Düsseldorf. . VBE fordert Yvonne Gebauer (FDP) auf, die „massive Benachteiligung“ der Grundschulen zu beenden. Sie will darauf nicht öffentlich antworten.

Mit Empörung regierte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Montag auf die Kommentierung der IQB-Bildungsstudie durch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Die Aussagen der Ministerin in der vergangenen Woche hätten „eine große Welle der Entrüstung bei den Grundschullehrern ausgelöst“, schreiben VBE-Chef Udo Beckmann und VBE-Grundschulexpertin Anne Deimel in einem offenen Brief an Gebauer.

Die Studie hatte am Freitag die schlechten Leistungen vieler Viertklässler in Deutschland und in NRW beleuchtet. Gebauer kündigte daraufhin einen „Masterplan Grundschule“ an. Unter anderem soll die umstrittene Rechtschreib-Methode „Lesen durch Schreiben“ begrenzt und ein verbindlicher Grundwortschatz eingeführt werden.

Leistungen werden schlechter

Politik müsse sich „ehrlich machen und Versäumnisse eingestehen“, so der VBE. Die Grundschulen im Land seien seit Jahrzehnten unterfinanziert, die Leistungen der Schüler würden schlechter, es fehlten Lehrer, Schulleiter, Sonder- und Sozialpädagogen.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer steht im Visier vom Lehrerverband.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer steht im Visier vom Lehrerverband. © Matthias Graben

Immer mehr Grundschulkinder lernten noch in der vierten Klasse das kleine Einmaleins auswendig, viele Jungen und Mädchen schafften es nicht einmal ruhig zuzuhören, wenn eine Geschichte vorgelesen werde. „Grundschullehrkräfte erleben tagtäglich hautnah, wie sehr sie ihre Ansprüche von Jahr zu Jahr herunterschrauben müssen“, schreiben Beckmann und Deimel in ihrem Brandbrief.

Ministerin erweckt falschen Eindruck

Ministerin Gebauer erwecke mit ihrer Reaktion auf die Studie fälschlicherweise den Eindruck, die Probleme seien gar nicht so schwierig, rügt der Verband. In Bezug auf die Rechtschreib-Methode „Lesen durch Schreiben“, die auch „Schreiben durch Hören“ genant wird, heißt es: „Es ist keine Lösung, einzelne Methoden öffentlichkeitswirksam an den Pranger zu stellen und damit die Arbeiten von Hunderten von Grundschullehrkräften zu diskreditieren, die diese Methode seit Jahren erfolgreich anwenden.“ Die eigentlichen Probleme lägen woanders

Laut VBE werden die Grundschulen massiv benachteiligt. Die Gewerkschaft will dies auch mit Zahlen belegen: In NRW seien derzeit 926 Stellen in Grundschulen unbesetzt. Von 2787 Schulen hätten 345 keine Schulleitung und 670 keinen Stellvertreter. Mit 28 Wochenstunden hätten Grundschulen die höchste Unterrichtsverpflichtung. Außerdem gebe NRW pro Grundschüler nur etwa 5000 Euro im Jahr aus, Bayern hingegen rund 6900 Euro.

Gebauer will reagieren

Inklusion erfordert zusätzliche Arbeit von Lehrern. Nicht nur deshalb fordert der VBE eine bessere Bezahlung.
Inklusion erfordert zusätzliche Arbeit von Lehrern. Nicht nur deshalb fordert der VBE eine bessere Bezahlung. © dpa/Armin Weigel

Die Gewalt gegen Lehrer nehme weiter zu, und die Inklusion von Kindern mit Behinderungen müsse mit „minimalen Ressourcen auf dem Rücken der Lehrkräfte“ umgesetzt werden. Laut VBE verdienen die Grundschul-Pädagogen insgesamt „mehr Wertschätzung“ und eine bessere Bezahlung. Es sei bereits „fünf nach zwölf“.

Ein Sprecher des Schulministeriums sagte gestern, die Ministerin werde den offenen Brief nicht öffentlich beantworten. Ihre Antwort gehe direkt an den VBE. Gebauer werde dem Lehrerverband umfassend erklären, wie sie die Probleme an den Grundschulen lösen möchte. Zu dem Maßnahmenpaket für das Fach Deutsch, das sie angekündigt hat, gehören die Einführung eines verbindlichen Grundwortschatzes, die Begrenzung der Methode „Lesen durch Schreiben“, ein neuer Lehrplan Deutsch und mehr Lehrer-Fortbildung.

Fächer Deutsch und Mathe sollen überprüft werden

Auch das Fach Mathematik, in dem viele Grundschulkinder ebenfalls schlecht abschneiden, gehöre auf den Prüfstand. Im kommenden Jahr soll an Rhein und Ruhr eine große Lehrer-Anwerbekampagne beginnen. Gebauer hat darüber hinaus angedeutet, dass sich Grundschullehrer Hoffnungen auf eine bessere Besoldung machen können. „Wir werden das angehen und verhandeln mit dem Finanzministerium“, sagte sie.

Mit den Ergebnissen der Bildungsstudie könne NRW jedenfalls nicht zu frieden sein. „Ich bin es auch nicht“, hatte Gebauer am Wochenende gesagt.