Düsseldorf. Laut dem Portal „T-Online“ soll die Landesregierung wichtige Mails gelöscht haben, die den Ministerpräsidenten belasten könnten.

Im Zusammenhang mit dem Verkehrschaos rund um die seit über einem Jahr gesperrte A45-Talbrücke Rahmede kursieren seit dem Wochenende neue Vorwürfe gegen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Das Portal „T-Online“ meldete, dass E-Mails zwischen der Staatskanzlei und dem NRW-Verkehrsministerium, die möglicherweise belastende Hinweise zur Rolle Wüsts und der seines früheren Büroleiters im Verkehrsministerium, Thomas Dautzenberg, in der Brückenaffäre enthielten, gelöscht worden sein sollen.

Keiner weiß, wo die Mails geblieben sind

Beide Häuser hätten dies gegenüber dem Portal eingeräumt, hieß es. In der Antwort der Staatskanzlei, die dieser Reaktion vorliegt, steht: „Im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf und personelle Wechsel innerhalb der federführenden Arbeitseinheit kann der Verbleib des von Ihnen angesprochenen E-Mail-Verkehrs nicht mehr nachvollzogen werden.“ Wahrscheinlich sei der Mail-Verkehr nicht zu den Akten genommen worden. Die Landesregierung hatte die Mails auf Antrag des Portals herausgeben müssen.

Es soll sich laut „T-Online“ um Mails handeln, die Staatskanzlei und NRW-Verkehrsministerium im Jahr 2020 mit Bezug auf die Rahmedetalbrücke austauschten. Die Staatskanzlei erklärte, dass Ministerpräsident Wüst stets von einer "Sanierung" und nie von einem Neubau gesprochen habe. Tatsache ist, dass Sanierung oder Neubau verschoben wurden. Die Folge ist eine Vollsperrung, die Bürger und Wirtschaft in Südwestfalen massiv belastet.

Gab es politische Einflussnahme oder nicht?

Im Kern geht es um die Frage: Hat Hendrik Wüst als NRW-Verkehrsminister Einfluss darauf genommen, dass Arbeiten an der Brücke verschoben wurden? Im Landtagswahlkampf war der Eindruck erweckt worden, die Verschiebung sei gar nicht in Wüsts Amtszeit erfolgt, sondern von der SPD-geführten Vorgängerregierung entschieden worden. Die Entscheidung, wann welches Bauwerk saniert werde, sei eine "rein fachliche", die zudem vor seiner Amtszeit entschieden worden sei, sagte Wüst im April 2022 dem "Westfälischen Anzeiger". Fachlich zuständig waren zunächst der Landesbetrieb Straßen.NRW und ab 2020 die neue Autobahn GmbH des Bundes. Politischer Druck sei durch Wüst bei dieser Frage nicht ausgeübt worden, heißt es.

Nach Einschätzung von "T-Online" könne inzwischen belegt werden, dass es keine rein fachliche Entscheidung gewesen sein soll und dass die Entscheidungen doch in Wüsts Amtszeit als Verkehrsminister fielen.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) sagte im November im Landtag, es gebe in seinem Haus keine Projektunterlagen mehr zur Brückensanierung. Die lägen jetzt bei der Autobahn GmbH des Bundes. T-Online behauptet hingegen, die Landesregierung habe dem Portal solche Unterlagen auf Antrag herausgeben müssen.

Opposition erhöht den Druck auf die NRW-Regierung

Die Opposition erhöht den Druck auf den Ministerpräsidenten. In einem Schreiben an Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) forderten SPD und FDP in der vergangenen Woche die Herausgabe aller Akten zu dem maroden Bauwerk bis zum 31. Januar, weil Recherchen immer mehr Zweifel an der Darstellung der Abläufe, die zum Verkehrschaos um Lüdenscheid geführt haben, nährten.

FDP-Landtagsfraktionschef Henning Höne geht von einer „Falschaussage“ Wüsts zu dessen Rolle beim Brücken-Desaster aus. Die Dokumente, die die Landesregierung dem Portal "T-Online" geben musste, ließen diesen Schluss zu. „Immer dann, wenn Regierungsmitglieder nicht die Wahrheit sagen, wird die Opposition hellhörig. Nun muss die Frage geklärt werden, wer wann von was wusste.“ Es sei zu einfach, die Verantwortung für die Brücke in Richtung Autobahn GmbH des Bundes sei schieben.