Düsseldorf. Die Fallzahlen von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in NRW sind stark gestiegen. Das liegt aber auch an der vermehrten Strafverfolgung.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht die weiterhin hohen Zahlen bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie nicht als Misserfolg der Ermittler. „Wenn Sie graben, finden Sie leider immer mehr Delikte“, sagte Reul der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Fallzahlen zeigten aber auch: „Wir decken immer mehr auf.“ Kein anderes Bundesland engagiere sich in diesem Bereich mehr.
Im Bereich Kinderpornografie liege die Aufklärungsquote bei 80 Prozent. Dort vervielfachten sich die Fallzahlen im Zehnjahresvergleich von damals 1578 (2013) auf jeweils über 11.000 in den vergangenen beiden Jahren. Im selben Zeitraum kletterten die Missbrauchszahlen von damals rund 2700 auf jeweils mehr als 4100 in den Jahren 2021 und 2022.
Hohe Fallzahlen bei Kinderpornografie: Bundesregierung prüft Sexualstrafrecht
Deutschlandweit gab es 2021 mehr als 39.000 registrierte Fälle von Kinderpornografie, sowie 15.500 Fälle von Kindesmissbrauch. Das Bundeskriminalamt hatte diese Zahlen im Mai 2022 vorgestellt. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Kerstin Claus führt den Anstieg vor allem auf die verstärkte Strafverfolgung zurück.
Dem Bericht zufolge habe sich im Bereich der kinderpornografischen Inhalte die Zahl der minderjährigen Tatverdächtigen seit 2018 mehr als verzehnfacht auf 14.528. Den Kindern und Jugendlichen, die sich über ihre Smartphones entsprechende Bilder schicken, sei die Strafbarkeit ihres Tuns häufig nicht bewusst, betonte Claus. Medienkompetenz sei hier ein ganz wichtiger Schlüssel.
Die Große Koalition hatte 2021 ein verschärftes Sexualstrafrecht beschlossen. Doch das bringt Ermittler ans Limit – und trifft auch oft die Falschen, etwa Lehrkräfte, die ihre Schüler sensibilisieren wollen. Das Bundesjustizministerium von Minister Marco Buschmann (FDP) sagte dieser Redaktion im März, man nehme die vermehrt geäußerten Bedenken „sehr ernst“. Man prüfe „gesetzgeberischen Handlungsbedarf“ und „mögliche Handlungsoptionen“. Lesen Sie dazu: Kinderpornografie: Warum das verschärfte Gesetz nicht hilft
Personal zur Aufklärung von Missbrauchsfällen kommt aus anderen Bereichen
Minister Reul sagte mit Blick auf die Strafverfolgung in NRW: „Wir stecken da riesig viel Personal rein.“ Nach der Aufdeckung des großen Missbrauchskomplexes rund um einen Campingplatz im lippischen Lügde im Jahr 2018 sei die Zahl der Beschäftigten in diesem Deliktbereich insgesamt verfünffacht worden auf rund 500 Mitarbeiter. Das Personal habe allerdings aus anderen Bereichen zusammengezogen werden müssen, räumte Reul ein.
Er betonte, er suche weiterhin politische Verbündete, um die Aufdeckung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie nicht länger durch den Verzicht auf Vorratsdatenspeicherung zu erschweren. „Aufgegeben wird nicht.“ Nötig sei jetzt eine pragmatische Lösung.
Reul zu kinderpornografischen Bildern: „Das hat mich umgehauen“
„Ich möchte, dass wir auf die IP-Adressen dieser Kriminellen - und nur dieser Kriminellen - zugreifen können und sie damit auch ermitteln können.“ Das dürfe nicht durch Restriktionen bei der Datenspeicherung ausgebremst werden. „Ich habe das Thema nicht zu meinem Schwerpunkt erklärt, weil ich damit gut dastehen wollte, sondern weil mir besonders der Schutz der Kinder am Herzen liegt“, sagte Reul zum Kampf gegen Kindesmissbrauch.
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Im Vorfeld eines Besuchs im Landeskriminalamt zu Beginn seiner Amtszeit sei er aufgefordert worden, sich die Bilder selbst einmal anzusehen. „Das hat mich umgehauen“, bekannte der Innenminister. „Klar, ich habe gewusst, so etwas gibt es, aber es ist was Anderes, wenn sie es sehen und vor allem, wenn sie es hören.“
Unter dem Eindruck mehrerer Missbrauchsfälle hatte die Landesregierung 2022 ein neues NRW-Kinderschutzgesetz verabschiedet. (mein mit dpa)
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