Berlin. Neue Dokumente zeigen: Ein ganz besonders enger Draht nach Russland macht die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig angreifbar.

Es sind ungemütliche Tage für Manuela Schwesig. Bis vor kurzem war die 47-Jährige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern prominente Hoffnungsträgerin der SPD. Jetzt ist sie vor allem eine Frau, deren Verbindungen nach Russland allzu eng scheinen.

Die Organisation, deren Entstehungsgeschichte Schwesig in den vergangenen Tagen laute Rücktrittsforderungen eingebracht hat, klingt eigentlich harmlos: Die „Stiftung Klima und Umweltschutz MV“ entstand, auf Betreiben von Schwesigs Regierung im Januar 2021. Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg: Die Rolle von Schwesig bei Nord Stream 2

Gazprom spendete 20 Millionen Euro für "Klimaschutzstiftung"

Mit ihrer Einrichtung, so steht es im damaligen Antrag der Landesregierung an den Landtag, wolle sich die rot-schwarze Koalition in Schwerin „aktiv für das zentrale Ziel Klima- und Umweltschutz“ einsetzen. Es folgen zehn Stichpunkte, wie genau die Stiftung den Klimaschutz fördern soll.

Erst unter Spiegelstrich elf verbirgt sich der wahre Zweck des Unternehmens: Aufgabe der Stiftung war „die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes in der Stiftung mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten“. Mit 200.000 Euro wurde sie davon vom Land Mecklenburg-Vorpommern ausgestattet – und mit 20 Millionen Euro vom russischen Energiekonzern Gazprom.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wird mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wird mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. © picture alliance / photothek | Florian Gaertner

Mecklenburg-Vorpommern: Eine Stiftung, bezahlt von Gazprom

Eine Stiftung, die Klimaschutz im Namen trägt und dafür sorgen soll, dass mehr fossiles Gas nach Deutschland fließt, finanziert von Russland – schon 2021 wurde dieses Manöver heftig kritisiert. Wie eng die Zusammenarbeit zwischen Schwesigs Landesregierung und Moskau wirklich war, zeichnet sich jetzt durch Medienberichte aus den vergangenen Tagen ab.

Wie die Tageszeitung „Die Welt“ unter Berufung auf Dokumente der Schweriner Staatskanzlei berichtete, beanspruchte die Nord Stream 2 AG, Tochterfirma von Gazprom, direkten Einfluss darauf, wie die Landesregierung die Stiftung nach außen verkaufte.

So zitiert die „Welt“ aus Nachrichten, in denen ein nicht namentlich genannter „Communications Manager Germany“ von Nord Stream der Regierung deutliche Hinweise gibt, wie zu dem Thema zu kommunizieren sei. „Ich würde mich sehr freuen baldmöglichst Ihre Wordings zu bekommen“, heißt es da unter anderem. Inkonsistenz in den Aussagen „und andere Diskrepanzen sollten wir dann gleich morgen früh diskutieren und zügig abstellen“. Aus dem Archiv: Nord Stream 2: Nutzt Russland die Gaspipeline zur Spionage?

Nord-Stream-Mitarbeiter bei der Stiftung untergebracht?

Laut der Zeitung schreckte man dabei auch nicht davor zurück, Mitarbeiter der Pipeline-Firma bei der Stiftung unterzubringen: „Gegebenenfalls wird es projekterfahrene Mitarbeiter [der Nord Stream 2 AG, d. Red.] geben, die bei der Stiftung u.a. für die Fertigstellung der Pipeline angestellt sind“, zitiert die „Welt“ aus einem internen Papier über das Wesen der Stiftung.

Laut „Spiegel“ bat Schwesig zudem um ein „Argumentationspapier“ zur Stiftung, um Presseanfragen beantworten. Daraufhin soll ein Sprecher der Nord Stream 2 AG die Kommunikationsstrategie des Unternehmens an die Landesregierung geschickt haben.

Verstanden sich gut: Schwesig und Putin-Freund Gerhard Schröder.
Verstanden sich gut: Schwesig und Putin-Freund Gerhard Schröder. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Nord Stream 2: Schwesig spricht von Fehlern

Die schon damals heftige Kritik, dass die Stiftung lediglich dazu diene, drohende US-Sanktionen gegen die Pipeline zu verhindern, wies Schwesig damals stets zurück, mit dem Argument, die USA wöllten lediglich dafür sorgen, dass Deutschland statt russischem Gas amerikanisches Fracking-Gas kaufen. Kritik an Moskau gab es dagegen nicht.

Das ist inzwischen anders. Vor dem Hintergrund des Angriffskriegs in der Ukraine hat Schwesig Wladimir Putin einen „Kriegsverbrecher“ genannt – und erklärt, dass er „alle getäuscht“ habe. Auch sie habe im Hinblick auf Nord Stream 2 Fehler gemacht.

Das ist Ministerpräsidentin Manuela Schwesig

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    Doch so einfach soll die SPD-Politikerin das Kapitel nicht abschließen können, wenn es nach Vertretern anderer Parteien geht. „Die Verwebung zwischen der Schweriner Landesregierung und dem russischen Staatskonzern Gazprom war stets verheerend und muss nun endlich aufgearbeitet werden“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Ein „Huch, war wohl ein Fehler“ werde da nicht reichen, sagte er.

    Ähnlich sieht das CDU-Außenexperte Norbert Röttgen. Der forderte schon am Samstag Schwesigs Rücktritt: Wenn die jüngsten Medienberichte zuträfen, sagte er, „dann kann Frau Schwesig nicht im Amt bleiben, das ist völlig ausgeschlossen“. Denn sie habe mit einem russischen Unternehmen gemeinsame Sache gemacht und die Öffentlichkeit anhaltend und bewusst getäuscht. Lesen Sie auch den Kommentar: Manuela Schwesig wird vom Partei-Star zum Problem

    Und auch die Opposition im Landtag will es jetzt genauer wissen: Ein Untersuchungsausschuss soll die Hintergründe der Stiftung genauer durchleuchten.

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    Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.