Düsseldorf. . Lehrer bevorzugen Kinder von Akademikern. Experten fordern Lese- und Rechentests in der vierten Klasse, um mehr Fairness zu erreichen.

Eine Studie der TU Dortmund weckt Zweifel an der Qualität der Übergangsempfehlungen von der Grundschule in weiterführende Schulen. Nicht selten bekommen Viertklässler, die ein Gymnasium besuchen könnten, nur eine Realschul- oder eine Hauptschulempfehlung, so die Forscher.

Außerdem besuchten Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern viel seltener das Gymnasium als Kinder aus Akademikerfamilien. Dies sei selbst bei gleichen Kompetenzen und vergleichbaren Noten der Fall, kritisierte Studienleiterin Prof. Ricarda Steinmayr.

Zu viel Potenzial bleibt auf der Strecke

Die Experten fordern daher landesweite Lese- und Mathe-Kompetenztests zu Beginn der 4. Klasse, um mehr „Fairness“ in die Empfehlungen zu bringen. Die Tests sollen die Empfehlungen nicht ersetzen, sondern bei guten Ergebnissen die Chancen der Kinder auf eine bessere Beurteilung vergrößern.

Das zentrale Ergebnis der von der Stiftung Mercator geförderten Studie gibt Anlass zur Sorge: Zu viele Potenziale bleiben offenbar beim Übergang in eine weiterführende Schule auf der Strecke. Diverse Tests mit 837 Viertklässlern haben in rund 20 Prozent der Fälle eine andere Schulempfehlung nahegelegt, als dies nach der üblichen „notenbasierten Strategie“ der Fall war.

Frühes Urteil nie korrigiert

14 Prozent der getesteten Kinder mit Hauptschulempfehlung verfügten über ein zum Teil weit überdurchschnittliches kognitives Potenzial. Bei Kindern mit Realschulempfehlung traf dies auf 23 Prozent zu. Nicht selten, so Steinmayr, würden Lehrer Kinder schon in der ersten Klasse einordnen, ohne dieses Urteil später je zu korrigieren.

Dass der Wohnort oft den Bildungsweg eines Kindes bestimmt, hatte schon im Herbst eine Ruhrgebiets-Studie des Bochumer Sozialwissenschaftlers Jörg-Peter Schräpler ergeben. Kinder aus sozialen Brennpunkten wechseln demnach seltener aufs Gymnasium als Altersgenossen aus bürgerlichen Vierteln. So lag die Übergangsquote ins Gymnasium bei Kindern aus dem wohlhabenden Essen-Bredeney bei 87,6 Prozent, in Bergeborbeck nur bei 18,9 Prozent.

GEW: Problemschulen benötigen gute Ausstattung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft leitet aus der Studie politischen Handlungsbedarf ab. GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer forderte mehr Chancengleichheit. Schulen in Problemstadtteilen benötigten eine besonders gute Ausstattung. Außerdem komme die Übergangsempfehlung zu früh.

Stefan Behlau (Verband Bildung und Erziehung) ist gegen neue Tests in der 4. Klasse. Lehrer aus Grund- und weiterführenden Schulen, Eltern und Schüler sollten gemeinsam ein besseres „Übergangsmanagement“ schaffen.