Essen. Im Kampf um Reformen verschärft sich die Krise in der katholischen Kirche in Deutschland. „Bannstrahl“ des Vatikans bremst Synodalen Weg aus.

Verstört, enttäuscht aber auch mit einer gewissen „Jetzt-erst-recht-Haltung“ reagierten Katholiken auf den „Bannstrahl“ des Vatikans gegen ein zentrales Reformvorhaben der katholischen Kirche in Deutschland. Ein Ende des laufenden Reformprozesses „Synodaler Weg“, mit dem Klerus und Laien in Deutschland nach den Missbrauchsaffären zentrale Reformen der Kirche anstoßen wollen, bedeute das Votum aus Rom nicht.

Dennoch verschärft sich der Zwist zwischen den Deutschen Bischöfen und dem Vatikan erneut. „Es gibt einen großen Konflikt, eine tiefe diplomatische Krise“, sagt Prof. Matthias Sellmann, katholischer Theologe an der Ruhr-Uni Bochum. „Es wird die Polarisierung verstärken und die Gläubigen weiter verunsichern“, glaubt Sellmann. Eine weitere Chance, die Kirche aus der Krise zu führen, sie zu öffnen und wieder attraktiver für die Menschen zu machen, sei vergeben worden.

Kernelement der Reformen

Der Brief aus dem Vatikan erreichte die deutschen Bischöfe am vergangenen Freitag. Darin sprach sich Rom gegen ein Kernelement der angestrebten Reformen aus. Ein Synodaler Rat als ständiges Leitungsgremium, in dem Kleriker und Laien gemeinsam entscheiden, sei nicht erlaubt. In dem Schreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, stellten ranghohe Vatikanvertreter klar, „dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz habe, den Synodalen Rat auf nationaler Ebene einzurichten“.

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Der Synodale Weg soll bei der Synodalversammlung im März in Frankfurt abgeschlossen werden. Anschließend wollen Bischöfe und einfache Gläubige aber weiterhin im Gespräch bleiben. Dazu ist der nun vom Vatikan kritisierte Synodale Rat vorgesehen, der bis 2026 vorbereitet werden soll. Ausgelöst wurde das Verdikt aus Rom durch einen Brief des konservativen Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki und vier weiteren Bischöfen, die dem Reformweg kritisch gegenüber stehen. Sie hatten beim Vatikan angefragt, ob sie sich am Synodalen Weg beteiligen müssten.

Kein Ende des Reformwegs

Das Schreiben aus Rom bedeute nicht das Ende des Synodalen Wegs, so Theologe Sellmann. „Eine große Mehrheit der Bischöfe hat sich dafür entschieden. Der Synodale Rat bewegt sich innerhalb des Kirchenrechts. Das kann der Vatikan nicht verbieten“, sagt Sellmann dieser Redaktion. Man kann das zwar atmosphärisch als „Bannstrahl“ betrachten, rechtlich aber habe der Vatikan keine Handhabe. Klar sei aber auch, dass man Bischöfe nicht zur Teilnahme an dem Reformprozess verpflichten könne.

Der Vatikan hatte schon im vergangenen Sommer klargestellt, dass die Deutschen nicht befugt seien, neue Leitungsstrukturen zu schaffen. Einen Bruch mit Rom will Sellmann in der neuerlichen Stellungnahme Roms gegen den Synodalen Rat indes nicht sehen. Der harsche Stil aber zeige, wie groß offenbar die Sorge des Vatikans über den Kurs der deutschen Katholiken sei.

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Auch Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, ein Verfechter des Reformvorhabens, wollte den Einspruch Roms offiziell nicht als Rückschlag deuten. Es habe nie in Zweifel gestanden, dass ein Synodaler Rat nur innerhalb des Kirchenrechts eingerichtet werden könne. Aber auch der Essener Bischof sieht offenbar einen wachsenden Konflikt zwischen den Reformkräften und den strikt konservativen Vertretern der katholischen Kirche. In einem Interview mit dieser Zeitung sagte Overbeck kürzlich: „Eine rein autoritäre Kirche passt nicht mehr in die Welt. Der Synodale Weg muss und wird weitergehen.“

Katholische Jugend ist enttäuscht

Auch katholische Laien-Organisationen wollen sich von ihrem Kurs nicht abbringen lassen. „Wenn die Bischöfe von Köln, Augsburg, Passau, Regensburg und Eichstätt nicht am Synodalen Ausschuss teilnehmen möchten, ist das zu bedauern“, sagte Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Die katholische Kirche in Deutschland aber brauche eine Zukunft, in der sie sich nach dem Missbrauchsskandal neu aufstellt, so Stetter-Karp. ZdK-Vizepräsident Thomas Söding betonte, drei Jahre auf dem Synodalen Weg habe Laien und Bischöfe enger zusammengeführt. Söding: „Es wäre fatal, dies alles jetzt aufzugeben.“

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Die katholische Jugend zeigte sich ebenfalls enttäuscht. Die Entscheidung aus Rom verdeutliche erneut, dass dort offenbar nicht erkannt worden sei, wie gerade Mitbestimmung Machtstrukturen aufbrechen könne, die sexualisierte Gewalt in der Kirche begünstigt habe, sagte Gregor Podschun, Vorsitzender des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) dieser Redaktion. Er hoffe, dass die deutschen Bischöfe am Synodalen Rat festhalten.