Köln/Dortmund/Düsseldorf. Mehr als ein Drittel der Hausärzte in NRW ist älter als 60 Jahre. Die Suche eines Nachfolgers ist schwierig. Und der Behandlungsbedarf steigt.
Für die in den Ruhestand gehenden Hausärzte wird es zunehmend schwieriger, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden. „Viele Hausärzte kommen jetzt ins Rentenalter. Wir haben eine richtige Welle vor uns“, sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, Oliver Funken, der Deutschen Presse-Agentur. Die erhöhte Zahl an Medizin-Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen werde nicht ausreichen, um die immer näher kommende Ruhestandswelle abzufangen. Erforderlich seien ein Bündel an Maßnahmen und neue Strukturen.
- Lesen Sie auch:Ärztemangel: So vermittelt eine Bottroper Firma Fachpersonal
Der demografische Faktor mache sich sowohl bei den Hausärzten und ihrem Praxispersonal als auch bei den Patienten bemerkbar. Der Behandlungsbedarf werde in den kommenden Jahren tendenziell eher noch zunehmen, weil es immer mehr ältere Patienten mit chronischen Erkrankungen gebe. Hinzu komme der Trend, dass ältere Menschen und auch junge Familien aus den Großstädten mit teurem Wohnraum in das günstigere Umland ziehen würden und dort ohnehin weniger Hausärzte tätig seien. Vielerorts fehlten jetzt schon Praxismitarbeiter. „Das sind die Megatrends die alle aufeinander treffen“, erklärt Funken.
Ambulante Versorgung kann langfristig nicht gedeckt werden
Vor diesem Hintergrund könne die ambulante Versorgung langfristig gesehen nicht mit den bisherigen Strukturen bedarfsgerecht gedeckt werden. „Die gewohnte Dichte der Versorgung, wie sie jetzt ist, können wir mit den klassischen Strukturen nicht auf Dauer aufrecht erhalten“, sagte Funken. Irgendwann komme der Punkt, dass ein Inhaber oder eine Inhaberin die Praxis aus Altersgründen nicht weiterführen könne. Statt sie zu schließen und damit eine Lücke zu hinterlassen, wären Gemeinschaftspraxen eine Alternative, in denen ältere Kollegen zusammen mit jüngeren für einen allmählichen Übergang sorgen könnten.
- Auch interessant:Ruhrgebiet: Warum Ärzte nicht in Problemviertel wollen
Besonders das Genossenschaftsmodell biete für Gemeinschaftspraxen Chancen. Denn Ärzte könnten so leichter praxisübergreifend den Arbeitsplatz wechseln. Viele junge Ärzte wählten eine Anstellung etwa im Krankenhaus statt Selbstständigkeit. Neben der Attraktivität von Großstädten sei auch die Arbeitsbelastung ein Faktor. „Die Hausärzte leisten heute wesentlich mehr als vor 20 oder 30 Jahren“, betonte Funken. Bei etwa 30 bis 35 Wochenstunden reiner Behandlungszeit entstünden durch Bürokratie, Patientenbesuche und Fortbildung schnell bis zu 50 Wochenstunden. Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich sei weitgehend praxisfern und so wenig hilfreich für Hausärzte.
- Passend zum Thema: Ärztemangel: Wie Schmallenbergerin erfolgreich gegensteuert
Mehr als ein Drittel der Hausärzte in NRW ist über 60
In Nordrhein-Westfalen gibt es laut Gesundheitsministerium 11 200 niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten, von denen mehr als ein Drittel das 60. Lebensjahr überschritten hat. In Westfalen-Lippe sind sogar etwa 40 Prozent über 60 und im Rheinland etwa ein Drittel laut den Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein geht in einer Modellrechnung von einer mittleren dreistelligen Zahl an Hausärzten aus, die in der Region bis zum Jahr 2030 ersetzt werden muss. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe kann ebenfalls keine genauen Aussagen machen, wie viele Ärzte sich in den kommenden Jahren in den Ruhestand verabschieden. Es gebe keine Altersgrenze, die Ärzte bestimmten den Zeitpunkt ihres Ruhestands. (dpa)