Düsseldorf. Der Trend zur weiblichen Lehrkraft ist offenbar nicht aufzuhalten. Pädagogen-Verbände kritisieren die verfestigten Rollenbilder.

Nur noch etwa jede vierte Lehrkraft an den allgemeinbildenden Schulen in NRW war im abgelaufenen Schuljahr männlich. Der Anteil der hauptamtlichen Lehrerinnen erreichte hingegen mit 73,4 Prozent einen Höchstwert in der seit 1970 gelisteten Zahlenreihe des Schulministeriums. Damals war gut die Hälfte der Lehrkräfte (53,7 Prozent) eine Frau, wie aus der jetzt veröffentlichten amtlichen Schulstatistik für 2022/23 hervorgeht.

"Kinder brauchen sowohl männliche als auch weibliche Vorbilder"

„Dieser Trend begann zunächst an den Grundschulen und setzte sich dann an anderen Schulformen fort“, sagte Anne Deimel, Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), dieser Redaktion. In der Gesellschaft sei die Vorstellung, dass Mädchen für soziale Berufe und für das Lehramt besonders geeignet seien, leider noch immer weit verbreitet. „Es ist frustrierend, dass es uns nicht gelingt, diese alten Rollenbilder aufzubrechen“, so Deimel. Kinder und Jugendliche brauchen sowohl männliche als auch weibliche Vorbilder.

Lediglich die beruflichen Schulen wiesen laut der Schulstatistik mit 45 Prozent noch einen markanten Lehrer-Anteil auf. Im Jahr 1970 waren die Männer an den Berufsschulen mit fast 64 Prozent noch deutlich in der Überzahl gewesen.

An manchen Grundschulen arbeitet kein Mann mehr

„Im Primarbereich haben wir Schulen, an denen kein Mann arbeitet“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ayla Çelik. Diese brächten allerdings häufig einen anderen Umgang mit den Kindern in den Schulalltag ein. „Es sollte also dafür gesorgt werden, dass der Lehrberuf auf Dauer attraktiver gestaltet wird - für mehr Frauen und Männer in den Lehrerzimmern“, forderte Çelik.

Insgesamt unterrichteten zuletzt knapp 202 400 Lehrkräfte an 5404 Schulen fast 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler. Angesichts stetig gestiegener Bildungs- und Förderaufgaben hat die Zahl der Lehrkräfte damit ihren Höchststand in der Schulstatistik erreicht - das gilt auch für die darin enthaltene Zahl der fast 174 000 Vollzeitstellen. Demgegenüber waren die Schülerzahlen in etlichen Jahren schon deutlich höher in NRW - in der Spitze mit mehr als 3,4 Millionen Lernenden Mitte der 70er Jahre.

Lehkräftemangel trotz Lehrkräfte-Rekord

Angesichts der Tatsache, dass mehr Lehrkräfte in NRW arbeiten als je zuvor, mutet die Diskussion über den Lehrkräftemangel in NRW seltsam an. Anne Deimel vom VBE betont aber, dass der Personalmangel die Realität an den Schulen präge: „Zunächst ist zu hinterfragen, ob es sich bei den in der Statistik als Lehrkräfte bezeichneten Frauen und Männer tatsächlich in großer Zahl um grundständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer handelt. Außerdem müssen die Lehrkräfte in den Schulen viel mehr Aufgaben bewältigen als früher.“ Die Digitalisierung, diverse Förderprogramme zum Beispiel für Kinder mit Rechtschreibschwäche, Ganztag, Inklusion und Integration seien nur einige Beispiele dafür. (dpa/mk)