Düsseldorf. Am Samstag läuft die Visa-Regel ab, mit der Türken bei Verwandten in NRW untergekommen sind. Jetzt gibt es Streit um eine Verlängerung.

Sechs Monate nach dem verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei ist in NRW politischer Streit über das vorübergehende Aufenthaltsrecht von Opfern der Katastrophe ausgebrochen. Am Samstag läuft eine Verordnung aus, mit der Schengen-Visa großzügig verlängert werden konnten, um eine frühzeitige Rückkehr in die zerstörten Gebiete zu vermeiden. In NRW waren Hunderte Erdbeben-Opfer aus der Türkei bei Verwandten untergekommen und von ihnen ohne Staatshilfe versorgt worden. Nach einem halben Jahr droht nun der Rückflug, obwohl ihre Heimat vielerorts noch immer in Trümmern liegt.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) verwies auf den Bund. Die Bundesregierung habe „bedauerlicherweise mitgeteilt“, dass die Verordnung nicht verlängert werden könne, erklärte eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag auf Anfrage. Der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel warf Paul dagegen vor, Verantwortung nach Berlin abzuschieben: „Das Land könnte selbst pragmatisch handeln und die kommunalen Ausländerbehörden anweisen, aus Gründen der Humanität den Aufenthalt zu verlängern.“

Schengen-Visum ist eigentlich nur auf 90 Tage ausgelegt

Yüksel forderte einen „Sensibilisierungserlass“ wie unmittelbar nach der Katastrophe im Februar. Damals hatte Paul angeregt, dass Menschen aus den betroffenen Gebieten in der Türkei, die sich aktuell mit einem Schengen-Visum in Nordrhein-Westfalen aufhalten und verbindlich von Verwandten versorgt werden, länger bleiben dürfen. Das eigentlich nur auf 90 Tage ausgelegte Visum wurde auf dieser Grundlage in vielen Städten kurzfristig um drei Monate verlängert.

Yüksel, der zugleich Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Bochum ist, kommt gerade aus dem Krisengebiet in der Türkei. „Es herrscht noch immer große Not. Trümmerteile sind zum Teil noch gar nicht weggeräumt, geschweige denn neue Wohnungen gebaut worden. Dahin können Sie jetzt doch keine Alten und Kranken zurückschicken.“ Yüksel forderte die Landesregierung auf, zumindest bei Erdbeben-Opfern, für die Verwandte in NRW eine sogenannte Verpflichtungserklärung unterschrieben haben, großzügig zu sein: „Sie leben bei ihren Angehörigen und nehmen keinerlei Sozialleistungen in Anspruch.“

Großzügig, wenn keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden

Die Bundesregierung hatte zuletzt auf die Spielräume in den Kommunen verwiesen. Wenn ein Visum ausgelaufen sei, dann sei zwar zunächst das Aufenthaltsrecht erloschen. Örtliche Ausländerbehörden entscheiden dann jedoch, ob weiterer Aufenthalt beantragt werden könne. SPD-Mann Yüksel berichtet von Kommunen, die nur auf eine Klarstellung aus Düsseldorf warteten, um großzügig entscheiden zu können. Anfang Februar waren im Südosten der Türkei sowie Teile Syriens von mehreren schweren Erdbeben erschüttert worden. Allein in der Türkei kamen mehr als 50.000 Menschen ums Leben und Millionen Menschen wurden obdachlos.

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