Düsseldorf. Mit heutigem Wissen hätte man die Talbrücke bei Lüdenscheid sanieren oder zügig neu bauen müssen. Eigene Fehler sieht Wüst aber nicht.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat Fehler im Vorfeld der Sperrung der A45-Brücke Rahmedetal eingeräumt.

Aus heutiger Sicht sei die Entscheidung aus dem Jahr 2014, die marode Talbrücke nicht zu verstärken oder zu sanieren, falsch gewesen. „Dieser Fehler wurde auch in meiner Amtszeit als Verkehrsminister nicht geheilt“, sagte Wüst in einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses am Montag. Das gelte aber auch für seine Vorgänger und seine Nachfolger im Verkehrsministerium sowie für den Bund.

Seit Ende 2021 steckt die Region Südwestfalen im Verkehrschaos

Der Verzicht auf die Brücken-Sanierung und später das Verschieben eines Neubaus um viele Jahre hatten schwerwiegende Folgen für Südwestfalen. Die Brücke musste Ende 2021 gesperrt werden, die Region steckt seitdem im Verkehrschaos.

Eine persönliche Verantwortung für das Brücken-Desaster erkennt Wüst nicht. Immer wieder hätten Experten bei der Überprüfung der Talbrücke Rahmedetal die Zustandsnote „3,0“ vergeben. Das bedeutet zwar „nicht ausreichender Zustand“, begründet aber keine Vollsperrung. Erst im Dezember 2021 habe eine neuartige Laser-Messung den wahren Zustand der Brücke sichtbar gemacht.

Die Autobahnen wurden nicht für den heutigen Verkehr gebaut

Die frühere Direktorin des Landesbetriebs Straßen.NRW, Elfriede Sauerwein-Braksiek, stützte Wüsts Einschätzung, dass das Desaster aus Expertensicht nicht vorhersehbar gewesen sei. Sie beschrieb aber, wie stark der Verkehr die gesamte A45 beansprucht.

„Das Autobahnnetz stammt aus den 1960er Jahren und wurde nach den damaligen Standards konzipiert. Die Rahmedetalbrücke war für eine Verkehrsbelastung von 25.000 Fahrzeugen pro Tag ausgelegt. Die stieg bis 2015 aber auf 64.000 an“, so Sauerwein-Braksiek, die heute die Autobahn GmbH des Bundes in Westfalen leitet.

"Mangelverwaltung" beim Straßenbau in NRW

Die Ingenieurin zeichnete das Bild einer dramatischen „Mangelverwaltung“ bei Straßen.NRW. Diese Behörde sei damals für 13.000 Bauwerke zuständig und personell schwach ausgestattet gewesen. Da könne man nicht jede fachliche Brückenprüfung hinterfragen. Wüst sagte, er habe 2017 als Verkehrsminister einen „gewaltigen Sanierungsstau“ angetroffen und mit zusätzlichem Personal und Geld dagegen angearbeitet.

SPD und FDP erklärten, der Verkehrsausschuss habe keinen Aufschluss über die politische Verantwortung für das Brücken-Desaster gebracht. Diese Fraktionen drohen ebenso wie die AfD weiter mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Opposition erhöht weiter den Druck

„Von anderen Bauprojekten wissen wir, es hat politischen Einfluss durch Wüst gegeben, um diese zu beschleunigen. Warum das bei der Rahmedetalbrücke nicht der Fall gewesen sein soll, konnte nicht aufgeklärt werden“, sagte FDP-Verkehrsexperte Christof Rasche.

„Unser Eindruck nach der Sitzung ist: Hier ist vieles hinter den Kulissen gelaufen, was bisher noch nicht öffentlich bekannt ist“, so Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Hendrik Wüst sei den Fragen immer wieder ausgewichen.