Essen. Schulen sind voller Regeln, aber oft wissen Schüler und Eltern wenig darüber, was Lehrer und Schulleiter dürfen und was nicht. Wir klären auf.

Was dürfen Schüler, was dürfen Lehrer - und was dürfen sie nicht? In vielen Fällen wissen die Beteiligten selbst nicht genau, wo die Grenzen verlaufen. Das zeigen unzählige Mythen, die im Umlauf sind. Wir klären auf.

1) Strafarbeiten sind verboten.

Das stimmt so nicht. Strafarbeiten sind eine vom Gesetz anerkannte "erzieherische Maßnahme". Sie müssen allerdings als solche erkennbar und verhältnismäßig sein. Das hundertfache Abschreiben des Satzes "Ich darf meine Mitschüler nicht verhauen," ist also nicht okay, ein Aufsatz darüber, wie man Konflikte gewaltfrei lösen kann hingegen schon.

2) Die Schulempfehlung für die weiterführende Schule ist bindend.

Nein, es handelt sich, wie der Name schon sagt, um eine Empfehlung. Die Eltern haben eine Wahlfreiheit bezüglich der Schulform: Wollen sie unbedingt, dass ihr Kind aufs Gymnasium geht, können sie ihr Kind dort anmelden. Ob sie ihrem Kind damit einen Gefallen tun, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

In einigen Bundesländern sind die "Empfehlungen" hingegen bindend. Auch in NRW war das von 2006 bis 2010 so, doch die rot-grüne Landesregierung hat die Rechte der Eltern wieder gestärkt.

3) Nachsitzen ist verboten.

Auch Nachsitzen gilt als "erzieherische Maßnahme", die Lehrer durchaus anwenden dürfen. Allerdings gelten auch hier Einschränkungen: Der zu bestrafende Schüler muss beim Nachsitzen von einem Lehrer betreut werden und seine Eltern müssen informiert werden.

Und auch hier ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren. "Nacharbeit unter Aufsicht", so der offizielle Name, komme nur bei "umfangreichen Unterrichtsversäumnissen" in Betracht, schreibt das NRW-Schulministerium auf seiner Website.

4) Lehrer dürfen Handys nicht einkassieren.

Doch, das dürfen sie. Und zwar dann, wenn es "zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs erforderlich ist". So steht es im NRW-Schulgesetz. Das heißt allerdings auch: Der Lehrer darf das Handy nicht vorsorglich einkassieren und er muss es nach Unterrichtsschluss wieder an den Schüler herausgeben.

Lehrer dürfen allerdings nicht Nachrichten lesen oder Fotos ansehen, die ein Schüler mutmaßlich während des Unterrichts angefertigt hat. Hat er den Verdacht, dass illegales Material auf dem Handy gespeichert ist, muss er im Zweifel die Polizei einschalten.

5) Schulen dürfen Handys komplett verbieten.

Ein solches Komplettverbot ist bereits mehrfach diskutiert worden, es wäre juristisch aber wohl schwer durchsetzbar. Schulen können festlegen, dass Handys während des Unterrichts ausgeschaltet, also nicht nur stumm sein müssen. Aber schon darüber, wie weit eine Regelung die Pausen betreffen darf, streiten die Juristen. Ein Mitbringverbot für Handys und Smartphones, da sind sich die Experten weitgehend einig, wäre ein zu starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Schüler.

Eindeutiger ist die Lage bei Prüfungen: Hier kann schon das Mitführen eines Smartphones als Täuschungsversuch gewertet werden.

6) Die Schulpflicht endet nach der zehnten Klasse.

Zehn Jahre Schulpflicht - dann ist es vorbei? Das stimmt so nicht. In NRW gilt die Schulpflicht bis zum Ablauf des Schuljahres, in dem der Schüler 18 Jahre alt wird. Für Auszubildende kann sie sogar noch länger gelten, nämlich bis zum Abschluss der Ausbildung. Voraussetzung: Der Azubi ist bei Beginn der Ausbildung noch keine 21 Jahre alt.

7) Das Klingeln beendet den Unterricht.

Nein, auch wenn Schüler das immer wieder behaupten. Der Unterricht wird durch den Lehrer beendet. Die Schüler müssen sich also gedulden, auch wenn es bereits zur Pause geklingelt hat.

8) Lehrer dürfen Taschen kontrollieren.

Wie bei Handys gilt auch für Taschen: Lehrer sind keine Polizisten. Sie dürfen die Taschen von Schülern nicht einmal dann durchsuchen, wenn sie darin verbotene Gegenstände, etwa Drogen oder Waffen, vermuten. In einem solchen Fall müssen sie die Polizei einschalten.

9) Wer drei Verweise bekommt, fliegt von der Schule.

Nein, einen solchen Automatismus gibt es nicht. Um einen minderjährigen Schüler von einer Schule zu verweisen, muss etwas angestellt haben, was "die Erfüllung der Aufgaben der Schule oder die Rechte anderer ernstlich gefährdet oder verletzt". Das Schulgesetz spricht von "schwerem oder wiederholten Fehlverhalten". Die Schulbehörde muss der Entlassung zustimmen und den Schüler gegebenenfalls einer anderen Schule zuteilen.

10) Eltern können ihr Kind jederzeit an einer anderen Schule anmelden.

Nein, so einfach ist das nicht. Denn viele Schulen haben festgelegte Einzugsgebiete. Wer außerhalb dieses Einzugsgebiets wohnt, hat kein Anrecht darauf, auf einer Schule aufgenommen zu werden.

Schulleiter haben zudem die Möglichkeit, Aufnahmen abzulehnen, wenn die Kapazität ihrer Schule erschöpft ist. Zudem sollen Schulwechsel laut Gesetz nur zum Schuljahreswechsel möglich sein.

11) Lernmittelfreiheit: Die Schule muss alle Materialien bezahlen.

Auch wenn das die "reine Lehre" der Lernmittelfreiheit so aussähe: In der Realität müssen die Eltern einen Teil der Kosten selbst tragen. Dazu gehören zunächst "Verbrauchsmaterialien" wie Stifte, Hefte und Schulranzen.

Aber auch die Kosten für Bücher können teilweise auf die Eltern abgewälzt werden. Der Anteil, den die Eltern zu tragen haben, darf dabei nicht höher sein als ein Drittel der Durchschnittskosten.