Düsseldorf. Weil Landeskapazitäten in NRW erschöpft sind, werden Asylbewerber ab sofort vermehrt an die Städte durchgereicht. Dort herrscht Frust.

Die schwarz-grüne Landesregierung will mehr Flüchtlinge mit ungeklärter Bleibeperspektive direkt an die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen durchleiten. Das geht aus einer eiligen Information von Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) an die kommunalen Spitzenverbände hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

„Um die Aufnahmefähigkeit des Landessystems zu erhalten, müssen wir schon zum jetzigen Zeitpunkt vorzeitige Zuweisungen von Geflüchteten aus den Landeseinrichtungen in die Kommunen vornehmen“, heißt es in dem Schreiben der Landesregierung. Leider erfolge der geplante Aufwuchs der Landeskapazitäten nicht so schnell wie erwartet. Konkret will die zuständige Bezirksregierung Arnsberg allein in der laufenden Woche 1500 Geflüchtete aufteilen, die dann in spätestens 14 Tagen von den ohnehin hochbelasteten Städten untergebracht werden müssen. >> Auch interessant: Flüchtlinge: Zehn Ideen für das Asylsystem der Zukunft

Land hat weniger Unterkunftplätze geschaffen als zugesagt

In vielen Rathäusern hat der Plan Verärgerung ausgelöst, da das Land seine eigenen Unterkünfte nicht - wie bereits vor Monaten zugesagt – ausreichend ausgebaut hat. „Die Ankündigung der Landesregierung ist eine Bankrotterklärung mit Ansage“, sagte SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat auf Anfrage. „Chaos in den Planungen, mangelnde Kommunikation und fehlende Wertschätzung gegenüber den Kommunen und auch den Bürgerinnen und Bürgern sind Ausdruck eines eindeutigen Managementversagens“, so Kapteinat weiter. Ministerin Paul hatte nicht einmal ihr selbst gestecktes Ziel von 35.000 Landesplätzen erreicht, obwohl die Städte bereits im vergangenen Jahr mindestens 70.000 eingefordert hatten.

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„Angesichts dieser sich zuspitzenden Lage werden die kommunalen Spitzenverbände gegenüber der Landesregierung den Erwartungen zum zügigen Ausbau der Landeseinrichtungen und einer deutlichen Verbesserung der Flüchtlingsfinanzierung insbesondere im Hinblick auf die Vorhaltekosten noch einmal mehr Nachdruck verleihen“, kündigte der Städte- und Gemeindebund an. >> Auch interessant: Zuwanderung ist die größte Sorge der Bürger in NRW

Kommunen beklagen „ineffiziente Verfahren“ des Landes

Die Kommunen werfen dem Land ineffiziente Verfahren vor, geringe Flexibilität im Umgang mit Unterbringungsstandards und fehlende Entschlossenheit, auf pragmatische Vorschläge einzugehen. Die vorzeitige Zuweisung von Flüchtlingen aus Landeshoheit in kommunale Verantwortung birgt neue Probleme, da die knappen Ressourcen vor Ort bei der Integration in Kita, Schule, Arbeits- und Wohnungsmarkt eigentlich auf Menschen ausgerichtet werden sollen, die länger bleiben.

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Die Landesregierung versichert zwar, den Städten keine Flüchtlinge zuzuweisen, die ohne jede Chance auf Bleibeperspektive sind oder noch nicht einmal einen Anhörungstermin beim Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) hatten. Doch längst werden wieder Erinnerungen wach an die chaotischen Zustände in der Flüchtlingskrise 2015/16. „Frau Paul hat die Flüchtlingspolitik nicht im Griff. Und es gibt keinerlei Plan, wie sie der Lage Herrin werden will“, kritisierte SPD-Politikern Kapteinat. >> Auch interessant: Flüchtlinge in Hotel Van der Valk: Verhärtete Fronten in Gladbeck