Essen. Studierende schlagen Alarm: Die Semesterbeiträge steigen immer weiter auf weit über 300 Euro. Studierendenwerke fordern vom Land mehr Zuschüsse.
Wegen dramatischer Preissteigerungen bei Energie, Lebensmitteln und Instandhaltung sehen sich Studierendenwerke gezwungen, die Sozialbeiträge für die Studierenden anzuheben. So erhöht das Studierendenwerk Münster die Beiträge von 99 Euro auf 120 Euro zum Wintersemester 2023/24. Insgesamt werden somit für Studierende pro Semester künftig rund 337 Euro als Semesterbeitrag fällig.
Münster ist kein Einzelfall: „Es werden in diesem und im kommenden Jahr weitere Studierendenwerke ihren Sozial- oder Studierendenwerks-Beitrag erhöhen müssen“, sagt Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks. Auch in den letzten Jahren haben bereits viele Studierendenwerke die Beiträge erhöht.
Kampagne „SOS Semesterbeitrag“
Die Studierenden in NRW laufen angesichts von Semesterbeiträgen von inzwischen flächendeckend weit über 300 Euro Sturm gegen weitere Preiserhöhungen. Das Landes-Asten-Treffen (LAT NRW), ein Zusammenschluss der Studierendenvertretungen in NRW, startete daher die Kampagne „SOS Semesterbeitrag NRW“.
„Die Pandemie hat gezeigt, wie prekär die Lage vieler Studierender ist. Doch die Semesterbeiträge steigen immer weiter und werden so zu versteckten Studiengebühren“, klagt Amanda Steinmaus, Koordinatorin des LAT. Die steigenden Summen seien für viele Studierende angesichts der allgemeinen Preissteigerungen kaum noch aufzufangen und schreckten von einem Studium ab. Die Studierendenvertretungen fordern vom Land eine deutliche Steigerung der Förderung der Studierendenwerke sowie eine Mitfinanzierung des Semestertickets.
Bis 360 Euro pro Semester
Alle Studierende sind verpflichtet, den Sozialbeitrag zu bezahlen. Mit den Mitteln werden die Aufgaben der Studierendenwerke, die preisgünstige Mensen und Wohnheime betreiben sowie verschiedene Beratungsangebote vorhalten, finanziert. Der Sozialbeitrag ist Teil des Semesterbeitrags, über den auch das Semesterticket und die Arbeit der Studierendenschaften bezahlt werden.
An der Uni Duisburg-Essen setzt sich zum Beispiel der Semesterbeitrag von 346 Euro so zusammen: 16 Euro für die Arbeit der Studierendenschaft (Asta), 220 Euro für das Semesterticket, 110 Euro Sozialbeitrag für das Studierendenwerk. Zum Vergleich: An der Ruhr-Uni Bochum zahlen Studierende derzeit 362,62 Euro.
SPD: Das falsche Signal
„Die Anhebung des Sozialbeitrags für die Studierenden an den Hochschulen ist das vollkommen falsche Signal“, kritisierte auch Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD im Landtag, die Entscheidung in Münster. „Immer mehr Studierende müssen ihr Studium abbrechen oder ziehen zurück zu den Eltern, weil sie sich das eigene Leben nicht mehr leisten können“, so Hartmann. Er sieht die Landesregierung in der Pflicht, die Förderung für die Studierendenwerke anzuheben, um die Studierenden zu entlasten. „Es kann doch nicht sein, dass die Studierenden jetzt das Versagen der Landesregierung ausbaden müssen.“
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Insbesondere bei Nahrungsmitteln, Energie sowie Bau und Instandhaltung verzeichneten die Mensen und Wohnheime enorme Mehrkosten, teilt die Arbeitsgemeinschaft der zwölf Studierendenwerke in NRW mit. Dies schlage sich in den notwendigen Preis- und Mieterhöhungen nieder. Das Studierendenwerk Münster verteidigt daher die erste Preiserhöhung seit 2018. „Wenn wir weiterhin vergünstigtes Wohnen und Essen sowie unsere Beratungs- und Unterstützungsangebote anbieten wollen, benötigen wir eine angemessene Finanzausstattung“, sagte Geschäftsführer Christoph Holtwisch dieser Redaktion und betont, dass die aktuelle Anpassung einen „überfälligen Inflationsausgleich“ darstelle.
Appell an die Landesregierung
Wie die Studierenden beklagt auch Holtwisch eine wachsende Schieflage bei der Verteilung der Kosten zwischen den Landeszuschüssen und den Beiträgen der Studierenden. Die finanziellen Lasten würden schon seit Anfang der 2000er-Jahre immer stärker den Studierenden aufgebürdet. „So kann es nicht weitergehen.“
Die zwölf Studierendenwerke fordern vom Land, die Zuschüsse für die Studierendenwerke in NRW von 44 Millionen Euro im Jahr deutlich zu erhöhen. Die geplante Anhebung um drei Prozent sei angesichts der Inflationsrate nicht ausreichend. „Die Studierendenwerke benötigen mehr finanzielle Unterstützung von den Ländern, damit sie die Preissteigerungen nicht mit Erhöhungen des Sozialbeitrags, höheren Mieten in den Wohnheimen und teurerem Essen in der Mensa kompensieren müssen“, so Anbuhl. Zu allem Überfluss warten die Studierenden in Deutschland immer noch auf die Energiepauschale von 200 Euro, die ihnen der Bund im September versprochen hatte.
>>>> Die Studierendenwerke in NRW
In Nordrhein-Westfalen gibt es zwölf Studierendenwerke, die sich als Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Sie betreiben Wohnheime, Kitas, Mensen, Cafeterien und Bistros und sind Vermieter für fast 50.000 Studierende im Jahr.
Gleichzeitig sind die mehr als 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ansprechpartner, wenn es um das Thema Studienfinanzierung (Bafög) geht und helfen mit Beratungsangeboten bei Problemen wie etwa Lernstörungen, Prüfungsängste oder Studienstress.