Düsseldorf. „Meilenstein“ mit Tücken: Krankenhausgesellschaft warnt vor Klinik-Schließungen mit der Brechstange, vor allem im Ruhrgebiet.

Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) unterstützt zwar grundsätzlich die Regierungs-Pläne für einen tiefgreifenden Umbau der Krankenhauslandschaft, warnt aber vor voreiligen Klinikschließungen, insbesondere im Ruhrgebiet.

Für KGNW-Präsident Jochen Brink ist die neue Krankenhausplanung ein „Meilenstein“, er sagt allerdings auch ein hartes Ringen um die Kliniken voraus. Spätestens im nächsten Jahr werde es ernst. „Dann geht es um jedes Krankenhaus“, sagte er am Montag. Einzelne Häuser könnten in der Folge der Pläne die wirtschaftliche Balance verlieren und ins Wanken geraten, obwohl sie „dringend gebraucht“ würden. Die Bürger könnten daher mancherorts Probleme bekommen, überhaupt ein Krankenhaus in ihrer Nähe zu finden.

Fundamentaler Systemwechsel

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte am Freitag erstmals die Eckpunkte für eine neue Krankenhausplanung vorgestellt. Die Häuser sollen sich künftig auf bestimmte Leistungen konzentrieren, zum Beispiel auf Kardiologie oder Onkologie. Entscheidend werde nicht mehr die Zahl der Betten, sondern die Fallzahl je medizinischer Leistung sein.

Ziel der Großreform sei vor allem der Abbau von „Fehlversorgung“, so Laumann. Gerade in Städten gebe es heute zum Teil zu viele Angebote für Patienten, auf dem Land zu wenige. Das Motto: Nicht jedes Krankenhaus muss alles machen. Besonders wichtige Angebote wie die Intensivmedizin soll es überall geben. Und Laumann beteuert, niemand müsse befürchten, im Notfall nicht schnell ins Krankenhaus zu kommen.

Klinikbetreiber: Gesundheitssystem benötigt einen "Corona-Puffer"

Tatsächlich hat das Ringen um die Kliniken mit dem Auftritt des Ministers am Freitag schon begonnen. Die Krankenhausgesellschaft stellt vorsorglich klar: „Es gibt in NRW kein dramatisches Überangebot an Kliniken.“ Hierzulande würden aktuell 341 Krankenhäuser gezählt, in Bayern 347. Bezogen auf die Zahl der Krankenhäuser je 100.000 Einwohner liege NRW in der Länder-Rangliste mit 1,9 auf dem vorletzten Platz, Schleswig-Holstein mit 3,7 weit davor. Dazu komme die Erkenntnis, dass das Gesundheitssystem einen „Corona-Puffer“ brauche. Heißt: Bloß nicht am falschen Ende sparen.

Der Hinweis auf die „Fehlversorgung“ löst vor allem im Ruhrgebiet Alarm aus. 94 Krankenhaus-Gesellschaften mit 152 Standorten liegen laut KGNW im Revier. Vor zehn Jahren seien es noch rund 130 Gesellschaften gewesen, erklärt das Netzwerk der Gesundheitswirtschaft an der Ruhr (MedEcon Ruhr). Laut Netzwerk-Sprecher Christopher Wittmers ist dieser Rückgang allerdings kein Beweis für ein Kliniksterben im Revier, sondern sei durch zahlreiche Fusionen zu erklären. Und dem Auftrag der Landesregierung, sich zu spezialisieren, stellten sich die Revier-Krankenhäuser schon länger.

"Ruhrgebiet muss mit besonderem Maßstab gemessen werden"

Jochen Brink von der Krankenhausgesellschaft NRW warnt davor, dem Ruhrgebiet unbedacht das Etikett „Überversorgung“ anzuheften: „Hier lebt auf 13 Prozent der Landesfläche fast ein Drittel der Bevölkerung. Das Ruhrgebiet ist eine Metropolregion, die mit einem besonderen Maßstab zu messen ist.“ Außerdem stellten die Krankenhäuser zwischen Unna und Duisburg auch die Versorgung von Teilen des Umlandes sicher. Als zweifelsfrei „unterversorgt“ gelten nach KGNW-Einschätzung Teile Ostwestfalens, des Sauerlandes und der Oberbergischen Kreises.

Die Frage, wie die gestressten Pfleger und Krankenhausärzte auf die Reform reagieren, ist noch gänzlich unbeantwortet. Sie werden jetzt erst über die Pläne informiert. Das Verhalten der Mitarbeiter könne aber die neue Krankenhausplanung für NRW noch gehörig ins Wanken bringen, erklärt Ingo Morell, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Denn sie orientiere sich beim Personal an optimalen Bedingungen. „Wir werden sehen, wie der Fachkräftemangel das in der Praxis bestätigt“, so Morell.

Noch ausbaufähig: ambulante Notfallversorgung in den Krankenhäusern

Die Kliniken streben übrigens in ihrem Ringen ums Überleben danach, ihre Rolle bei der ambulanten Notfallversorgung weiter auszubauen. Für viele Menschen sei das Krankenhaus im Notfall längst „der Anlaufpunkt schlechthin“, sagte Brink.