Essen. NRW baut sein Grundsteuer-System um. Auf Wohneigentümer kommt nun einiges zu: Formulare ausfüllen, Fristen beachten, Rat einholen. Ein Überblick.

Vielen Bürgerinnen und Bürgern flattert in diesen Tagen der alljährliche Grundsteuerbescheid ins Haus. Besonders im Ruhrgebiet löst das selten Jubel aus. Die Städte hier sind arm, die Kommunal-Abgaben deshalb vergleichsweise hoch.

Für zusätzliche Irritationen sorgt diesmal ein Merkblatt des NRW-Finanzministeriums. Es liegt vielen Bescheiden bei und informiert über die Reform der Grundsteuer. Die kommt zwar erst 2025, wirft nun aber ihre Schatten weit voraus. Denn schon in diesem Jahr müssen Wohneigentümer in Sachen Grundsteuer erstmals selbst Hand anlegen. Heißt: Formulare ausfüllen, Fristen beachten, eventuell Steuerberater konsultieren. Was wohl ebenfalls selten Jubel auslösen dürfte. Ein Überblick.

Worum geht es bei der Grundsteuerreform?

Die Berechnung der Grundsteuer wird derzeit in einem aufwendigen Verfahren bundesweit umgestellt. Grundlage ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018. Das oberste Gericht verlangt darin, dass die veralteten, teilweise noch auf die 30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückgehenden Bewertungsgrundlagen von bundesweit rund 35 Millionen Grundstücken angepasst werden müssen – umzusetzen bis spätestens 2025.

Was bedeutet die Reform für die Bürger?

Betroffen sind alle privaten und gewerblichen Haus- und Wohnungseigentümer sowie später deren Mieter, weil die Grundsteuer anteilig auf die Nebenkosten umgelegt werden kann. Die Reform soll aufkommensneutral sein, die Gesamtsumme von bundesweit 14 Milliarden Euro an Steuereinnahmen gleichbleiben, nicht jedoch das individuelle Aufkommen für jedes einzelne Grundstück.

Experten erwarten, dass sich die Verteilung der Grundsteuerlast deutlich verschieben wird. Der Steuerzahlerbund NRW geht davon aus, dass die Grundsteuer für Immobilien in begehrten Lagen steigt und in Randlagen und ländlichen Regionen eher sinkt. Nach einer Modellrechnung der Hamburger Finanzbehörde könnte die Reform vor allem bei älteren Gebäuden und Einfamilienhäusern zu höheren Belastungen führen.

Was müssen Wohneigentümer in NRW jetzt tun?

Eigentümer müssen in diesem Jahr erstmals für ihre Liegenschaften eine Steuererklärung abgeben. Diese so genannte Feststellungserklärung muss zwischen Juli und Oktober beim Finanzamt eingereicht werden – und zwar ausschließlich in elektronischer Form über das Steuerportal Elster, für das ein Benutzerkonto angelegt werden muss. Die Abgabe von Belegen in Papierform sei „grundsätzlich nicht vorgesehen“, teilte das NRW-Finanzministerium auf Anfrage mit. Der Steuerzahlerbund hält das für wenig bürgerfreundlich. Nicht jeder Eigentümer verfüge über einen PC oder Internetzugang.

Welche Daten müssen Grundeigentümer übermitteln?

Voraussichtlich die Eckdaten der eigenen Immobilie: Grundstücks- und Wohnfläche, das Baujahr sowie die Adresse. Hinzu kommen das Aktenzeichen und die Grundstücksart. Das Finanzministerium rät, den aktuellen Grundsteuerbescheid aufzubewahren. Dort findet man zum Beispiel das Aktenzeichen.

Auch interessant

Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärungen zur Feststellung werde im Frühjahr durch öffentliche Bekanntmachung des Bundesfinanzministeriums erfolgen. Ab Mai will die NRW-Finanzbehörde jeden Eigentümer individuell informieren und vorhandene Daten zur Verfügung stellen. Außerdem soll eine Hotline und eine zentrale Internetseite eingerichtet werden.

Was geschieht mit den Daten?

Anhand der Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt den Grundsteuerwert des Grundstücks und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus. Außerdem setzt das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag fest. Auch darüber erhalten die Eigentümer einen Bescheid. Bezahlt werden muss das alles nicht. Die Werte sind lediglich Berechnungsgrundlage für die neuen Grundsteuerbescheide der Städte und Gemeinden. Fällig wird die neue Grundsteuer erst mit dem Bescheid 2025.

Wie hoch sind aktuell die Grundsteuern?

Nach jüngsten Berechnungen des Steuerzahlerbundes zahlt ein Musterhaushalt in Witten aktuell jährliche 847 Euro an Grundsteuern. In Duisburg werden 795 Euro fällig, in Mülheim sind 828 Euro und in Essen 623 Euro. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Beträge wegen der besonders im Ruhrgebiet enorm gestiegenen Hebesätze teils mehr als verdoppelt.

Kommt es auf die Städte an?

Ja. Denn neben der Gewerbesteuer zählt die Grundsteuer zur wichtigsten Geldquelle der Kommunen. Der Verband Wohneigentum NRW fordert daher, die Grundsteuerreform nicht für eine Steuererhöhung „durch die Hintertür“ zu nutzen. „Weil es die Politik über ein halbes Jahrhundert versäumt hat, die Immobilienwerte bei der Berechnung der Grundsteuer zu aktualisieren, dürften die Belastungen mit der jetzigen Neubewertung in den meisten Fällen sprunghaft ansteigen“, fürchtet Verbandschef Peter Preuß.

Kommunen sollten daher mit Beginn der neuen Grundsteuer die Hebesätze senken. Dass es bei einer Neubewertung nach über 50 Jahren Gewinner und Verlierer gebe, sei indes nicht mehr zu verhindern. Preuß: „Das ist das bittere Ergebnis einer jahrzehntelangen Verschleppung.“