Essen. Weil die Finanzierung des Deutschland-Tickets weiter offen ist, wird beim VRR über die Einführung erst Anfang 2023 entschieden.
Die Hängepartie beim Deutschland-Ticket geht weiter: Trotz der Einigung der Verkehrsministerkonferenz am Dienstagabend auf einen Starttermin des 49 Euro teuren Monatstickets am 1. April hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) seine eigene Entscheidung über die Einführung zunächst vertagt. Erst auf einer Sondersitzung im Januar will der VRR-Verwaltungsrat die Signale für den neuen bundesweit gültigen Nahverkehrstarif im Verbundraum auf Grün stellen.
Ursprünglich sollte schon Anfang Dezember entschieden werden
„Wegen der noch unklaren Rahmenbedingungen werden die VRR-Gremien im anstehenden Sitzungsblock die erforderlichen Beschlüsse zur Umsetzung des Deutschland-Tickets noch nicht fassen“, bestätigte VRR-Vorstandsmitglied José Luis Castrillo auf Nachfrage die Verschiebung. Ursprünglich wollte das höchste VRR-Gremium den Weg für das Klima-Ticket bereits am 7. Dezember freimachen.
Branche rechnet mit Kosten bis zu 4,7 Milliarden Euro
Dass der Verbund auf die Bremse tritt, liegt an den nach wie vor starken Bedenken der Nahverkehrsbetriebe gegenüber dem Finanzierungskonzept des Tickets, die offenbar auch von den Verkehrsministern zuletzt nicht ausgeräumt werden konnten. Die Sorge der Branche ist, dass die bisher vorgesehenen Gelder für den Deutschland-Tarif bei weitem nicht reichen. Bund und Länder hatten nach zähem Ringen vor Wochen zwar vereinbart, das neue Ticket jeweils zur Hälfte zu finanzieren und dafür insgesamt drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Der Spitzenverband der Nahverkehrsunternehmen VDV rechnet aber mit einer Finanzierungslücke von bis zu 4,7 Milliarden Euro.
"Risiko liegt komplett bei den Verkehrsunternehmen"
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff warnte am Dienstag davor, dass das Risiko eines höheren Verlustes durch das Deutschlandticket derzeit komplett bei den Verkehrsunternehmen liege. Am Dienstag hatten sich nur die Länder zu einer „Nachschusspflicht“ bereiterklärt. „Wenn sich jetzt auch der Bund dazu bekennt, steht die Finanzierung“, betonte VRR-Manager Castrillo gegenüber der WAZ.
Der VRR kalkuliert mit Einnahmeverlusten in Höhe von rund 500 Millionen Euro im Jahr, die durch das Deutschland-Ticket ausgelöst werden. Fast alle derzeitigen Monatstarife sind teils erheblich teurer als 49 Euro. Der Verbund rechnet damit, dass zum Start des Deutschland-Tickets auf einen Schlag 570.000 Abokunden in den stark verbilligten Tarif rutschen.
Zunächst steigen die Preise
Bevor Bus- und Bahnfahrer sich aber über die Vergünstigungen freuen können, müssen sie zunächst tiefer in die Tasche greifen. Denn obwohl der neue Deutschland-Tarif schon auf Schlagdistanz ist, hält der VRR an seiner im September verabschiedeten turnusmäßigen Tariferhöhung fest: Ab 1. Januar steigen die Ticketpreise um durchschnittlich 3,9 Prozent.