Düsseldorf. Einige Städte haben die Bewerbung als „Cannabis-Modellregion“ fertig, andere zögern noch. Die Kritiker sind ebenso laut wie die Befürworter.

Während überall in Deutschland über die Pläne des Bundes für eine Cannabis-Legalisierung diskutiert und vor allem gestritten wird, bereiten die ersten Städte in NRW schon ihre Kandidaturen als „Cannabis-Modellregionen“ vor. In Münster und Köln gibt es eine breite politische Unterstützung dafür, in Bielefeld trommeln die Grünen für eine Liberalisierung des Cannabis-Konsums.

Münster versuchte es schon 2015

In Münster sieht ein politisches Bündnis jetzt die Chance, eine Schlappe aus dem Jahr 2015 zu korrigieren: Damals stimmte der Rat für ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis. Die Stadt reichte einen Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein – und scheiterte.

Solch ein Vorstoß war rechtlich in Deutschland vor acht Jahren noch nicht möglich, aber das könnte sich bald ändern. Denn die Ampel-Regierung räumt gerade die Hürden aus dem Weg. In der Universitätsstadt schaut man genau hin. „Wir Grünen in Münster freuen uns, dass es auf Bundesebene bei der Legalisierung von Cannabis weiter vorangeht“, sagen zum Beispiel die Münsteraner Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink und der örtliche Parteichef Jörg Rostek.

Cannabis im Laden

Grüne, SPD, Volt, die Internationale Fraktion sowie die Linke haben mit ihrer Mehrheit einen Ratsantrag gestellt. Darin fordern sie die Stadt auf, sich als Modellregion zu bewerben. Für Harald Wölter, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im Rat von Münster, ist das laut den „Westfälischen Nachrichten“ eine Herzensangelegenheit. Sollte sich das Bündnis durchsetzen, dann könnten Erwachsene künftig in Münster die Droge im Laden kaufen.

Die Pläne des Bundes sehen nämlich vor, dass in einer Modellregion „Genusscannabis“ in speziellen und mit einer offiziellen Lizenz ausgestatteten Geschäften an über 18-Jährige, die in dieser Region wohnen, abgegeben werden darf. Der kommerzielle Verkauf würde dort „wissenschaftlich begleitet“. Nach fünf Jahren wird Bilanz gezogen: Hat der Gesundheits- und Jugendschutz davon profitiert? Ist der Schwarzmarkt kleiner geworden?

In Köln stellt sich die Union quer

In Köln, der einwohnerstärksten Stadt in NRW, treiben die Ratsfraktionen von SPD, Volt und Linken eine „Modellregion“-Bewerbung voran. Grüne und Liberale signalisierten Zustimmung, die CDU ist strikt dagegen, und Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) will offenbar nicht selbst die Initiative ergreifen. Eine Mehrheit für das Projekt zeichnet sich aber ab.

In Bielefeld sind die Grünen treibende Kraft, eine politische Mehrheit für die Bewerbung ist allerdings noch nicht in Sicht. „Für mich ist nun klar, dass wir uns in Bielefeld nun als Modell-Region anbieten müssen. Wir sind dafür sehr gut aufgestellt. Unser Koalitionsvertrag gibt uns den Auftrag dazu“, twitterte der Grünen-Fraktionschef Dominic Hallau.

Initiativen in und außerhalb von NRW

Initiativen dieser Art blühen landauf-landab. Im Ennepe-Ruhr-Kreis trommelt zum Beispiel der FDP-Nachwuchs (Junge Liberale) für eine Bewerbung. Der Kreis biete sich wegen seiner Mischung aus Stadt und Land dafür an, heißt es. Die Privatuniversität Witten-Herdecke könne den Versuch wissenschaftlich begleiten. Jenseits der Landesgrenzen werden Chancen und Risiken der Modellregionen genauso heiß diskutiert. In Hessen preschen Frankfurt und Offenbar gemeinsam vor, Hanau, Darmstadt und Wiesbaden sind noch skeptisch.

Denn die kritischen Stimmen sind mindestens so laut wie die der Befürworter. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) macht keinen Hehl daraus, dass er der Cannabis-Legalisierung grundsätzlich kritisch gegenübersteht. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) warnt vor der schrittweisen Legalisierung von Cannabis und sieht Gefahren insbesondere für junge Konsumentinnen und Konsumenten. KVNO-Chef Dr. Frank Bergmann wirft der Ampel-Koalition bei diesem Thema „fahrlässiges“ Handeln vor. Cannabis könne als psychoaktive Substanz negative Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit haben und nicht zuletzt auch zur Abhängigkeit führen.

Ampel hat die Cannabis-Pläne leicht entschärft

Die Bundesminister Karl Lauterbach (Gesundheit, SPD) und Cem Özdemir (Landwirtschaft, Grüne) hatten vor einem Monat die Pläne des Bundes für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Das Konzept fällt etwas kleiner aus als ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbart: Die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" soll doch nur auf „Modellregionen“ beschränkt werden, um nicht in Konflikt mit dem EU-Recht zu geraten.

Laut dem Gesetzentwurf könnte es bald außerdem „Cannabis Social Clubs“ geben, die Cannabis anbauen und ihre Vereinsmitglieder damit versorgen dürfen. Auch der private Anbau von drei Pflanzen zum Eigenkonsum soll möglich werden. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis wird Erwachsenen den Plänen zufolge erlaubt.