Düsseldorf. Der neue SPD-Fraktionschef Jochen Ott dringt vor einer Sondersitzung des Schulausschusses auf bessere Förderung für Grundschulkinder.

Der neue SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott nutzte gleich den ersten Tag nach seiner Wahl für einen Frontalangriff gegen die NRW-Schulpolitik. Angesichts der in mehreren Studien beschriebenen Lern-Defizite unter Grundschulkindern warf Ott Schwarz-Gelb Tatenlosigkeit vor.

„Es kann nicht sein, dass eine Landesregierung ein halbes Jahr nach der IGLU-Studie sagt: Unsere Antwort ist dreimal 20 Minuten Lesen in der Woche“, sagte Ott.

Probleme mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen

Laut der vor Kurzem vorgestellten internationalen „IGLU-Studie“ können in Deutschland viele Kinder nach vier Jahren Grundschule kaum lesen. Vor einem halben Jahr kam die „IQB-Studie“ im Auftrag der Kultusministerkonferenz zum Ergebnis, dass etwa jedes dritte Grundschulkind in NRW nicht richtig lesen, schreiben und rechnen könne.

Unter dem Eindruck dieser Studien hat NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) angekündigt, in Grundschulen zum kommenden Schuljahr „dreimal 20 Minuten verbindliche Lesezeit pro Woche“ einzuführen. Dies sei ein erster Schritt zur Stärkung der Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Grundschulen.

Viele 15-Jährige sind nicht ausbildungsfähig

Die SPD-Opposition meint aber, es müsse viel mehr getan werden. Jochen Ott erinnerte an eine weitere Studie aus dem Jahr 2022: Der Bildungsforscher Dieter Dohmen hatte damals im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung herausgefunden, dass rund ein Fünftel der 15-Jährigen in NRW nur rudimentär lesen, schreiben und rechnen könne und nicht ausbildungsfähig sei.

„Wenn sie sich jetzt vorstellen, dass unter den heutigen Viertklässlern bis zu einem Drittel der Schülerinnen und Schüler erhebliche Probleme haben, kann man sich ausrechnen, welche Zahlen da auf uns zurollen“, warnte der Bildungsexperte Ott. Die SPD-Landtagsfraktion spricht gar von einer „Bildungskatastrophe“ und ruft nach einem Sofortprogramm.

Forderung der SPD: Kinder viel früher fördern

Die Eckpunkte: Bereits mit viereinhalb Jahren und nicht erst kurz vor der Einschulung müsse der Entwicklungsstand der Kinder festgestellt werden. Im letzten Jahr vor der Schule sollten Kinder mit Förderbedarf gezielter unterstützt werden. Schließlich müssten Kita- und Grundschul-Experten an einen Tisch geholt werden.

Schulministerin Feller wird am morgigen Donnerstag im Schulausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Dann geht es in einer Sondersitzung um die Konsequenzen aus den jüngsten Studien.

NRW-Schulministerin Feller (CDU) hält nicht viel von Schnellschüssen

Feller hatte zuvor betont, dass sie nicht viel von Schnellschüssen halte. Um die Probleme in den Grundschulen zu lösen, benötige man „einen langen Atem“. Bereits nach der Veröffentlichung des IQB-Bildungstrends hatte sie angekündigt, die Maßnahmen zur Stärkung der Grundschulen auf den Prüfstand zu stellen.

Sie tausche sich zudem mit NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) aus, deren Ressort für die Kitas zuständig ist. Jochen Ott wirft Feller und Paul hingegen vor, aneinander vorbeizuarbeiten.