Düsseldorf. Ab 2026 gilt ein Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf einen Ganztagsplatz. Die Städte befürchten aber, dass NRW dieses Ziel reißt.

Kurz vor dem Ende des Schuljahres wirft der NRW-Städtetag der schwarz-grünen Landesregierung schwere Versäumnisse beim Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler vor. „Ein bedarfsdeckendes Angebot zum Schuljahr 2026/2027 wird es Stand jetzt nicht geben. Dafür wurden die Städte zu lange hingehalten, obwohl seit eineinhalb Jahren feststeht, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Jahr 2026 kommen soll“, sagte Thomas Kufen (CDU), Vorsitzender des Städtetags NRW, dieser Zeitung.

"Viele Schüler und Eltern gucken 2026 in die Röhre"

Nach Einschätzung des Essener Oberbürgermeisters Kufen sollte NRW an dieser Stelle viel mehr Engagement zeigen. „Wir müssten als Städte eigentlich längst angefangen haben, auszubauen, zu sanieren und Platz für die zusätzlichen Ganztagsangebote zu schaffen“, sagte er. Je länger die Städte auf Entscheidungen des Landes warten müssten, desto mehr Schülerinnen, Schüler und Eltern würden zum Start des Rechtsanspruches wohl „in die Röhre gucken“. Laut dem Kommunalverband seien in NRW weder ein Ganztags-Ausführungsgesetz noch eine Berücksichtigung des Ganztagsausbau im Schulgesetz in Sicht.

Vielerorts fehlen heute schon Betreuungsplätze.

Mehr als 100.000 zusätzliche Plätze müssten in NRW geschaffen werden

Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass jedes Kind, das ab dem Schuljahr 2026 eingeschult wird, in den ersten vier Schuljahren Anspruch auf einen Ganztagsplatz bekommt. Dafür müssten aber laut Städtetag NRW mehr als 100.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht sogar von bis zu 200.000 fehlenden Plätzen. Im Moment stehen in NRW rund 400.000 Plätze im Offenen Ganztag zur Verfügung.

Die Landesregierung von CDU und Grünen stellt zwar im Koalitionsvertrag einen Ausbau des Ganztags in Aussicht und hat im Dezember einen 14-köpfigen Expertenbeirat gegründet. Mit dem Rat dieser Fachleute könne das Land den Ganztag „entscheidend verbessern“, meint NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Den Städten reicht das aber nicht.

Städte warten auf Fördergelder von Bund und vom Land

„Ohne die entsprechenden Gesetze bleibt unklar, welche Vorstellung das Land von einer Ganztagsförderung hat. Welche Anforderungen werden an die Schulräume gestellt? Welche an das künftige Personal? Wie greifen Unterricht und Ganztagsförderung ineinander? Wie werden zum Beispiel Sportvereine und Musikschulen in ein Ganztagsangebot integriert? All diese Fragen sind offen“, kritisiert Kufen.

Bisher sei nur ein kleiner Teil des Geldes, das der Bund für den Ganztagausbau zur Verfügung stelle, bei den Städten angekommen, weil NRW sich noch nicht auf die Details zur Förderung geeinigt habe. Es gehe um 624 Millionen Euro des Bundes und um einen zusätzlichen Landes-Anteil von 266 Millionen Euro „Möglichst schnell“ benötigten die Städte an Rhein und Ruhr dieses Geld, warnt Kufen. Sollte das Land die Kommunen beim Ganztagsausbau allein lassen, dann werde es am Ende einen Ausbau „nach Kassenlage“ geben. Arme Städte wären dann im Nachteil.