Essen/Düsseldorf. Einen Tag vor der Abgabefrist fehlen in NRW noch immer 2,4 Millionen Grundsteuererklärungen. Eine erneute Fristverlängerung wird es nicht geben.

Am letzten Tag der Abgabefrist ist die Aufregung noch einmal groß. Wenn nicht alles täuscht, werden Millionen Steuerbürger ihre Grundsteuererklärung bis zum festgelegten Stichtag – das ist der heutige Dienstag – nicht fristgerecht abgegeben haben. Darauf jedenfalls deuten die aktuellen Zahlen der NRW-Oberfinanzdirektion über den Rücklauf der Grundsteuererklärungen bis Montag hin, die dieser Redaktion vorliegen. Derweil fordern Verbände die Finanzbehörden dazu auf, die neuen Grundsteuerbescheide nur vorläufig zu erlassen. Und die FDP-Landtagsopposition drängt NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) zum vorläufigen Verzicht auf alle Sanktionen gegen die säumigen Steuerbürger. Ein Überblick.

Worum geht es?

Wer seit dem 1. Januar 2022 Eigentümer eines Grundstücks oder eines Gebäudes ist oder war, muss im Zuge der Grundsteuerreform eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts abgeben. In NRW sind rund 6,7 Millionen Objekte betroffen. Die Finanzbehörden setzten dafür zunächst eine Frist bis 31. Oktober vergangenen Jahres. Nach viel Kritik an der Komplexität des Verfahrens verlängerten Bund und Länder die Frist um drei Monate bis 31. Januar 2023. Seit Wochen zeichnet sich jedoch ab, dass Millionen Betroffene die Frist nicht einhalten werden.

Was sagt die NRW-Finanzverwaltung?

Die Finanzbehörden haben sich offenbar schon auf eine millionenfache Nachbearbeitung eingestellt. „Erfahrungsgemäß werden Fristen oftmals möglichst weit ausgenutzt. Die aktuellen Eingänge bestätigen unsere Erfahrung“, teilte ein Sprecher der Oberfinanzdirektion auf Anfrage dieser Redaktion am Montag mit. Bisher seien rund 4,3 Millionen Erklärungen (64 Prozent) in den NRW-Finanzämtern eingegangen – davon über 90 Prozent digital über das Steuerportal Elster. Heißt: Bis gestern fehlten noch 2,4 Millionen Erklärungen. Die Behörde setzt auf den bereits seit Tagen beobachteten „Abgabe-Endspurt“. „Wir haben in den letzten Wochen die höchsten Eingangszahlen seit Beginn der Abgabe verzeichnet. Unsere Finanzämter sind gut darauf vorbereitet“, sagte der Behördensprecher.

Wird es eine erneute Fristverlängerung geben?

Im Unterschied zu Bayern verlängert Nordrhein-Westfalen die Frist für die Grundsteuererklärung nicht. „Wir nicht“, sagte ein Sprecher des NRW-Finanzministers am Dienstag in Düsseldorf der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob auch das bevölkerungsreichste Bundesland nach dem Vorbild von Bayern die Frist verlängert. Kurz zuvor war in München bekannt geworden, dass der Freistaat im Alleingang die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung verlängert. Grundstückseigentümer sollen drei Monate länger Zeit bekommen, also bis Ende April, wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) nach einer Kabinettssitzung sagte.

Frist verpasst - was kommt auf säumige Grundstückseigner nun zu?

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„Nach Ablauf der Frist werden die Finanzämter die nächsten Schritte einleiten und die Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihre Grundsteuererklärung nicht fristgerecht abgegeben haben, mit einem Erinnerungsschreiben an die Abgabe erinnern“, heißt es seitens der Oberfinanzdirektion. In dem Schreiben werde auch darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtabgabe der Erklärung grundsätzlich Verspätungszuschläge und Zwangsmaßnahmen möglich seien. Sollten die säumigen Eigentümer auch dann nicht reagieren, können die Finanzämter vor Ort die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Heißt: Eigentümer haben dann keinen Einfluss mehr darauf, ob die Grund- und Bodenwerte den Gegebenheiten noch entsprechen.

Was geschieht mit den eingereichten Grundsteuererklärungen?

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Bürgerinnen und Bürger, die ihre Grundsteuererklärung abgegeben haben, erhalten von ihrem Finanzamt den Grundsteuerwert- und den Grundsteuermessbescheid. Diese beiden Bescheide sind noch keine Zahlungsaufforderungen. Darauf weist die Finanzbehörde ausdrücklich hin. Die Werte dienten lediglich als Berechnungsgrundlage für die Kommunen als Grundlage für die spätere Festsetzung der Grundsteuer. Der von den Finanzämtern neu berechnete Grundsteuerwert und der Grundsteuermessbetrag haben zudem keine Aussagekraft über die künftige Höhe der Abgabe. „Die Kommunen setzen ab 2024 zunächst die neuen Hebesätze fest und berechnen mit diesen die zu zahlende Grundsteuer“, so die Behörde. Die neue Grundsteuer wird erst ab dem 1. Januar 2025 fällig.

Soll man Einspruch gegen seinen Grundsteuerbescheid einlegen?

Dazu rät unter anderem die FDP-Landtagsfraktion. Steuerpflichtige sollten ihre Bescheide gründlich prüfen lassen und bei Zweifeln an Korrektheit zügig Einspruch einlegen, sagen die Liberalen. Schon jetzt seien zahlreiche Einsprüche wegen verfassungsrechtlicher Bedenken an den Berechnungsmethoden der neuen Grundsteuer anhängig. Um Millionen weiterer Einsprüche zu vermeiden, fordern NRW-Verbraucher- und Berufsverbände zudem von NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU), die Bescheide nur vorläufig zu erlassen. „Damit kann eine Einspruchswelle verhindert werden, alle Eigentümer bekommen Rechtssicherheit und Finanzverwaltung und Steuerberater werden entlastet“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Steuerzahlerbund und Steuergewerkschaft gemeinsam mit den Verbänden Haus&Grund und Wohneigentum sowie den Steuerberaterverbänden Düsseldorf, Köln und Westfalen-Lippe.

Was sagt die FDP-Opposition im Landtag?

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Die FDP kritisiert die Umsetzung der Grundsteuerreform in NRW seit Monaten und hat früh vor einer Überforderung der Bürger gewarnt. „Das neue Grundsteuermodell ist wie erwartet ein Rohrkrepierer und eine Zumutung für die Bürger. Die Kette von Fehlentscheidungen ist lang. Steuerzahler sind heute bereits überfordert und werden zukünftig noch verärgert sein, wenn sie ihre Mehrbelastung durch die Neuberechnung sehen“, sagte Fraktionsvize Ralf Witzel dieser Zeitung. Angesichts der vielen nicht rechtzeitig eingereichten Erklärungen fordert Witzel die NRW-Finanzverwaltung außerdem auf, bis auf weiteres auf alle Sanktionen zu verzichten. Finanzämter sollten stattdessen bürgerfreundlich Steuerzahlern helfen, wenn diese auch noch deren Arbeit erledigen müssen, sagte der FDP-Politiker. Finanzminister Optendrenk dürfe nicht auch noch Geld verdienen „an seinem Scheitern, ein verständliches und akzeptiertes Modell auf den Weg zu bringen“. Der Auskunftsservice der Finanzämter müsse für einen höheren Rücklauf quantitativ und qualitativ deutlich aufgestockt werden. Witzel kritisierte erneut, dass NRW anders als etwa Hessen und Niedersachsen die Möglichkeit der Länderöffnungsklausel für ein einfacheres Grundsteuermodell als das des Bundes nicht genutzt habe.

Warum ist die Grundsteuerreform auch für Mieter von Interesse?

Vermieter sind berechtigt, die Grundsteuer anteilig über die Nebenkosten auf ihre Mieter umzulegen. Steigt die Grundsteuer nach der Neuberechnung ab 2025 oder fällt sie geringer aus als bisher, wirkt sich das also auf die Höhe der Mietnebenkosten aus. Mieterschützer fordern seit Langem, Mieter von der Grundsteuerumlage zu befreien.