Düsseldorf. Laut einer neuen Studie eröffnen sich in NRW immer weniger Perspektiven für Jugendliche mit Haupt- oder Realschulabschluss.

Der Bildungsforscher Dieter Dohmen hat als Gast der SPD-Landtagsfraktion davor gewarnt, dass junge Menschen, die die Schule mit dem Haupt- oder dem Realschulabschluss verlassen, immer weniger Chancen auf einen Ausbildungsplatz hätten. „Das Abitur ist der einzige Schulabschluss, der mit Sicherheit eine Zukunftschance eröffnet“, sagte der Leiter des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie. Dies gelte in NRW noch mehr als in anderen Ländern.

Nicht einmal jeder zweite Realschüler kann eine Lehre beginnen

Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hatte bei dem Institut eine Studie zu den Bildungschancen für Kinder und Jugendliche in NRW in Auftrag gegeben. Zentrales Ergebnis: Die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit mittlerem Schulabschluss verschlechterten sich, weil immer mehr Abiturienten eine duale Ausbildung beginnen. Inzwischen finde weniger als die Hälfte eines Jahrgangs mit Realschulabschluss eine Lehrstelle.

Dohmen kritisierte nicht den Trend zum Abitur. Der sei „absolut notwendig“ und lehne sich an das Sicherheitsbedürfnis junger Menschen an. Benötigt würden mehr Studierende, aber auch insgesamt mehr Lehrlinge. Ein großes Arbeitskräfte-Potenzial bleibe aber ungenutzt, so Dohmen: Etwa 20 Prozent der 15-Jährigen könnten nur rudimentär lesen, schreiben und rechnen. Ein beträchtlicher Teil dieser „funktionalen Analphabeten“ bekomme dennoch einen Schulabschluss. Fachkräftemangel könne durch Zuwanderung gebremst werden, zusätzlich aber auch durch eine bessere Bildung für alle Jugendlichen im Inland.

Zum Teil gibt es aber auch mehr Ausbildungsplätze als Bewerber.

Vorschlag: Ausbildungsprämie für Betriebe

Das Institut schlägt unter anderem eine Ausbildungsprämie von 25.000 Euro für Betriebe vor, die zusätzliche Lehrstellen anbieten. Eine stärkere Praxisorientierung der Lehrerausbildung, die Digitalisierung von Schulen und der Ausbau des gebundenen Ganztags könnten helfen. Die Kita-Plätze müssten bis 2030 jährlich um 25.000 aufwachsen. Dafür müssten zwar mehr als 20 Milliarden Euro ausgegeben werden, aber diese Investition in die Köpfe würde sich schon nach wenigen Jahren für den Staat rechnen.

SPD-Spitzenkandidat Kutschaty: Investitionen in Bildung rechnen sich

SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty warb für massive Investitionen in die Bildung, weil sie schnell zur „sozialen Rendite“ führten. Kinder, die heute auf die Welt kommen, hätten eine durchschnittliche Lebenserwartung von mehr als 90 Jahren. Schon in den ersten Jahren entscheide es sich, ob sie selbstbestimmt leben könnten oder auf Sozialleistungen angewiesen seien.

Die Sozialdemokraten fordern Ausbildungsprämien für Betriebe, die bevorzugt Haupt- und Realschulabsolventen einstellen und Prämien für Schulen, die Jugendliche in eine Lehre vermitteln. In der Sekundarstufe 1 solle es mehr praktische Unterrichtsinhalte geben.

Das Handwerk in NRW wünscht sich von der neuen Bundesregierung mehr Wertschätzung für die berufliche Bildung.