler: „An einigen kann man einen Bachelor in Surf Management machen - das qualifiziert die Absolventen, einen Laden für Surfzubehör zu eröffnen oder eine Surfschule zu leiten“, ätzt der ranghohe Akademiker gegen die Auswüchse einer gewissen Beliebigkeit und universitären Unterforderung.