Düsseldorf. Die Grundschulen in NRW bekommen besseres Unterrichtsmaterial und mehr Lesezeit. Schneller Erfolg ist aber nicht in Sicht.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) kündigte am Donnerstag Sofortmaßnahmen gegen die schlechten Leistungen von Grundschülern im Lesen, Schreiben und Rechnen an, glaubt aber nicht an schnelle Erfolge. „Eine Verbesserung dieser Basiskompetenzen ist eine Mammutaufgabe, die nicht in einem Sprint, sondern in einem Marathon bewältigt werden muss“, sagte sie in einer Sondersitzung des Schulausschusses. In Hamburg habe es bis zu einer erfolgreichen Trendumkehr zehn Jahre gedauert.

"Die nächste IQB-Studie wird für uns nicht wesentlich besser"

Daher ist die Prognose der Schulministerin düster: "Die nächste IQB-Studie wird für uns nicht wesentlich besser ausfallen."

Als Reaktion auf die erschreckenden Befunde der so genannten „IGLU“- und der „IQB-Studie“ reagiert die Landesregierung mit einem Maßnahmenpaket. „Ein erster Schritt“ ist laut Feller die Einführung einer „verbindlichen Lesezeit von dreimal 20 Minuten pro Woche in den Grundschulen“. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme sei wissenschaftlich erwiesen. Lesen sei die wichtigste Grundlage für das Lernen.

Versprechen: Grundschulen bekomme bessere Unterrichtsmaterialien

Grundschul-Lehrkräfte in NRW sollen zudem verbindliches Unterrichts-Material für Deutsch und Mathematik erhalten, mit dem sie die Leistungen der Schulkinder wirklich verbessern könnten. Andere Schulformen könnten längst auf diese „Muster-Unterrichtsmaterialien“ zurückgreifen.

Feller: "Wir lassen die Grundschulen in Ruhe arbeiten"

Schließlich verspricht Feller der Grundschulen, dass sie künftig nicht mit immer neuen Programmen und Plänen belastet würden. Aktionismus helfe nicht: "Es gibt da zu viel ,Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln'. Wir führen zum Beispiel Englisch ein in der dritten Klasse. Dann sagen wir: Doch lieber in der ersten Klasse, und dann gehen wir zurück zu Englisch ab der dritten Klasse. Das führt alles zu Unruhe. Wir müssen aber Ruhe reinbringen in die Grundschulen.“ .Daher würden jetzt auch nicht der Masterplan Grundschule oder die Fachoffensiven Mathematik und Deutsch in Frage gestellt.

Einheitliche Untersuchung der Kinder vor der Einschulung

Noch etwas kündigte Feller an: In NRW werde künftig bei der Grundschul-Anmeldung ein einheitliches „Screening“ durchgeführt, das in eine gezielte Förderung für Kinder münden solle, die noch nicht reif sind für den Schulstart. Dirk Schnelle aus dem Schulministerium sprach von „Vorbereitungskursen“.

Die SPD, die die Sondersitzung beantragt hatte und von einer „Bildungskatastrophe“ spricht, warf Feller vor, kein „Gesamtkonzept“ zu haben. SPD-Schulexpertin Dilek Engin sagte im Ausschuss: „Ministerin Feller erkennt sogar an, dass die Ergebnisse von IQB- und IGLU-Studie ein Weckruf sind. Doch über die Problembeschreibung kommt sie kaum hinaus. Ein halbes Jahr nach dem IQB-Bildungstrend hat die schwarz-grüne Landesregierung als einzige konkrete Maßnahme zur Stärkung der Basiskompetenzen: 3x 20 Minuten Lesen pro Woche – das ist nicht verkehrt, aber erschreckend wenig.“

Aus Sicht der SPD fehlt ein Konzept für die "Bildungskatastrophe"

Die Sozialdemokraten fordern unter anderem eine Kompetenz-Untersuchung von Kindern durch Ärzte der Gesundheitsämter schon im Alter von viereinhalb Jahren und nicht kurz vor der Einschulung. Im letzten Jahr vor der Einschulung müssten Kinder mit Förderbedarf gezielt auf den Schulbesuch vorbereitet werden. Die Schul- und die Familienministerin müssten viel enger zusammenarbeiten, um den Übergang von der Kita zur Schule zu verbessern.

Die NRW-Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Anne Deimel, hält zwar die Einführung fester Lesezeiten an den Grundschulen für sinnvoll, kritisiert aber, dass die Schulen vom Land auf einen „Einheitsweg“ gezwungen würden. „Nun verbindliche Vorgaben für die Grundschulen zu verkünden, sorgt für Verärgerung, denn es trifft die Menschen, die in den Schulen täglich trotz des Fachkräftemangels die Systeme aufrechterhalten“, erklärte Deimel in einer Mitteilung.