Düsseldorf. Das Brückendesaster und kein Ende: Jetzt sind Mails aufgetaucht, die die SPD an der rein fachlichen Bau-Priorisierung zweifeln lassen.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat im Zusammenhang mit dem A45-Brückendebakel in Lüdenscheid den Eindruck zurückgewiesen, die Dringlichkeit von Infrastrukturprojekten würde durch parteipolitische Interessen bestimmt.
„Eine Priorisierung nach Wahlkreisen, die CDU- und Grünen-Abgeordnete gewonnen haben, findet in unserem Hause nicht statt“, sagte Krischer Ende April im Verkehrsausschuss des Landtags NRW. Die Abstimmung mit lokalen Abgeordneten werde „selbstverständlich so gehandhabt, dass wir die Kommunikation im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben machen“. Es sei aber nicht seine Aufgabe, das Vorgehen der früheren Landesregierung „im Nachhinein in irgendeiner Weise zu bewerten“, so Krischer.
"Morgen nach der Fraktion sollen Bilder gemacht werden"
Das Portal „t-online“ hatte interne E-Mails aus der Amtszeit des früheren Verkehrsministers Hendrik Wüst (CDU) veröffentlicht, die eine enge Verzahnung der Regierungsarbeit mit CDU-Wahlkreisabgeordneten bei einer Reihe von Projekten des „Masterplans“ zur Umsetzung des Fernstraßenbedarfsplans nahelegen.
Wüsts damaliger Büroleiter Thomas Dautzenberg, der inzwischen zum Landtagsdirektor befördert wurde, habe sogar explizit die PR für die Abgeordneten orchestriert. „Ich bräuchte mal dringend die Namen der Abgeordneten, die von neu aufgenommenen Maßnahmen betroffen sind. Mit denen sollen morgen nach Fraktion Bilder gemacht werden", zitierte „t-online“ aus einer internen Mail Dautzenbergs im Februar 2019. Das Ministerium ließ eigens Planungsplakate drucken, die von den Abgeordneten gemeinsam mit Wüst in die Kamera gehalten wurden.
Die Vorgänge verstärken Zweifel an Wüsts Darstellung im Zusammenhang mit der maroden A45-Brücke, die Priorisierung von Verkehrsprojekten erfolge allein entlang der fachlichen Einschätzung von Ingenieuren und sei keine politische Entscheidung. Die SPD vermutet, dass die knappen Planungsmittel und -kapazitäten lieber in Vorzeigeprojekte von CDU-Wahlkreisabgeordneten gesteckt wurden anstatt in den Neubau der Rahmedetalbrücke. Dessen Verschiebung um mehrere Jahre fiel in Wüsts Amtszeit und hat sich als fataler Fehler erwiesen.
Verkehrsministerium verteidigt den Umgang mit der Rahmedetalbrücke
„Es steht weiter im Raum, dass Hendrik Wüst das Ministerium für parteipolitische Zwecke eingespannt hat“, kommentierte SPD-Verkehrsexperte Gordon Dudas. Ein Vertreter des Verkehrsministeriums betonte dagegen: „Der Streckenabschnitt der A45, in dem die Talbrücke Rahmede liegt, war zum damaligen Zeitpunkt planerisch noch nicht so weit fortgeschritten, als dass ein Planfeststellungsverfahren hätte eingeleitet werden können. Wenn das so gewesen wäre, wäre dieser Abschnitt mit der gleichen Priorität vorangetrieben worden.“
Am 4. Mai tagte zum ersten Mal im Landtag der Untersuchungsausschuss „Brückendesaster“, der gerichtsähnliche Befugnisse hat und weitere Regierungsakten durchleuchten wird. Mehrere prominente Zeugen sollen in den kommenden Jahren verhört werden, an vorderster Stelle der heutige Ministerpräsident Wüst. Die Rahmedetalbrücke ist seit über einem Jahr gesperrt, was in der Wirtschaftsregion Südwestfalen Tag für Tag ein Verkehrschaos verursacht.